Gängige Messengerdienste für die Baudokumentation nutzen
Neue Software soll Akzeptanz bei Bauarbeiter*innen erhöhen
Die Bauwirtschaft tut sich schwer damit, digitale Hilfsmittel und künstliche Intelligenz zu nutzen. Doch nun gibt es möglicherweise eine Lösung: Ein Team des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) hat gemeinsam mit dem Start-up Valoon eine benutzerfreundliche Software entwickelt, die gängige Messaging-Dienste nutzt.
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Ein Hauptproblem bei der Digitalisierung in der Bauwirtschaft ist die geringe Akzeptanz neuer Softwarelösungen bei den Arbeiter*innen vor Ort. Bauarbeiter*innen, die bereits mit ihren Aufgaben gut ausgelastet sind, zögern oft, sich in zusätzliche Software einzuarbeiten, insbesondere wenn sie nicht benutzerfreundlich ist und sich von Baustelle zu Baustelle unterscheidet. Die Entwickler*innen von Valoon haben jedoch eine Ausnahme festgestellt: Baubeteiligte nutzen bereits Messenger wie Whatsapp zur Kommunikation und Dokumentation. Es fehlt lediglich an Organisation und Strukturierung dieser Informationen. Genau hier setzt die neue Software an. Sie sammelt im Hintergrund Informationen von Messengern wie Whatsapp, MS Teams, Threema, Telegram und Co. Die Baubeteiligten können weiterhin über die ihnen bekannten Dienste kommunizieren und müssen keine neue Software erlernen.
Technischer Hintergrund
Um dies technisch zu ermöglichen, verwendet die Valoon-Software APIs (Application Programming Interface oder auf Deutsch Programmierschnittstellen), die von den Entwicklern der Messenger bereitgestellt werden. APIs ermöglichen es einer Anwendung, vorhandene Daten aus einer Software zu extrahieren und sie in einem anderen Programm oder auf einer anderen Ebene zu verwenden. Im Kern der Anwendung steht ein Chatbot, der die Kommunikation mit den Baubeteiligten ermöglicht. Das Unternehmen plant, diesen Chatbot in Zukunft mit einem fortschrittlichen LLM (Large Language Model) wie ChatGPT, Llama 2 oder mistral auszustatten. Außerdem ist die Integration von Bilderkennungsmodellen geplant, da in der Bauindustrie oft Fotodokumentationen erstellt werden.
Wie der Alltag mit der Software aussehen könnte
Mit der neuen Software können Baubeteiligte Material anfordern, Baufortschritte oder Mängel dokumentieren, Rechnungen digitalisieren und weitere Aktivitäten über Messaging-Dienste durchführen. Die Informationen werden automatisch strukturiert, bei Bedarf übersetzt und in einem Ticketsystem dargestellt. Ein wesentlicher Vorteil dabei ist, dass der oder die Bauleiter*in nicht mehr persönlich Hunderte von Nachrichten pro Tag sichten muss. Stattdessen übernimmt der Chatbot die automatische Erfassung relevanter Informationen und filtert diese heraus. Darüber hinaus kontaktiert er auch eigenständig andere Verantwortliche, wenn noch eine Auskunft – zum Beispiel über den Baufortschritt – fehlt.
Hintergrund und Ausblick
Hinter Valoon steht ein vierköpfiges Gründungsteam, das seit mehr als dreieinhalb Jahren gemeinsam mit über 45 weiteren Unternehmen aus Forschung und Industrie im Forschungsprojekt SDaC an der Entwicklung, Validierung und Bereitstellung von Software und KI-Anwendungen für die Bauwirtschaft arbeitet.
Die erste offizielle Version der Software soll im ersten Quartal 2024 auf den Markt kommen. Zukünftig sollen neben der Automatisierung weiterer Prozesse, wie der Zuordnung von Lieferscheinen oder der Dokumentation von Baufortschritten, ggf. auch eine Anwesenheitsdokumentation und Sicherheitsunterweisung über Messaging-Dienste möglich sein.
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