Aufstockung: Union House in Melbourne

Durchdacht bis auf den letzten Zentimeter

Ein Haus, das mitwächst und sich maßgeschneidert der Lebenssituation anpasst – dieser Wunsch scheint nicht nur in Europa verbreitet zu sein. In Brunswick, einem Vorort-Stadtteil von Melbourne rund vier Kilometer nördlich vom Central Business Districts, haben Austin Maynard Architects für eine fünfköpfige Familie ein kleines Einfamilienhaus aufgestockt. Innerhalb seines Blocks südlich des Melbourner TU-Campus, wo sich neun schmale, Einzel- und Doppelhäuser auf handtuchförmigen Grundstücken aneinanderreihen, überragt das nach der Straße benannte Union House jetzt deutlich seine eingeschossigen Nachbarn. 

Die rückwärtige Fassade wurde im Obergeschoss mit Faserzement-Tafeln verkleidet.
Verwendet wurden profilierte und glatte Tafeln.
Drei der Faserzement-Fassadentafeln wurden als perforierte Klappläden ausgeführt.

Das inzwischen 19 Meter tiefe Haus hat auf einer nur 5,5 Meter breiten, 2020 Quadratmeter kleinen Parzelle mit seiner Erweiterung mehr als 280 Quadratmeter, die sich auf Keller (ca. 50m2), Erdgeschoss (ca. 100m2) und Obergeschoss (ca. 90m2) verteilen. Hinzu kommt eine gut 40 Quadratmeter große Dachterrasse. Im Keller befindet sich ein großer Hobbyraum mit zwei Oberlichtern. Im Erdgeschoss sind ein Arbeits- und Musikzimmer, ein Kinderzimmer, WC, Treppe, Küche sowie Ess- und Wohnbereich hintereinander gereiht. Im Obergeschoss ist das fast vier Meter hohe Elternschlafzimmer mit einer Glasfront zur Straße hin ausgerichtet, danach folgen Elternbad, Treppe, Kinderbad und zwei weitere Kinderzimmer.

Jeder Quadratzentimeter ist nicht nur gut durchdacht, sondern auch mit Witz gestaltet: Eine seitliche Erschließungsrampe, die Treppe aus gefaltetem, teilweise perforiertem Stahlblech, S-förmig an der Wand hochgezogenes Dielenparket, das als steile Rutsche ins ausgebaute Kellergeschoss führt, oder eine kompakte Dusch- und Badelandschaft aus blauem GFK unter einem steilen Oberlicht – das sind einige von vielen überraschenden Detaillösungen im Innern. Hohe Schiebewände sorgen für räumliche Flexibilität. Eine Kletterwand in einem gut ein Meter breiten Lichtschacht über dem längsgerichteten, ostseitigen Flur, bildet mit eingehängten Netzen als Zwischenebenen einen zweiten, vertikalen Weg jenseits der Treppe.

Vorhandenes Mauerwerk wurde unverputzt sichtbar belassen. Im Kontrast dazu stehen die konstruktiven Neubauteile aus Brettsperrholz, deren Einbau auf dem engen Grundstück relativ einfach und mit vergleichsweise geringen Beeinträchtigungen für die Nachbarschaft erfolgen konnte. Der rückwärtige Teil des Flachdachs ist begrünt, ein Regewassertank wurde unter den Hof eingegraben. Straßenseitig ist der ursprüngliche Vorgartenzaun einer Betonsitzbank mit eingelassener Hausnummer gewichen, während die rückwärtige Terrasse mit wiederverwendeten, alten Backsteinen ausgelegt ist.

Fassade: Backstein, Glas und Faserzement-Fassadentafeln

An der südseitigen Straßenfassade wurde der flache, geschweifte Backsteingiebel hinter einem markisenartigen Vordach erhalten, der sich in identischer Form – nur weiß geschlämmt – auch am östlich direkt angrenzenden Nachbarhaus wiederfindet. Über dem Giebel erhebt sich der neue Obergeschosskubus mit vollflächig verglaster Front. Filigrane Metallprofile gliedern die Fläche spiegelsymmetrisch. Sie nehmen die alte Firstlinie sowie zwei hochrechteckige Schwingflügelfenster auf.

Bei der rückwärtigen Gartenfassade ist dagegen die Erdgeschosszone fast vollflächig verglast und lässt sich zu zwei Dritteln durch Faltschiebeelemente öffnen. Das Obergeschoss ist demgegenüber eine geschlossene, vollständig mit durchgefärbten Faserzement-Tafeln verkleidete Fläche. Kombiniert wurden Fassadentafeln mit glatter und linear strukturierter Oberfläche. 

Die profilierten Tafeln wurden in unterschiedlichen Größen als drei-, vier- und fünfeckige Teile puzzleartig zusammengefügt. Drei Tafeln mit glatter, geschliffener Oberfläche wurden als Sonderanfertigung regelmäßig perforiert und vor den Fenstern als Klappläden montiert. Auch im Inneren finden sich die profilierten und glatten Faserzementtafeln wieder, wo sie als Schranktüren und zum Teil perforierte Blenden der Einbauküche Verwendung fanden. Die Längswände des die Nachbarschaft überragenden, ersten Obergeschosses, sind weitgehen geschlossen und mit dunkelgrauem Blech verkleidet.

Bautafel

Architektur: Austin Maynard Architects, Carlton, Victoria
Projektbeteiligte: Andrew Maynard, Mark Austin, Natalie Miles (Projektteam Architektur); CBD Contracting Group, North Melbourne (Ausführung); Vistek Vistek Structural + Civil Engineers, Melbourne (Bauingenieure, Statik); Bush Projects, Melbourne (Freiraumplanung); FytoGreen, Somerville, Victoria (Dachbegrünung); Steve Watson & Partners, Melbourne (Baugutachter)
Bauherr/in: privat
Fertigstellung: 2020
Standort: Brunswick, Melbourne, Victoria 3056, Australien
Bildnachweis: Derek Swalwell, Windsor, Victoria / Austin Maynard Architects, Carlton, Victoria

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Fassadenelemente

Bekleidungselemente

Fassadentafeln aus Faserzement am Star Inn Hotel am Hauptbahnhof Wien

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Materialien

Faserzement

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