_Fliesen und Platten
Bäckerei und Café in Neuburg
Reigen der Materialien: Holz, Messing, Samt, Marmor und Keramik
Die Bäckerei Göbel mit angeschlossenem Kaffeehaus im Zentrum von Neuburg in Oberbayern, unweit der Donau, wird bereits in dritter Generation betrieben. Seit 1953 werden die Neuburger hier täglich mit frischen Brezeln – der Spezialität des Hauses – und anderen Backwaren versorgt. Vor zwei Jahren entschlossen sich die Inhaber das in die Jahre gekommene, etwas altbackene Interieur (die Bildersuche im Internet gewährt hier noch eine Retrospektive) umfangreich zu modernisieren. Mit der Aufgabe betraut wurde das Büro Reimann Architecture.
Gallerie
Eine Herausforderung bei den Neugestaltungsmaßnahmen bestand darin, den verwinkelten Grundriss bestmöglich zu nutzen und zugleich zwischen den beiden unterschiedlichen Bereichen – dem Thekenverkauf für die Laufkundschaft und dem Café mit seiner hohen Aufenthaltsqualität – zu vermitteln. Eine optische Zonierung erfolgte dabei vor allem durch die eingesetzten Materialien: Holz und Fliesen dominieren das Innere des ungefähr zweihundert Quadratmeter großen Kaffeehauses, das sich seit dem Umbau durch klare Linien und organisch-fließende Kurven sowie einen neu interpretierten Mid-Century-Stil auszeichnet.
Kontrastierende Farben und Materialien im
Mid-Century-Stil
Im Cafébereich wurde ein dunkelbrauner Parkettboden im
Chevronmuster aus kerngeräucherter Eiche verlegt. Die Wände sind
mit einer Lamellentäfelung aus amerikanischem Nussbaumholz
verkleidet, die zugleich akustisch wirksam ist. Im Kontrast zu der
Behaglichkeit der ruhigen, dunklen Brauntöne steht die abgehängte
weiße Decke, die durch ein LED-Band indirekt beleuchtet wird.
Halbkugelförmige Leuchten an den Wänden ergänzen das Lichtkonzept.
Quadratische wie runde Tische mit weißen Marmor- und Holzplatten,
Vintage-Stühle aus den 50er-Jahren sowie roséfarbene Samtbezüge und
zahlreiche Messingdetails komplettieren den Mid-Century-Stil, der
zugleich traditionell und modern, elegant und gemütlich wirkt.
Marmor und Keramik
ergänzen das Konzept
Die Holzvertäfelung setzt sich in den Verkaufsbereich fort. Dabei
ist auch die obere Hälfte des langen, geschwungenen, zweiteiligen
Tresens mit dem Material bekleidet. Allerdings wird das Interieur
hier durch ein weiteres, gänzlich anderes Material ergänzt:
Fliesen. Als Bodenbelag
kamen sechseckige Fliesen aus weißem Carrara-Marmor zum Einsatz,
die dunkel verfugt wurden. Sie bilden einen starken Kontrast zum
dunklen Parkett und trennen die beiden Bereiche deutlich
voneinander. Indem sie außerdem das Licht reflektieren, ist
der Verkaufsbereich – im Unterschied zum schummrigen Café – in
helles Licht getaucht. Dabei zählt Carrara-Marmor zu den weltweit
bekanntesten Marmorarten: Während der in der Toskana gebrochene
Naturstein durch die Plastiken Michelangelos Berühmtheit erlangte,
wird Marmor seit jeher auch in Backstuben verwendet, da Zuckerguss
auf ihm schnell abkühlen kann und Teig nicht daran klebt.
„Weicher“ Akzent
Die Bodenfliesen werden ergänzt durch längliche, halbzylindrische
und matt weiß glasierte Keramikfliesen, die die untere Hälfte der
Theke bekleiden. Die Keramik wurde vertikal im Kreuzverband
verlegt, sodass sich eine streng geometrische, nach oben strebende
Wirkung ergibt. Die Fliesen messen 18 x 5 cm und weisen dabei eine
Dicke von 2,2 cm auf. Durch ihr schmales Format konnten sie auch
über die Rundung des Tresens fortgeführt werden. Die sich durch die
Reihung ergebende Wellenbewegung wirkt dabei fast wie eine
gesteppte Polsterung. Damit wird die Strenge von Farbe, Material
und Anordnung gebrochen und das Möbel erhält einen nahezu verspielt
und weich wirkenden Akzent. Ein horizontales Messingband vermittelt
zwischen keramischer und hölzerner Thekenverkleidung.
-sas
Bautafel
Architektur: Reimann Architecture, Hamburg
Projektbeteiligte: Wever & Ducré, Kortrijk und Bocci, Vancouver (Beleuchtung); Kaumann Keramik (Keramikfliesen, Modell Soap)
Bauherrschaft: Bäckerei-Konditorei Göbel, Neuburg an der Donau
Fertigstellung: 2018
Standort: Am Schrannenstr C54, 1/2, 86633 Neuburg an der Donau
Bildnachweis: Koy+Winkel Fotografie, Berlin (www.koy-winkel.com); Reimann Architecture, Hamburg