Kulturzentrum in Beaumont-Hague
Hybrid aus Spiegelglas und roten Alupaneelen
Ursprünglich und rau ist die Landschaft der französischen Halbinsel Cotentin in der Normandie. Wenige Menschen leben hier, Städte gibt es kaum, dafür aber die ungeliebte atomare Wiederaufbereitungsanlage La Hague am nördlichen Zipfel der Halbinsel. Nur einen Katzensprung davon entfernt hat sich die 1.500-Seelen-Gemeinde Beaumont-Hague ein Kulturzentrum mit Konzerthalle und Musikschule errichten lassen. Das L'Espace Culturel de la Hague soll die Identität des einsamen Landstrichs fördern und die Menschen näher zusammenzubringen. Geplant haben es Emmanuelle Marin + David Trottin aus Paris, die mit ihrem eigenständigen Büro als Teil von Périphériques Architectes tätig sind.
Gallerie
Ihr zweigeschossiges Kulturzentrum ist ein spannungsvoller Hybrid aus zwei ziemlich gegensätzlichen Bauteilen. Da wäre zum einen das mit spiegelndem Glas verkleidete kastenartige Volumen, das auch gut ein Verwaltungsbau sein könnte. Und da wäre zum anderen die expressive Raumstruktur aus rot eloxierten Aluminiumpaneelen, die an zahlreichen Stellen aus dem regelmäßigen Glaskörper hervorzubrechen scheint.
Auf einer in etwa quadratischen Grundfläche mit 43 Metern Seitenlänge und einer Höhe von rund 11 Metern bietet der Neubau eine Nutzfläche von 2.560 Quadratmetern. Ebenerdig gibt es ein Café, eine Musikschule, mehrere Seminar- und Übungsräume sowie ein Auditorium; in der oberen Etage befindet sich der Zugang zum zweigeschossigen Konzert- und Theatersaal, außerdem ein Tanzstudio und eine große Dachterrasse. Eine zentrale Achse sorgt für eine klare Orientierung im Gebäude und vermittelt zwischen den unterschiedlichen Funktionsbereichen des Kulturzentrums. Wie die Fassade ist sie mit roten Metallpaneelen verkleidet, die mit ihren Schrägen einen höhlenartigen Raumeindruck erzeugen. Hier treffen sich Nutzer und Besucher auf beiläufige Weise, hier hat Platz, was nicht in die einzelnen Abteilungen passt. Die Proberäume sind in verschiedenen leuchtenden Farben gestaltet, die dreieckigen Metallelemente an den Decken dienen der Raumakustik. Ansonsten prägen viel Sichtbeton und Holz das Gebäudeinnere.
Glas
Neben den auffälligen Faltungen der roten Aluminiumpaneele wirken
die verglasten Bereiche der Gebäudehülle zunächst schlicht und
zurückhaltend. Doch die spiegelnde Glasoberfläche lässt den Bau je
nach Sonnenstand, Tages- und Jahreszeit immer wieder anders
aussehen – mal verschmilzt er mit der Landschaft und dem Himmel,
mal lässt er Einblicke zu. Die einzelnen Scheiben bestehen aus
raumhohen Isolierverglasungen aus 10 mm starkem Einscheibensicherheitsglas, die in einer
konventionellen Pfosten-Riegelkonstruktion mit regelmäßigem Raster
sitzen. Sie sind linienförmig gelagert und gegenüber
Windbeanspruchung ausschließlich vertikal mit außenseitigen
Anpressleisten an den Pfosten befestigt. In horizontaler Richtung
sind sie als Structural Glazing Fassade ausgeführt, also mit
den Riegelprofilen der tragenden Konstruktion verklebt.
Die Verglasungen wurden im Magnetron-Sputter-Verfahren mit der verspiegelten
Beschichtung versehen. Zum Einsatz kam eine
halbdurchlässige Beschichtung, die Einblicke von außen nur bei
Innenbeleuchtung erlaubt, während die Durchsicht von innen nach
außen aufgrund der ausreichenden Lichttransmission nahezu unbeeinträchtigt ist
(außen zu innen 7:1).
Bautafel
Architekten: Marin + Trottin Architectes / Peripheriques Architectes, Paris
Projektbeteiligte: Egis Bâtiments Centre-Ouest, Caen (Energie- und Kostenplanung); Peutz & Associés, Paris (Akustikplanung); Labeyrie & Associés, Paris (Multimediaplanung); Saint-Gobain Glass, Courbevoie (Glashersteller)
Bauherr: Communaute de Communes de la Hague
Fertigstellung: 2015
Standort: 8 Rue des Tohagues, 50440 Beaumont-Hague
Bildnachweis: Sergio Grazia, Paris
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