Busbahnhof in Tilburg

Energetische Selbstversorgung

Ankommen, Umsteigen, Abfahren und auch Wartezeit verbringen können Reisende in Tilburg unter einem ganz besonderen Dach. Ein neuer Busbahnhof ersetzt seit Kurzem den alten. Er grenzt an die Westseite des Bahnhofs für Fern- und Regionalbahnverkehr an, dessen Erscheinungsbild mit markant gefaltetem Dach von 1965 stammt. Der gesamte Verkehrsknotenpunkt der industriell geprägten niederländischen Stadt ist modernisiert worden. Ebenso wie die Sanierung des bestehenden Bahnhofsgebäudes und das Erstellen von zahlreichen Fahrradparkplätzen, oblag auch die Neugestaltung vom Busbahnhof den Architekten vom Delfter Büro cepezed. Die zentrale Station ist nicht nur verkehrsflussoptimiert und inklusiv gestaltet, sondern erzeugt auch ihre eigene Energie auf dem auskragenden Flachdach.

Gallerie

Ein Dach und ein Pavillon

Der Grundriss des Busbahnhofs zeigt eine leicht amorphe Form, die an ein langgezogenes Dreieck mit abgerundeten Ecken erinnert. Während die Spitze nach Osten zum angrenzenden Bahnhofsbau weist, liegt der kurze Schenkel der polygonalen Form im Westen. Das Bauwerk ist 160 Meter lang und rundherum von der Fahrspur umgeben. Das Dach ist weitgehend als umlaufendes Band gestaltet, die ausgesparten Bereiche in der Mitte der Haltestelle sind teilweise von Pflanzbeeten besetzt. An der Westseite, zu der sich auch die Ein- und Ausfahrt zur Straße Spoorlaan orientiert, ist in diesen Zwischenraum ein Pavillon eingestellt, der über das Dachband hinausragt. Er bietet Platz für einen Aufenthalts- und Pausenraum für Busfahrer, eine öffentliche Information, eine Gewerbeeinheit sowie Toiletten. Daran schließt eine erhöht gelegene Terrasse an, bevor die Bussteige folgen: sechs Haltepunkte zum Einsteigen und eine Plattform zum Aussteigen.

Lichte Kragkonstruktion
Die Stahlkonstruktion besteht aus Stützen, für die in der Regel zwei Flachprofile miteinander verbunden wurden, und asymmetrisch auskragenden Trägern. Die Dachhaut bildet eine ETFE-Folie, die auf der Unterseite der Tragkonstruktion angeordnet ist. Das lichtdurchlässige, leichte Dach ist zwischen 14 und 30 Meter breit und zeigt auf jeder Längsseite drei Knicke, die den Haltebuchten entsprechen. Dadurch entstehen drei Segmente, in deren Zentrum sich jeweils Bepflanzung, Fahrpläne und Sitzgelegenheiten befinden. Auf den Bänken aus schwarz durchgefärbtem Beton, die zwischen den Stützen angeordnet sind und die zugleich die Beete rahmen, sind Sitze aus Bandstahl montiert. Eine in diese Elemente integrierte Heizung sorgt in der kälteren Jahreszeit für Komfort.

Der neue Busbahnhof ist barrierefrei: Beispielsweise ist die leicht erhöhte Terrasse über eine Rampe mit dem Rollstuhl zu erreichen, Bordsteine sind abgesenkt, ein Blindenleitsystem im Boden markiert die Haltepunkte, und die Handläufe zwischen der Terrasse und den Plattformen sind mit einer Brailleschrift versehen.

Materialreduktion und Leitungsführung
Im Sinne von Ressourcenschonung war dem Planungsteam ein geringer Materialverbrauch wichtig. Das Ergebnis ist eine gleichermaßen minimalistische wie ausgeklügelte Gestaltung. Das U-Profil, das in der Kehle des Daches angeordnet ist und die Konstruktion in Längsrichtung aussteift, integriert zugleich die Regenrinne. Die Stützen aus Flachprofilen nehmen in den Zwischenräumen die Fallrohre und die elektrische Verkabelung auf. Auch Notruftasten und Gegensprechanlage finden sich – ebenso wie die digitalen Informationsanzeigen – in diesem Bereich.

Selbstversorgung durch Photovoltaikanlage

Das umlaufende Dach überspannt die Bahnsteige und zusätzlich einen Teil der haltenden Busse. So können die Reisenden wettergeschützt ein- und aussteigen. Auf dem Dach sind abschnittsweise Solarmodule montiert, die in ihrer Gesamtheit eine Fläche von 250 Quadratmetern einnehmen. Bei starker Sonneneinstrahlung erzeugen ihre Schatten Muster auf der Kunststoffmembran, sodass sie Teil der Gestaltung werden. Aber vor allem liefert die Photovoltaikanlage ausreichend Strom für alle Bereiche des Busbahnhofs – einschließlich der Beleuchtung, der digitalen Anzeigen, der Sitzheizung und dem Personalraum. Lediglich die vermietete Gewerbeeinheit verfügt über einen eigenen Kreislauf und Stromzähler.

Beleuchtung

Die Beleuchtung ist über der Folienebene angebracht. Tagsüber filtert die Kunststoffmembran das Sonnenlicht, während sie sich mit der Dämmerung und nachts in ein Lichtelement wandelt. Im Abstand von 14 Metern sind Bewegungsmelder in die Dachkonstruktion integriert. Diese sorgen bedarfsgerecht für eine gute Beleuchtung, erhöhen so das Sicherheitsgefühl der Passanten und reduzieren zugleich den Stromverbrauch.

In die Zukunft gedacht

Die verwendete ETFE-Folie ist selbstreinigend und wartungsfrei. Solarmodule und elektrische Anschlüsse können für die Wartung über den Pavillon und einen begehbaren Schacht erreicht werden. Die insgesamt schlichte Gestaltung mit vielen Rundungen reduziert die Reinigungskosten. Für künftige technische Entwicklungen ist der Busbahnhof auf die Platzierung von zusätzlichen elektrischen Geräten vorbereitet, wie beispielsweise Ladestationen für elektrische Busse. -jb

Bautafel

Architektur: cepezed, Delft
Projektbeteiligte: IMd Raadgevende Ingenieurs, Rotterdam (Tragwerksplanung); Nelissen Ingenieursbureau, Eindhoven (Beratung für Mechanik und Elektrotechnik sowie für Bauphysik, Brandschutz und Nachhaltigkeit); Atelier Quadrat, Rotterdam (Landschaftsarchitektur und Stadtraum); Atelier LEK, Rotterdam (Lichtplanung); Buiting Staalbouw, Almelo (Stahlkonstruktion); Hoppenbouwers Techniek, Udenhout (Installationen); Buitink Technology, Duiven (ETFE-Folienkissendach)
Bauherren: Stadtverwaltung Tilburg
Standort: Spoorlaan, Tilburg
Fertigstellung: 2019
Bildnachweis: cepezed, Delft / Lucas van der Wee

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