Sicherheitsglas im Privatbereich
Der Einsatz von Glas in öffentlichen und gewerblichen Gebäuden ist in Deutschland gut geregelt. Für die Verwendung im Privatbereich jedoch existiert ein solches Regelwerk nur in Teilen. Aber auch hier sind bei Planung und Durchführung von Einbauelementen aus Glas einige Regeln zu beachten, um Verletzungsgefahren vorzubeugen.
Gallerie
Technische Baubestimmungen
Grundsätzlich richten sich Auswahl und Bemessung von
Glaserzeugnissen nach den technischen Baubestimmungen, die in den
Bauordnungen der Länder festgelegt sind und/oder der Liste der
technischen Baubestimmungen. Für den Werkstoff Glas ist das die
DIN 18008 Glas im Bauwesen mit ihren Teilen 1 bis 5. Die
darin aufgeführten Anforderungen müssen beachtet und eingehalten
werden – sie gelten für jedes Gebäude, egal ob öffentlich,
gewerblich oder privat genutzt. Darüber hinaus sind in einem
öffentlichen, öffentlich zugänglichen oder Gewerbegebäude eine
Fülle von Sicherheitsregeln zu berücksichtigen. Das sind in erster
Linie solche Regeln, in denen es um die Verkehrssicherheit mit Glas
geht, wie die Unfallverhütungsvorschriften (UVVs), die
Arbeitsstättenverordnung, Versammlungsstätten-Verordnungen etc. In
ihnen sind die Sicherheitsanforderungen für Gebäude wie etwa
Schulen, Sportstätten, Büros oder Kindergärten gut geregelt. Im
Privatbereich sieht es jedoch anders aus. Hier fehlen solch
eindeutige gesetzliche Vorgaben. Es existiert lediglich eine sehr
allgemein gehaltene „Verkehrssicherungspflicht“.
Verkehrssicherungspflicht
Die Verkehrssicherungspflicht ist eine Verhaltenspflicht zur Abwehr
und Sicherung von Gefahrenquellen. Sie besagt, dass „jeder, der
eine Gefahrenlage schafft, ist auch dazu verpflichtet, eine
mögliche Schädigung anderer abzuwenden.“ Dies ist eine sehr
allgemeine Formulierung, die eine Betrachtung aus verschiedenen
Blickwinkeln erlaubt. Das belegen auch die durchaus
widersprüchlichen Urteile in den Einzelfallentscheidungen der
Rechtsprechung. Geht man davon aus, dass jedes Bauwerk und das
darin verbaute Bauteil eine Gefahrenlage schafft, muss diese
bezüglich der sicherheitsrelevanten Aspekte beurteilt werden. Das
betrifft sämtliche Gebäude, in denem mit Menschenansammlungen und
Gedränge zu rechnen ist, wo schutzbedürftige Personen wie Sportler,
sehschwache oder gehunsichere Personen und vor allem Kinder mit
Bauteilen aus Glas in Berührung kommen können. Neben Sportstätten,
Krankenhäusern Altenheimen, Schulen und Versammlungsstätten sind
dies auch Privathaushalte.
Sicherheitsglas
Als ausreichend verkehrssicher gelten an Verkehrs- und
Aufenthaltsbereichen grenzende Verglasungen, wenn sie bruchsicher
sind und bei üblicher und angemessener Nutzung das Unfallrisiko
sowohl beurteilt als auch durch bauliche Maßnahmen minimiert werden
kann. „Bruchsicher“ bedeutet hier, dass das Bauteil oder Bauprodukt
auch dann sicher ist, wenn es bricht. Der Baustoff Glas erfüllt
diese Anforderung, wenn er zu Verbundsicherheitsglas (VSG) oder Verbundglas
(VG) verarbeitet wurde, bei der eine Folie im Glasverbund für die
Haftung der Glassplitter sorgt und damit das Verletzungsrisiko
minimiert. Auch Einscheibensicherheitsglas (ESG) ist zur
Verwendung geeignet, sofern es eine hohe mechanische Festigkeit
aufweist und im Schadensfall kleinkrümelig bricht. Die Beurteilung
des Glases alleine ist jedoch nicht ausreichend, es muss immer die
Verglasung als Ganzes beurteilt werden. Kriterien zur
Verkehrssicherheit sind z.B.:
- Die Standsicherheit: welche vorhersehbaren Belastungen werden sicher getragen bzw. abgeleitet?
- Die Glasdicke, Art und Ausführung von Rahmenkonstruktionen, Haltern und/oder sonstige Montage- oder Befestigungsmöglichkeiten
- Die Vorgaben für die Eignung von Verglasungen für den
vorgegebenen Verwendungszweck im Rahmen einer technischen Regel
(z.B. DIN 18008 mit den jeweils relevanten Teilen), einer
allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung (abZ), eines allgemeinen
bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses (abP) oder einer Zustimmung im
Einzelfall (ZiE)
- Die Art und Weise der Abschirmung von nicht ausreichend verkehrssicheren oder nicht bruchsicheren Verglasungen
Auch im Privatbereich kommen immer häufiger großflächige, bodengebundene Verglasungen zum Einsatz, die durchweg hohe Anforderungen an die Verkehrssicherheit stellen. Im Gegensatz zum traditionellen Lochfenster sind derartige Verglasungen direkt zugänglich. Für die Beurteilung der Standsicherheit muss mit dem Anprall von Personen beispielsweise durch Stolpern, rennende und spielende Kinder, Anprall mit Spielzeugen, usw. gerechnet werden. Ein gutes Beispiel dafür, dass nicht alles gesetzlich geregelt ist, sind raumhohe Schiebetüren aus Glas. Anders als begehbare Gläser und absturzsichernde Verglasungen sind die Anforderung an sie nicht geregelt. Hier gilt es, immer eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen.
Technisch-physikalische Bedingungen
In Einbausituationen, in denen es zu hohen thermischen Belastungen kommen kann, ist der Einsatz von thermisch vorgespanntem, heißgelagertem Einscheibensicherheitsglas (ESG-H) erforderlich. Dies ist beispielsweise bei Teilverschattungen oder dunklen Vorhängen unmittelbar hinter der Verglasung der Fall. Durch hohe Energieabsorptionen und Wärmestau ist in diesen Situationen das thermische Bruchrisiko unter Umständen signifikant erhöht. Besondere Beachtung finden sollten hierbei Schiebe-Hebetüren, die mit Dreischeiben-Wärmedämmgläsern verglast sind. Je nach Einbausituation werden diese thermisch hoch belastet. Auch hier ist die Verwendung von ESG angeraten.
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