Brandschutzbeschichtungen
Arten und Einsatzbereiche
Brandschutzbeschichtungen sind Anstriche oder Bekleidungen auf Bauteilen oder Oberflächen in Bauwerken, die im Brandfall die Eigenschaften der beschichteten Baustoffe hinsichtlich des Brandschutzes verbessern sollen.
Gallerie
Arten von Brandschutzbeschichtungen
Anstriche
a) Dämmschichtbildner (Intumeszenz)
Als Dämmschichtbildner werden Anstriche bezeichnet, die im
Brandfall auf die Temperaturerhöhung der Umgebung reagieren. Wird
eine bestimmte Grenztemperatur überschritten, so bildet sich eine
voluminöse kohlenstoffhaltige Schicht, die darunter liegende
Baustoffe oder Oberflächen isoliert und vor Wärmeeintrag schützt.
Die Bildung dieser Dämmschicht basiert auf diversen
temperaturabhängigen, chemischen Reaktionen. Dämmschichtbildner
bestehen in der Regel aus Bindemittel, Gasbildner,
Kohlenstoffbildner, Katalysatoren und weiteren Additiven. Zur
Ausdehnung benötigen sie Platz, der bei der Planung zu
berücksichtigen ist!
b) Ablationsbeschichtung
Ablationsbeschichtungen enthalten Stoffe, die sich bei
Hitzeeinwirkung in einer endothermen (= Energie muss
hinzugefügt werden) Reaktion chemisch verändern. Dabei können sie
verdampfen, sublimieren (direkter Übergang eines Stoffes vom festen
in den gasförmigen Aggregatzustand) oder schmelzen. Die
beschichteten Materialien werden dadurch gekühlt. Außerdem können
aus den Beschichtungen Substanzen abgegeben werden, die eine
flammhemmende Wirkung haben. Nach Abschluss der chemischen und
physikalischen Prozesse bleibt ein poröses, anorganisches, nicht
brennbares und fallweise zusammengesintertes Gerüst (Keramik), das
zusätzlich thermisch isolierend wirkt. Ablationsprodukte werden
überall dort eingesetzt, wo Bauteile der Witterung ausgesetzt sind
oder für die Beschichtung ungünstige Außenbedingungen herrschen,
denn sie haben nach der Durchtrocknung keine wasserlöslichen oder
durch Wasser oder Öl veränderbare Komponenten. Die Beschichtungen
sind im Gegensatz zu dämmschichtbildenden Brandschutzbeschichtungen
mechanisch belastbar.
Bekleidungen
Brandschutzbauplatten dienen als Bekleidungen für Holz, Stahl oder
Beton, um im Brandfall tragende Bauteile vor Entzündung oder
Temperaturerhöhung zu schützen. Die Bekleidungen bestehen in der
Regel aus gipsgebunden Trockenbauplatten, die je nach
brandschutztechnischer Anforderung ein- oder mehrschichtig direkt
oder auf einer Unterkonstruktion aufgebracht werden. Sie sind bei
der statischen Planung zu berücksichtigen. Außerdem kommen
Steinwolle-Brandschutzplatten zum Einsatz.
Einsatz von Brandschutzbeschichtungen
Stahl
Stahl, der zur Erstellung baulicher Anlagen dient, wird in die
Baustoffklasse „nicht brennbar“ (A 1)
eingestuft. Die Festigkeit von Bauteilen aus Stahl nimmt jedoch
beim Überschreiten der kritischen Temperatur von ca. 500°C stark
ab. Im Brandfall führt das dazu, dass die Tragfähigkeit von
Stahlkonstruktionen und damit die Standsicherheit des gesamten
Gebäudes verloren geht. Stahlbauteile dehnen sich zudem bei hohen
Temperaturen stark aus und können unzulässige Kräfte auf Wände und
Decken ausüben. Um diese Risiken im Brandfall auszuschließen,
müssen sie mit einer Brandschutzbeschichtung oder -bekleidung
versehen werden; geeignet sind dämmschichtbildende Anstrichsysteme.
Für metallische Trägermaterialien im Hochtemperaturbereich ab
1.000°C werden meist intumeszierende oder keramikbildende
Beschichtungssysteme verwendet. Im Brandfall quillt das Material
bis zum 30-fachen der ursprünglichen Schichtdicke auf und bildet
eine poröse Keramikschicht. Als Brandschutzbekleidung für Stahlkonstruktionen
eignen sich z.B. Bekleidungssysteme aus nicht brennbaren (A 2)
Steinwolle-Brandschutzplatten mit einem Schmelzpunkt von
>1.000°C.
Beton
Beton ist ein nicht brennbarer Baustoff und erreicht i. d. R. eine
Feuerwiderstandsdauer bis 60 Minuten. In der Kombination mit
Stahl (Bewehrung) ist er weder an der Brandentstehung noch
-weiterleitung beteiligt und bleibt im Brandfall tragfähig. Bei
hohen Brandtemperaturen können sich jedoch stoffliche Veränderungen
der Bestandteile ergeben, die zu Dehnungen der Konstruktion und zu
Schäden (z. B. Abplatzungen) führen. Ablationsbeschichtungen als
Anstrichsysteme können diese Vorgänge im Beton hinauszögern. Solche
Systeme bestehen aus Lösemittel und halogen- bzw. asbestfreien
Kunststoff-Dispersionen. Sie enthalten zusätzlich flammhemmende
Pigmente und verzögern das Aufheizen und Abplatzen von Beton.
Aufgetragen werden sie i. d. R. im Airless-Verfahren. Die
erforderlichen Schichtdicken von etwa 1-3 mm führen im Vergleich zu
Plattenbekleidungen kaum zu statischen Belastungen.
Holz
Anstrichsysteme mit Dämmschichtbildnern können Vollholz und
Holzwerkstoffe in ihrem Brandverhalten verbessern; so kann
beispielsweise die Baustoffklasse von Holz von normalentflammbar (B
2) zu schwerentflammbar (B 1) ertüchtigt werden. Eine Verlängerung
der Feuerwiderstandsdauer ist mit Anstrichsystemen hingegen noch
nicht möglich. Eine Hochleistungs-Brandschutzbeschichtung aus
keramisierenden Elastomeren bis zu einer Feuerwiderstandsklasse von 60 Minuten wird
derzeit z. B. durch das Fraunhofer-Institut erprobt.
Im Brandfall wird von dämmschichtbildenden Beschichtungen eine voluminöse Kohlenstoffschicht gebildet, die die weitere Sauerstoffzufuhr verhindert und das darunterliegende Holzbauteil vor der Brandtemperatur schützt. Die Beschichtungen bestehen aus Bindemittel, Kohlenstoff-, Gas- und Säurebildnern, die die temperaturabhängige chemische Reaktion begünstigen. Deckende oder transparente Anstrichsysteme als Brandschutzbeschichtungen werden in geringen Schichtdicken aufgetragen und beeinträchtigen so weder Ästhetik noch Tragwerk, z. B. durch zusätzliche Lasten. Eine nachträgliche Ertüchtigung von Holzbauteilen ist mit geringem Aufwand möglich. Inwieweit die derzeit eingesetzten Anstrichsysteme alterungsbeständig sind oder ob sie eine Zerstörung der Holzsubstanz begünstigen, ist noch nicht bekannt. Ihr Einsatz im Außenbereich oder bei denkmalgeschützter Bausubstanz ist daher fraglich.
Brandschutztechnisch wirksame Bekleidungen für tragende Holzkonstruktionen, die eine Verlängerung der Feuerwiderstandsdauer ermöglichen, bestehen i. d. R. aus Trockenbauplatten. Solche „Kapselungen“ können die brandschutztechnischen Anforderungen feuerhemmend (REI 30) oder hochfeuerhemmend (REI 60 K₂60) erfüllen. Die Anforderung feuerbeständig (REI 90 nicht brennbar) kann dadurch nicht erreicht werden, da die wesentlichen tragenden bzw. raumabschließenden Teile hier nicht aus brennbaren Baustoffen bestehen dürfen. Gleichzeitig verdecken diese Bekleidungen die gewünschte Holzoptik und können nur mit hohem Aufwand ertüchtigt werden.
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