Kapelle in Turku/FIN

Fischgräten als Dachkonstruktion

Dass eine Kapelle "Fisch" heißen soll, ist an sich schon ungewöhnlich genug. Dass diese Kapelle dann auch noch durch ihre Form und Konstruktion an einen Fisch erinnert, ist noch ungewöhnlich - aber auch interessant.

Die Aussenansicht mit der auch im "Rücken" geschwungenen Dachform - Rechts der Altarraum mit der transzulenten Eindeckung

Das griechische Wort für Fisch "Ichthys" wurde als Name für die kleine neue Kapelle auf der Insel Hirvensalo im Süden Finnlands gewählt. Der Fisch diente Christen seit dem Altertum als Symbol und Erkennungszeichen ihres Glaubens. Für die Architekten lag es nahe, dieses Erkennungszeichen direkt in ihre gebaute Form umzusetzen.
Dementsprechend stellt sich die Kapelle heute dar: 40 m lang und an der schmalsten Stelle nur rund 5,60 m breit, im Grundriss sind die Wände leicht geschwungen. Auf einer Grundstücksgröße von 300 m² schufen die Architekten eine Bruttogeschossfläche von ebenfalls 300 m² bei einem Bruttorauminhalt von 2.400 m³.
Zwischen dem Foyer und dem Hauptraum stehen zwei schlichte Holzboxen. Sie nehmen die Sakristei und die übrigen Nebenräume auf. Der eigentliche Kapellenraum wird geprägt von den glatten und schlicht gehaltenen Kirchenbänken, die von dem Künstler Kain Tapper gestaltet wurden. Sie bestehen aus dem gleichen honigfarbenen und astreichen Kiefernholz wie der Altar und der Fußbodenbelag.

Dach
Wie die Gräten in einem Fischbauch ragen die etwa 13 m langen Leimholzbinder leicht rund geschwungen in die Höhe, wo sie sich im First treffen. 38 solcher Binder im Abstand von 2 m bilden die Unterkonstruktion des Nur-Dach-Gebäudes. Wie bei einer Aufsparrendämmung sind auf der Außenseite lange Kiefernholzbretter eingebaut, die sichtbar bleiben. Sie sind auf einem 32 mm dicken und 100 mm breitem Kantholz befestigt. Dadurch wird eine Installationsebene gewonnen. Weiter nach außen folgt die Dampfbremse und eine 150 mm dicke Wärmedämmung, die zwischen Holzriegeln, die mit Stahlwinkeln befestigt sind, angeordnet ist. Darüber kommt eine 9 mm dicke Holzwerkstoffplatte. Ein Distanzklotz und weitere 32/100 mm Kanthölzer sorgen für eine ausreichende Hinterlüftung der 20 mm dicken Holzschalung, die mit einer bituminösen Vordeckung die Unterkonstruktion für die Kupferschare bildet.
Der First wurde auf die äußere Kante aufgesetzt und wirkt somit als Lüfterfirst. Die Farbe des Kupfers verändert sich im Laufe der Zeit und wird von einem zunächst glänzenden Braun in ein Dunkelbraun wechseln, bevor es in einigen Jahrzehnten eine grüne Patina ansetzen wird. Hier passt sich das Gebäude eher unauffällig der waldreichen Umgebung an.

Im Bereich des Altars wurde die Eindeckung durch transluzente Glasbänder ersetzt. Damit wird diesem Bereich im Kontrast zum Halbdunkel der übrigen Kapelle ein starker und ausdruckvoller Akzent gesetzt. Insgesamt ist die Kapelle im Sinne einer nordischen, lutherischen Tradition folgend mit wenig Beiwerk und Schmuck ausgestattet. Dazu der Architekt Sanaksenaho: "Die Kapelle liest sich wie ein einfaches Gedicht. Ein paar wenige Worte können ein Erlebnis manchmal besser ausdrücken als ein ganzer Roman voll komplizierter Formulierungen".

Bautafel

Architekten: Sanaksenaho, Architects, Helsinki
Projektbeteiligte: Kanevi Narmala, (Tragwerksplanung); Juhani Lehtonen, (TGA); Taneli Mussari (Elektrotechnik); Hannu Konola (Glaskunst); Hartela Oy (Bauunternehmer und Unterkonstruktion); Peltisaari Oy (Dacheindeckung mit Kupfer)
Bauherr: St. Henry´s chapel Association
Fertigstellung: 2005
Standort: Seiskarinkatu 35, Turku/FIN
Bildnachweis: Jussi Tiainen