VHF: Vorgehängte hinterlüftete Fassaden

Bei einer vorgehängten hinterlüfteten Fassade (VHF) wird die Bekleidung nicht direkt auf die Tragschicht aufgebracht, sondern auf eine Unterkonstruktion montiert. Dadurch sind Dämmung (Feuchte-, Wärme-, Schall- und Brandschutz) und Bekleidung (Witterungsschutz) konstruktiv voneinander getrennt. Zwischen den Komponenten entsteht auf diese Weise ein Hinterlüftungsraum, der den Feuchtehaushalt im Baukörper zuverlässig regelt. Vorgehängte hinterlüftete Fassaden gehören heute zu den verbreitetsten Fassadensystemen. Aktuelle Fassadenmarktstudien belegen, dass Architekturschaffende neben der funktionalen Sicherheit vor allem die gestalterischen Möglichkeiten der Systeme schätzen.

Aufbauplan VHF: 1. Feuchtigkeit wird abgeführt, 2. Verankerungsgrund, 3. Mineralische Dämmung, 4. Hinterlüftung ≥ 2cm, 5. Wandhalterung, 6. Keramik, 7. Tragprofil
Vorgehängte Granitfassade am Delbrück Haus am Potsdamer Platz in Berlin
Retailpark in Roermond: Fassade mit gemusterten Keramikplatten

Vorgehängte hinterlüftete Fassaden haben von außen nach innen folgenden Regelaufbau: Fassadenbekleidung, Luftschicht/Hinterlüftung ≥ 2 cm, Wärmedämmung, Tragschicht. Wegen der Hinterlüftung gelten besondere Anforderungen an den Brandschutz. Geregelt werden VHF durch die DIN 18516-1 Außenwandbekleidungen, hinterlüftet, Teil 1: Anforderungen, Prüfgrundsätze.

Keramische Bekleidungen

Im Bereich der keramischen Fliesen werden für VHF meist großformatige Keramikplatten verwendet. Glasierte Steinzeugplatten sind in Regelformaten bis zu 1,25 x 1,25 m erhältlich und können in speziellen Herstellungsverfahren bis zu Größen von 1,25 x 3,00 m produziert werden. Trockengepresste Feinsteinzeugplatten gibt es in Regelformaten von 1,20 x 0,60 m, Sonderformate lassen sich bis zu 1,25 x 1,85 m herstellen. Abhängig von den Materialeigenschaften, Herstellungsverfahren und Seitenabmessungen liegen die Dicken der Platten zwischen ca. 8 bis 12 mm. Häufig verwendete Standardgrößen sind 0,60 x 0,60 m, 1,20 x 1,20 m oder 0,60 x 1,20 m.

Planungsgrundsätze

Zur Vermeidung von Zwängungsspannungen infolge von Temperatur bedingten Längenänderungen müssen die Unterkonstruktionsprofile und die Keramikplatten zwängungsfrei gelagert werden. Die keramischen Platten dürfen nicht über dem Stoß zweier Profile liegen, also nicht unterhalb oder oberhalb des Profilstoßes auf zwei unterschiedlichen Profilen befestigt werden.

Die Befestigung der Keramikplatten mittels mechanischer Befestigungselemente erfolgt punktförmig an definierten Stellen der Platten. Dabei unterscheidet man die sichtbare und die verdeckte Befestigung (siehe Fachwissen zum Thema).

Bei Gebäuden mit weniger als zwei Geschossen kann die Unterkonstruktion aus vorbehandelten, angedübelten Holzlatten bestehen. Die Befestigung der Platten allerdings muss mit nicht brennbarem Material vorgenommen werden, in der Regel wird Edelstahl verwendet.

Bei Natursteinplatten als Bekleidung gilt die DIN 18516 in Verbindung mit der DIN 18333: VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen - Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) - Betonwerksteinarbeiten. Es dürfen nur nicht rostende Anker für die Tragkonstruktion verwendet werden.

Vor- und Nachteile

Im Hinblick auf den Arbeitsaufwand und den Materialeinsatz sind hinterlüftete Fassaden kostenintensiver als andere Konstruktionsarten. Bauphysikalisch gesehen haben sie jedoch einige Vorzüge. Die zusätzliche Luftschicht bietet einen erhöhten Wärmeschutz und ermöglicht darüber hinaus eine erweiterte Bewegungs- und Spannungsaufnahme, die Trocknung der Konstruktion sowie die Reduzierung der Feuchteentwicklung durch die Luftzirkulation. Bauschäden durch Feuchtigkeit und Ausblühungen werden dadurch reduziert. Keramikplatten haben bieten zudem den Vorteil, dass sie nur temperaturbedingte, jedoch keine Feuchte bedingten Verformungsänderungen aufweisen. Mit hinterlüfteten Konstruktionen werden Außendämmungen ohne Kältebrücken realisiert und der Schallschutz wird erhöht.

VHF erlauben die Wahl unterschiedlichster keramischer Fliesen und Platten (die jedoch für das jeweilige Befestigungssystem geeignet sein müssen). Die Gestaltung der Fassade lässt sich auf diese Weise individuell auf die Charakteristik eines Gebäudes abstimmen. Auch Werkstoffkombinationen sind leicht zu realisieren.

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