Wasserkraftwerk Zentrale Mulegn am Ragn d´Err in Surses
Zwei Pultdächer mit gegenläufigem Gefälle
Gallerie
Als wichtigste einheimische Energiequelle deckt die Wasserkraft
über die Hälfte des Strombedarfs in der Schweiz. Gerade in den
Alpen liegt die Nutzung eines rasant strömenden Wasserlaufs nahe.
So entstanden am Verlauf des Ragn d’Err (Errbach) im Kanton
Graubünden innerhalb von zwei Jahren drei Kleinwasserkraftwerke.
Der Bach durchfließt das rund acht Kilometer lange Errtal in den
Albula-Alpen, verlässt es in einer engen Schlucht und mündet
schließlich bei Tinizong-Rona in die Gelgia. Die Kraftwerke sollen
im Schnitt etwa 20.3 GWh Strom im Jahr produzieren, was dem Bedarf
von rund 4.500 Haushalten entspricht.
Als jüngstes Kleinwasserkraftwerk wurde die Zentrale Mulegn
im Jahr 2016 nach Plänen von Vincenzo Cangemi Architekten aus Chur
fertiggestellt. Sie erhebt sich nördlich des Bachlaufs bei
Tinizong-Rona, heute Teil der Gemeinde Surses. Mit klaren Konturen
in Beton und Holz fällt das Bauwerk auf – und fügt sich dank der in
der Höhe gestaffelten Pultdächer gut in die Berglandschaft. Das
Gebäude ist so ausgerichtet, dass es von auftretendem Hochwasser
möglichst nicht betroffen wird. Die Zufahrt erfolgt über die
parallel zum Wasser verlaufende kleine Gemeindestraße.
Die eingeschossige, innen und teilweise auch außen sichtbar
belassene Betonkonstruktion basiert auf einem rechteckigen
Grundriss von 11,30 x 23,50 Metern. Das Terrain inspirierte die
Planer bei der Formgebung, die Gebäudehülle aus Lärchenholz stammt
von Bäumen angrenzender Wälder: Vertikale Holzbohlen bekleiden die
äußeren Dämmschicht. Sie werden gefasst von Sichtbetonrahmen in
regelmäßigen Abständen, deren Oberkante die Dachschräge klar
ablesbar macht. Die grobe Holzschalung des Sichtbetons lässt sowohl
Nägel als auch einzelne Schalbretter erkennen, deren Breite mit den
Holzbohlen der Fassadenbekleidung übereinstimmt. So entsteht ein
harmonisierendes und kontrastierendes Bild zugleich. Die
Sichtbetonflächen im Inneren sind glatt ausgeführt.
Die Belichtung erfolgt über ein umlaufendes Fensterband unterhalb
des höheren Pultdachs. Vorgesetzte Lärchenholzlamellen bieten
Schutz vor zu starker Sonneneinstrahlung. Der Zugang erfolgt über
ein großes, zweiflügeliges Tor mit Schlupftür an der vom Dorf
abgewandten, langen Südseite. So bleibt die Lärmbelastung für die
Bewohner so gering wie möglich. Beheizt werden muss der Bau
aufgrund der hohen Maschinenabwärme nur zu Zeiten des
Betriebsstillstands im Winter auf geringe sechs Grad.
Für das Projekt erhielten die Planer die Auszeichnung „best
architects 18 in Gold“.
Dach
Zwei in der Höhe gestaffelte Pultdächer mit gegenläufigem Gefälle
in Längsrichtung und einer Traufhöhe von ca. fünf bzw. elf Metern
bilden die Dachform. Das Dach ist mit Zementsteinplatten
eingedeckt. Um eine skulpturale Wirkung zu erzeugen, wurde auf
einen Dachüberstand verzichtet.
Dachaufbau (von außen nach innen):
- Zementsteinplatten 50 mm
- Splitt 4/8 mm 40 mm
- Trennlage/Vlies 300g/m² 5 mm
- Bitumenbahn, zweilagig 15 mm
- Stahlbeton 180 mm
- Wärmedämmung 100 mm
- Zementgebundene Holzwollplatte mit EPS-Kern
Bautafel
Architekten: Vincenzo Cangemi Architekten, Chur
Bauherr: BKW, Bern
Standort: Tinizong-Rona, Gemeinde Surses, 7453 Graubünden
Fertigstellung: 2016
Bildnachweis: Ralph Feiner, Malans