Lumo Bistro in Dnipro
Demokratie, Weltoffenheit und Mosaik
Es braucht schon eine gehörige Portion Mut und Optimismus, um mitten im Krieg ein Café zu eröffnen. Die Ukrainer*innen scheinen davon eine ganze Menge zu haben. Nach achtmonatiger Planungsphase eröffnete 2024 in der ostukrainischen Stadt Dnipro, knapp 1,5 Stunden Autofahrt nördlich von Saporischschja, das Lumo Bistro. Dnipro ist mit rund einer Million Einwohnenden die viertgrößte Stadt der Ukraine und wurde im Jahr 2023 Ziel russischer Luftangriffe, wobei unter anderem ein Krankenhaus zerstört wurde.
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Das Lumo, das sich selbst als demokratisches Bistro bezeichnet und die „Küche der Welt an einem Ort vereinen“ möchte, befindet sich im Zentrum der Stadt unweit des Ufers des Stroms Dnepr. Große raumhohe Fenster ermöglichen Ein- und Ausblicke. Die Gestaltung des Interieurs durch YOD ist von italienischem Design inspiriert. Mosaikfliesen, Karomuster und strukturierte Furniere verweisen auf die Memphis-Gruppe – allerdings in weniger schrillen Farben als es für Memphis in den 1980er-Jahren charakteristisch war.
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Hygge trifft Memphis
Die Materialpalette umfasst Keramik, Metall, Holz und Leder. Der Mittelpunkt des 282 Quadratmeter großen Bistros ist eine runde Bar, über der eine ikonische Lampenhaube schwebt. Ihre Form mutet wie die runden Kammern einer Luftmatratze an. Runde Formen finden sich auch an weiteren Stellen, etwa in den Pendel- und Tischleuchten und besonders prägnant im Gewölbegang, der den Gastraum von den Sanitärbereichen trennt.
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Holzstühle, die an skandinavische Designklassiker erinnern, und Bänke mit dicken, grau-rot karierten Polstern verleihen dem Raum ein behagliches Ambiente. Die Tischplatten und Stuhlflächen sind mit braunem, strukturiertem Leder bespannt. Bänke und Wandvertäfelungen aus stark gemustertem Furnierholz im Stil von Ettore Sottsass, dem Mitbegründer der Memphis-Bewegung, verleihen dem Raum eine extravagante und unkonventionelle Note. Für die einzigartige Musterung des Holzes kommt ein spezielles Winkelschnittverfahren zum Einsatz. Metallene Akzente setzen die mit Edelstahl verkleideten Raumteiler und die verspielten, gusseisernen Tischbeine, die man von vielen Bistro- und Cafétischen kennt – hier jedoch nicht in Schwarz, sondern mit dem kalten Glanz von poliertem Gusseisen.
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Kleines fürs große Ganze
Zum Quartett der Materialien gehören auch die keramischen Mosaikfliesen, die den gesamten Boden, die Tresenfront und den Gewölbegang bekleiden sowie Böden und Wände der Sanitärbereiche. In die hellgrauen Oberflächen sind Streifen aus anthrazitfarbenen und leuchtend orangefarbenen Mosaikfliesen eingearbeitet, die den Raum zonieren. Dabei spielten die Gestalter*innen auch mit der Verlegerichtung und ordneten die hellgrauen Fliesen diagonal zu den andersfarbigen Streifen an. Durch die dunkelgrauen, kontrastierenden Fugen wirken die gefliesten Flächen kleinteiliger und gefälliger.
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Mit Waschbecken aus knallorange gefärbtem Beton und matt gebürsteten Edelstahlarmaturen wird der Farb- und Materialkanon des Gastraumes in den Bädern fortgeführt und erzeugt ein einheitliches Designerlebnis.
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Nun müssen nur noch die Speisen überzeugen. Ein Blick auf
Gästefotos bei Google Maps zeigt: Optisch gelingt das eindeutig.
Bleibt zu hoffen, dass eine Reise nach Dnipro und ein Besuch im
Lumo bald wieder möglich sein werden. -sas
Bautafel
Architektur: YOD, Kiew
Bauherr*in: Lumo Bistro
Fertigstellung: 2024
Standort: Uspenska Square, 11, Dnipro, Dnipropetrovsk Oblast, Ukraine, 49000
Bildnachweis: Oleksandr Anhelovskyi