Herrenschießhaus in Nürnberg

Kapillar-aktive Innendämmung in einem historischem Gebäude

Das ehemalige Herrenschießhaus wurde 1582/83 unter Leitung des Stadtbaumeisters Hans Dietmair errichtet und bildete einen Teil der alten Stadtbefestigung. Als öffentliches Gebäude der Stadt Nürnberg wird es heute von einem kommunalen Bildungszentrum hauptsächlich für die Veranstaltung von Kursen zur Erwachsenenbildung genutzt.

Das Bild zeigt beispielhaft den Einbau der Dämmung an einer Fensterlaibung sowie die im Rahmen der Sanierung wieder freigelegte historische Holzbalkendecke.

Im 1. Obergeschoss sind verschiedene Gruppen- und Büroräume des Bildungszentrums untergebracht. Die mit Innendämmung versehenen Räume – ein Büroraum (16 m²) und ein größerer Gruppenraum (62 m²) liegen auf der Nordost- bzw. Südostseite des Gebäudes. Im Rahmen des vom BMWA geförderten Industrieforschungsprojekts „Entwicklung leistungsfähiger Wärmedämmsysteme mit wirksamem physikalischen Feuchteschutz“ und des EU-Projekts Insumat sind mehrere Testhäuser mit denkmalgeschützter Fassade thermisch saniert worden. Im Jahr 2000 wurden gemeinsam mit dem Hochbauamt der Stadt Nürnberg zwei öffentlich genutzte Räume im historischen Herrenschießhaus mit einer Innendämmung aus Klimaplatten der Firma Calsitherm versehen und mit bauphysikalischer Messtechnik ausgestattet. Die Außenwände dieser Räume bestanden aus einer 40 cm dicken Sandsteinwand mit einer inneren Ziegelvormauerung. Ziel der thermischen Sanierung ist zum einen die Verringerung des Heizenergieverbrauchs, andererseits aber auch die Verbesserung des Nutzerkomforts durch Erhöhung der inneren Oberflächentemperatur, ohne hygrische Schäden zu verursachen und die Dauerhaftigkeit der Konstruktion zu beeinträchtigen.

Fortlaufende Messungen der bauklimatischen Randbedingungen und der hygrothermischen Zustandsgrößen innerhalb der Konstruktion dienen dazu, die Auswirkungen der Maßnahmen einzuschätzen sowie die Ergebnisse auf andere vergleichbare Gebäude zu übertragen. Außerdem erfolgt zum Vergleich eine numerische Simulation der Feuchte- und Temperaturfelder mit dem am Institut für Bauklimatik der TU Dresden entwickelten Computerprogramm Delphin.

Wärmedämmung/Energiekonzept
Während der kalten Witterungsperiode verursacht das Dampfdruckgefälle über den Wandquerschnitt einen Dampfstrom von innen nach außen. Erreicht der Wasserdampfdruck an einer Stelle innerhalb der Wandkonstruktion den Sättigungsdampfdruck, kommt es zur Kondensation. Dann liegt der Taupunkt in der Wand, üblicherweise auf der kalten Seite der Dämmung. Neben einer verminderten Wärmedämmung besteht in diesem Bereich die Gefahr nachhaltiger Feuchteschäden wie zum Beispiel Schimmel, Materialkorrosion oder sichtbarer Wasserflecken.

Verhindert werden kann dies durch einen vollständig diffusionsdichten Wandaufbau. Solche Konstruktionen erfordern aber eine hohe Ausführungsqualität und sind deshalb risikobehaftet. Planungsfehler sowie eine mangelhafte Bauausführung führen dann zu Feuchteschäden, die eine erneute Sanierung erfordern können. Zudem sind diffusionsdichte Konstruktionen wegen der unterbundenen Regulierung der Raumfeuchte meist unerwünscht.

Um auch für Innendämmsysteme die erforderliche Ausführungssicherheit zu erlangen, konzipierte das Institut für Bauklimatik der TU Dresden in Zusammenarbeit mit der Calsitherm Silikatbaustoffe ein Innendämmsystem auf Calciumsilikat-Basis. Die Entwicklung und die Tests wurden im Rahmen des Forschungsprojektes Insumat „Development of specially designed insulation materials for building renovation“ von der EU gefördert.

Calciumsilikat zeichnet sich durch eine hohe Kapillaraktivität (Saugfähigkeit) und einen geringen Dampfdiffusionswiderstand aus. Die kapillaraktiven Eigenschaften des Calciumsilikats verringern die Kondensatmenge in der Wand, während die gute Dampfdurchlässigkeit das Austrocknungspotenzial der Konstruktion erhält. Durch Erhöhung der Wandoberflächentemperatur gewährleistet die Innendämmung die Kondensatfreiheit der Innenwandoberflächen und minimiert damit das Schimmelrisiko. Die hohe Alkalität von Calciumsilikatdämmplatten mit einem pH-Wert von circa 10 erhöht zusätzlich den Widerstand gegenüber Schimmelbefall.

Am Institut für Bauklimatik wurden zwei Softwareprogramme entwickelt, die es ermöglichen, die Kapillaraktivität der porösen Baustoffe in die Bewertung mit einzubeziehen. Cond2002 erlaubt die schnelle Beurteilung von eindimensionalen Wandkonstruktionen unter Standardklimabedingungen. Mit Delphin 4 sind 2D/3D-Simulationen unter realen Klimabedingungen (Temperatur, Luftfeuchte, Regen, Wind, Strahlung) möglich.

Bautafel

Bauherr: Hochbauamt der Stadt Nürnberg
Planung/Bauleitung: Hochbauamt der Stadt Nürnberg, Eva Anlauft
Projektbeteiligte: Hochbauamt der Stadt Nürnberg, Institut für Bauklimatik, TU Dresden, Dresden; Calsitherm Silikatbaustoffe, Paderborn (Fassade)
Bauzeit: 2000-2001
Standort: Untere Talgasse 8, Nürnberg

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