Mädcheninternat in Bad Gleichenberg/A

Klar strukturiert

Im südöstlichen, vulkanischen Hügelland der Steiermark nahe der slowenischen Grenze liegt der Kurort Bad Gleichenberg. Verstreut liegende Villen aus der Biedermeierzeit mit Parkanlagen prägen das Ortsbild. Für Berufe des Tourismus- und Gastronomiegewerbes ist es ein idealer Schulstandort. So befindet sich hier auch das Areal der Landesberufsschule für Tourismus. Am Hang des Mailandbergs gelegen, besteht es aus einem historischem Altbau, zwei Schulgebäuden sowie dem neuen Mädcheninternat.

Silberne Sonnenschutzlamellen und eine klar strukturierte Fassade
Absturzsichernde Verglasung mit VSG und grün eingefärbter PVB-Folie
Blick in den Innenhof

Ein ebenfalls neu geschaffener Platz bindet das Gebäude in das bestehende Ensemble ein und dient als Entree der gesamten Anlage. Über einen überdachten Gang ist das östlich an den Schulkomplex angeschlossene Internat direkt mit dem Hauptgebäude verbunden. Etwa 200 Schülerinnen leben hier getrennt nach Jahrgängen auf drei Wohngeschossen, die jeweils über einen eigenen Gemeinschaftsbereich mit Fernseh- und Lernraum, Teeküche sowie Zimmern für die Betreuer verfügen.

Der Baukörper ist in den Hang eingebettet. Das reduziert die in Erscheinung tretende Baumasse und fügt das Gebäude harmonisch in seine Umgebung ein. Als Mittelpunkt des Hauses liegt die Eingangsebene zwischen den Wohnbereichen im Sockel- und Obergeschoss. Hier befinden sich Flächen für Sport und Freizeit sowie ein flexibel nutzbarer Foyer- und Veranstaltungsbereich mit 200 Sitzplätzen. Typologisch orientiert sich der Neubau an den villenartigen Hofhäusern des Kurortes: Ein zentraler, bambusbepflanzter Innenhof verbindet alle Geschosse und macht die Struktur des Hauses sichtbar. Die Wohnräume im Gebäudesockel folgen dem Geländeverlauf, schieben sich als eingeschossige Baukörper aus dem Hang und bilden dem Foyer vorgelagerte Dachterrassen.

In den Obergeschossen sind 48 Dreibettzimmer mit eigenem Bad angeordnet. Hell und freundlich durch raumhohe Fensterelemente, sind sie in einen Schlaf- und einen Lernbereich gegliedert. Die Gemeinschaftsbereiche sind an der Südseite gebündelt und zum Flur hin großzügig verglast. Als Außenräume sind ihnen Loggien zugeordnet. Im Untergeschoss liegen 24 Zweibettzimmer für den ältesten Lehrlingsjahrgang sowie ein behindertengerechter Wohnraum, die Gemeinschaftsbereiche sind zu einem zweiten Innenhof ausgerichtet. In den Sommermonaten kann diese Etage separat als Hotel für Seminare genutzt werden. Im Inneren des Gebäudes bestimmt die Farbe Grün die Holzlasuren der Möbel und Türen, sie kontrastiert mit den Grautönen von Sichtbeton und Aluminium.

Alle Geschosse sind über den zentralen und massiven Erschließungskern aus Sichtbeton verbunden, der sich im untersten Geschoss zum überdachten Erschließungsgang weitet und die Verbindung zur Schule schafft. Der gesamte Bau ist aus Stahlbeton mit einer fugenlosen Bodenplatte errichtet, die aufgrund schwieriger Bodenverhältnisse auf über 280 etwa 5 bis 10 m langen Rammpfählen gegründet ist. Schotten im Raster von 7,5 m und unverkleidete Flachdecken bringen genügend Speichermasse zur Stabilisierung des Raumklimas, die Trennwände bestehen aus Leichtbeton.

Fassade, Glas

Eine allseitig umlaufende Pfosten-Riegel-Konstruktion aus Aluminium im Raster von 90 cm umhüllt das Internat. Alle transparenten Fassadenteile sind mit einem flexiblen, außen liegenden Sonnenschutz aus Aluminiumflachlamellen versehen. Das gleichbleibende Fassadenraster ermöglichte eine besonders wirtschaftliche Herstellung der Fassade. So wurden lediglich zwei verschiedene Fensterformate eingesetzt. Das Isolierglas mit Absturzsicherung besteht aus außen 6mm ESG/16 mm SZR/innen 10 mm VSG aus Floatglas. Der U-Wert beträgt Ug = 1,1 W/m²K, der g-Wert g = 0,58.

Die Abmessungen der Sonnenschutzelemente und Verglasungen sind über die gesamte Fassadenfläche gleichbleibend. Die Deckschalen der Pfosten-Riegel-Konstruktion sind als Lisenen mit einer Tiefe von 16 cm ausgeführt. In ihnen sind die Führungsschienen der Sonnenschutzelemente integriert. Die aufgrund der erhabenen Deckschalen erreichte Fassadentiefe von 45 cm verleiht der Gebäudehülle ihr charakteristisches Aussehen, das sich je nach Blickwinkel verändert. Lebendigkeit erhält die Fassade zudem durch den variierenden Stand der Lamellen durch die individuelle Steuerung der Bewohner und die grünen Vorhänge. Grün sind auch die gläsernen Geländer der Terrassen und Loggien. Die absturzsichernden Glasausfachungen bestehen aus Verbund-Sicherheitsglas (VSG) mit eingefärbten PVB-Folien.

Die geschlossenen Wandflächen sind mit einer hinterlüfteten Metallfassadenkonstruktion aus großformatigen, 4 mm dicken Aluminium-Schnittblechen verkleidet, deren Teilung dem der Glasfassaden entspricht. Die Trennwände zwischen Gemeinschaftsräumen und Fluren sowie teilweise im Treppenhaus sind analog zu den Außenfassaden als Pfosten-Riegel-Konstruktion in Glas ausgeführt. Das erlaubt Durchblicke und erhöht die Übersichtlichkeit für Bewohnerinnen und Betreuer.

Bautafel

Architekten:  Wahrer Barkowsky Architekten, Köln
Projektbeteiligte: GP-Bau Generalplanungs- und Bauträger, St.Stefan i.R. (Bauleitung); IB Eisner, Graz (Tragwerksplanung); Kiparlandschaftsarchitekten, Duisburg (Landschaftsplanung); ISRW Dr.-Ing. Klapdor, Düsseldorf (Bauphysik); Metallbau Stoppacher, Weiz  (Fassade); Egger Glas, Pischelsdorf (Glasherstellung)
Bauherr: LIG Landesimmobiliengesellschaft mbH, Graz
Fertigstellung: August 2007
Standort: Am Mailandberg 59, Bad Gleichenberg, Steiermark, Österreich
Bildnachweis: Wahrer Barkowsky Architekten

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Dreifach-Isolierverglasung kam im Überkopfbereich und für die Fassaden der VHV-Versicherung in Hannover zum Einsatz.

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Verformung einer Verbundglasscheibe bei vollem Schubverbund

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