Great Court – British Museum in London

Frei tragendes Glasdach

Das Anfang des 19. Jahrhundert erbaute British Museum gehört mit zu den Hauptattraktionen von London. Die vierflügelige Anlage verfügt über einen fußballfeldgroßen Innenhof, der ursprünglich als parkähnliche Grünanlage geplant war. Schon 1857 wurde in dessen Mitte ein Kuppelbau errichtet, der als Lesesaal der British Library diente und über die Jahrzehnte durch Erweiterungsbauten ergänzt wurde. Der Innenhof blieb der Öffentlichkeit verschlossen, der Rundgang durch das umschließende Museum war labyrinthartig verschachtelt und aneinander gereiht.

Lesesaal des neuen Museums
Treppe im Innenhof

Durch den Umzug der Bibliothek wurde der Abriss der Ergänzungsbauten möglich. Die Grundidee des ursprünglichen Erbauers, Robert Smirke, konnte wieder aufgegriffen werden, und so wurde der Innenhof der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die neu entstandene Freifläche von 6.700 m² wird dabei von einem freitragenden Glasdach überspannt und beherbergt Galerien, Geschäfte sowie ein Restaurant. Sie bildet nun den tatsächlichen Mittelpunkt des Museums. Die Pläne für den Umbau und das neue Glasdach stammen von Foster and Partners.

Dach

Die aus Dreieckselementen aufgebaute Dachschale spannt sich netzartig mit einer flachen Wölbung von der außermittig liegenden Kuppel des Reading-room zu den rechtwinklig umschließenden Gebäudeflügeln des Museums. Die dabei entstehende überdachte Fläche entspricht mit 95 x 74 Meter einem Fußballfeld. Die Dachschale selbst besteht aus 4.878 verschiedenen Stäben, 1.566 unterschiedlichen Knoten und 3.312 unterschiedlichen Isolierglasscheiben mit einem Gewicht von 800 Tonnen.

Die besondere Herausforderung bei der Dachkonstruktion bestand in der Verziehung der pantheonähnlichen Kuppelkonstruktion zu einem Rechteck, so dass der ringförmige Kraftschluss fehlt und der Gewölbeschub über

  • biegesteife Randbögen
  • ausgesteifte Ecken und
  • den Aufbau einer steifen Dachschale
abgebaut werden muss. Daraus entwickelte sich die Notwendigkeit, einen speziellen Knoten zu entwickeln (also einer Verbindung zwischen den einzelnen Stäben), die Kräfte sowie Biegemomente aufnehmen kann und zugleich den verschiedenen Winkeln zwischen den Stäben und ihrer Verdrehung Rechnung trägt.

Die Herstellung des Daches folgte dem Prinzip der größtmöglichen, automatisierten Vorfertigung. Der Aufbau selbst begann im September 1999 und endete im April 2000 mit dem De-propping, dem stufenweisen Herabsetzen der Unterstützungen, durch das die Konstruktion auch ihre endgültige statische Tragkraft erhielt.

Die Dachverglasung besteht aus 3.312 verschieden großen Dreiecksscheiben, die direkt auf den Trägern der Stahlkonstruktion aufliegen. Für die Verglasung mit den speziellen Anforderungen bezüglich Klimatisierung, Sonnenschutz und blendfreie Ausleuchtung des darunter liegenden Raumes wurden spezielle Glasaufbauten entwickelt, die sich in der Anordnung nicht grundlegend von gewöhnlichen Überkopfverglasungen unterscheiden, deren technische Werte jedoch mittelsGlasstärke, Glasfarbe, pyrolytische Beschichtung und Siebdruckbeschichtung den besonderen Anforderungen entsprechend entwickelt wurden.

Die Kuppel verfügt über eine natürliche Be- und Entlüftung, die aus elektrisch öffenbaren Aluminiumpaneelen im Übergangsbereich zwischen Gebäude und der Konstruktion besteht. Der hier befindliche 1,50 - 2,00 Meter große Abstand zwischen Betonträger an der Gebäudeoberkante und den Stützen des Perimeters ist mit einer Kombination dieser Alupaneele und Festverglasungen ausgekleidet. Um den Perimeter verläuft eine Rinne zur Dachentwässerung, die über ein Fallrohrsystem mit dem allgemeinen Abflusssystem des Bauwerks verbunden ist.

Bautafel

Architekten: Foster and Partners, London
Projektbeteiligte: Büro Happold, Bath (Tragwerk und Bauleitung); Waagner Biro, Wien/London (Überdachung); Okalux, Marktheidenfeld-Altfeld (Verglasung)
Bauherr: Trustees of the British Museum
Fertigstellung: Dezember 2000
Standort: London
Bildnachweis: Foster and Partners