Im ostenglischen Haddenham, in der Moorlandschaft der
Cambridgeshire Fens, steht ein neues Lager- und Schulungsgebäude
für die gemeinnützige Organisation Forest School Camps (FSC).
Geplant und realisiert wurde das Projekt mit dem Namen Big
Roof von Mole Architects aus Cambridge und Invisible Studio aus
Bath. Die beiden Teams schufen trotz begrenzter finanzieller Mittel
ein emissionsarmes und energiesparendes Gebäude, das den
Nutzungsanforderungen der Organisation gerecht wird und einen
geringen ökologischen Fußabdruck hinterlässt.
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Bildungsarbeit für Kinder und Jugendliche
Das 745 m2 große, eingeschossige Mehrzweckgebäude
ersetzt drei alte baufällige Bestandsbauten, die in den letzten
vier Jahrzehnten von FSC genutzt wurden. Die Organisation bietet
seit 1947 Bildungscamps an, an denen mittlerweile jährlich 1.200
Kinder und Jugendliche im Alter zwischen sechs und 17 Jahren
teilnehmen. Die FSC-Freiwilligen leiten sowohl zweiwöchige
Sommerlager als auch kürzere Wochenendaufenthalte, die vor allem
Sozialkompetenzen fördern sollen. Alljährlich schlagen die Gruppen
ihre Zelte in Cornwall, in Yorkshire oder auf den Hebriden auf, wo
sie spielen, lernen, Feuer machen und für die Lagergemeinschaft
kochen. Am Ende der Camps kehren sie schlammig und erschöpft, aber
glücklich, nach Hause zurück.
Die Ausrüstung – etwa schwere Zelte des
Verteidigungsministeriums aus dem Jahr 1945, Töpfe, verliehene
Regenkleidung und Schlafsäcke – muss gesäubert und ausgebessert
werden, bevor sie bis zum nächsten Camp einlagert wird. Das ganze
Equipment findet problemlos Platz im Big Roof. Das große Dach
beherbergt nicht nur Lager und Reparaturwerkstatt, sondern auch
Koch-, Ess- und Unterrichtsräume.
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Reminiszenz an landwirtschaftliche Bauten
Natürliche Materialien und Einfachheit standen im Vordergrund
der Planung, zu der auch die FSC-Mitglieder beitrugen. Heraus kam
ein robustes und wartungsarmes Gebäude. Der Entwurf zeichnet sich
überdies durch seine Ressourceneffizienz aus: Für den Neubau wurden
nur wenige Bäume gefällt und die weitgehende Verwendung natürlicher
Materialien sorgte für Emissions- und Kosteneinsparungen.
Die langgestreckte Konstruktion verfügt über ein flach geneigtes
Dach und ist schwarz verkleidet und erinnert damit an die Scheunen
der umliegenden Fens, der Moor- und Marschlandschaft in Ostengland.
Anders als diese verfügt Big Roof aber über eine hohe, fast in der
Mitte angeordnete Pultdach-Konstruktion, die sich leicht über den
First erhebt und den Namen „Laterne“ erhielt. Außerdem wurden für
die Fassade statt der üblichen Holzlatten dunkle und
lichtdurchlässige Wellplatten verwendet.
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Zentrum Trockenraum
Während an der östlichen Stirnseite des Pultdachs eine
transluzente Wellplatte angebracht ist, zeigt die westliche
Stirnseite Lammellen und Lüftungsschlitze. Sie sorgen für eine
natürliche Belüftung des hallenartigen, sieben Meter hohen Raums
unter dem Dach. Er bildet das Herzstück des Mehrzweckgebäudes und
ist mit Hebevorrichtungen ausgestattet, wie man sie für
Bühnenbilder in Theatern verwendet. Mit diesen lassen sich die
schweren Zelte aufhängen und trocknen. Um für zusätzliche Querlüftung zu sorgen, lassen sich die großen
Türblätter zur Seite rollen. Die Gemeinschaftsräume schließen sich
nördlich der Laterne an, während im südlichen Bereich
Reparaturräume sowie der große Lagerraum für Zelte, Geschirr,
Rucksäcke und Kajaks liegen.
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Einfachheit als bauliches Charakteristikum
Der Holzrahmen des Gebäudes ruht über dem Boden auf einem
Betonbalken und einem Blockboden. Statt Stahlträgern überspannen 15
Meter lange Fachwerkbinder aus Holz die Struktur. Der
Materialwechsel sollte einerseits die CO2-Emissionen
senken, andererseits die Baukosten. Als Verkleidung wählte man
Wellplatten aus Faserzement, da dieser in der Regel nicht brennbar,
wasserfest, UV-beständig und langlebig ist. Die Wellplatten der
Schiebetüren und Dachfenster sind hingegen aus
lichtdurchlässigem Polycarbonat und senken so den Bedarf
an künstlicher Beleuchtung. Alle Räume sind mit Estrich- oder
Linoleumböden ausgestattet, während Holzplatten Wände und Decken
verkleiden.
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Dämmung: Zellulose aus Altpapier
Eine Besonderheit ist, dass die Bereiche, in denen sich
Menschen aufhalten, nur eine relativ geringe Zeit im Jahr genutzt
werden – in der Regel nur an einem Wochenende pro Monat.
Dementsprechend ist Big Roof als Gebäude mit geringem Energiebedarf
eingestuft. Daher musste man sich nicht an den Bauvorschriften für
dauerhaft genutzte bzw. bewohnte Gebäude orientieren, mit
Konsequenzen für den Grundriss sowie für Heizung und Dämmung.
Alle Bereiche, in denen sich Menschen länger aufhalten, wurden
in Gruppen eng beieinander angeordnet. Dazu gehören der
Schulungsbereich, die Küche, der Essbereich und Arbeitsbereiche für
Reparatur- und Wartungsarbeiten. Gedämmt wurde die Holzkonstruktion
mit Zellulose aus recyceltem Zeitungspapier. Die Leistung der
Dämmung in diesen Bereichen liegt etwa 30 Prozent über den
Basisanforderungen der britischen Bauvorschriften. Geheizt wird mit
elektrischen Flächenheizungen und Durchlauferhitzern, ergänzt um
einen Holzofen im Hauptraum. Auf dem Dach sind bereits erste
Solarzellen installiert, weitere sind geplant.
Bautafel
Architektur: Mole Architects, Cambridge; Invisible Studio, Bath Projektbeteiligte: Sherriff Tiplady (Vermessung); Built Engineers (Tragwerksplanung); Millcam (Bauunternehmung) Bauherr*in: Forest School Camps Fertigstellung: 2023 Standort: Hill Row Causeway, Haddenham, Ely CB6 3PA, Vereinigtes Königreich Bildnachweis: David Butler (Fotos); Invisible Studio und Mole Architects (Pläne)
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