BIM im Bestand
Sanierung einer Wohnanlage in Wolfsburg
Zu einer ganzheitlichen energetischen Sanierung gehört viel mehr als nur das Nachdämmen vorhandener oder der Einsatz neuer Bauteile. Der Planungsphase stets vorangestellt ist daher eine gründliche Bestandsaufnahme und ausführliche Analyse der vorhandenen Struktur. Darauf aufbauend lassen sich notwendige Eingriffe sowie Möglichkeiten der Umstrukturierung frühzeitig erkennen und bei der späteren Planung berücksichtigen. Welche enormen Vorzüge BIM als Planungsmethode beim Bauen im Bestand hat, stellt das Architekturbüro raumwerk bei einer Wohnbausanierung in Wolfsburg unter Beweis.
Gallerie
Der Komplex an der Mozartstraße stammt aus den 1960er-Jahren und entspricht nicht mehr den aktuell geltenden baurechtlichen und energetischen Vorgaben – so wie ca. 16,5 Millionen Gebäude in Deutschland, die vor 1979 gebaut wurden und damit vor der ersten Wärmeschutzverordnung. Die Wohnanlage wurde damals für VW errichtet und ist heute im Besitz von Volkswagen Immobilien. Im Zuge der Umbaumaßnahme ist eine Entkernung bis auf die tragenden Bauteile vorgesehen: Die asbesthaltige Bestandsfassade wird durch eine neue Gebäudehülle ersetzt, ebenso werden die Dämmung der Decken und Kellerwände sowie der gesamte Innenausbau ausgewechselt. Außerdem kommt eine komplett neue TGA samt dezentraler Wohnraumlüftung und Wärmepumpe zum Einsatz.
Mehr bezahlbarer Wohnraum
Aufgrund der Schottenbauweise des Bestands mussten die Grundrisse weitestgehend unverändert bleiben, da bei dieser Konstruktionsart die querliegenden Wände zur tragenden Struktur gehören. Lediglich in der obersten Etage wurden drei kleinere Wohnungen zu zwei größeren zusammengefasst. Elf der insgesamt 88 Dreizimmerwohnungen mit rund 70 Quadratmetern sollen nach dem Umbau barrierefrei zugänglich sein. Größte Veränderung in diesem Bereich ist das Verglasen der früheren Loggien. Diese ragten bisher in den Innenraum hinein, künftig sind sie ein Teil von ihm. Als Ersatz werden vorgestellte Balkone die Wohnungen zum Hof hin erweitern.
Bewahren, sanieren und weiternutzen
Teil des Konzepts von raumwerk war große Teile des Bestands stehen zu lassen. Das Gebäude soll sich für das DGNB-Zertifikat Gold qualifizieren, wozu vielfältige und umfangreiche Maßnahmen erforderlich sind. Durch den Erhalt der gesamten Raumstruktur bleibt die im Stahlbeton enthaltene graue Energie gebunden, was sich positiv auf die Nachhaltigkeitsbewertung auswirkt. Eine große Herausforderung stellten – bedingt durch die Schottenbauweise – die vorhandenen Wärmebrücken dar. Da das Gebäude statisch aus einzelnen Scheiben bestehe und viele Einbindungen der Elemente vorhanden seien, etwa bei Auskragungen, könne die DGNB-Zertifizierung nur mithilfe von thermischen Pufferzonen und einer wärmebrückenfreien Gebäudehülle erreicht werden, erklärt Thorsten Wagner, Büropartner bei raumwerk. Entstanden ist in dem Zuge die neue Erschließung in Form von Laubengängen, die gleichsam als Fluchtwege dienen.
BIM im Bestand: Bestandsmodell als Basis
Die Architektinnen und Architekten von raumwerk sind im Umgang mit BIM versiert; das Frankfurter Büro bearbeitet sämtliche Projekte mit dem BIM-Planungsprogramm Vectorworks. In das von raumwerk erstellte Gebäudemodell können beteiligte Gewerke IFC-basiert ihre Fachplanungen integrieren. Diese basierten im Falle des Wohnbaus in Wolfsburg allerdings noch auf 2D-Plänen, die dann von raumwerk selbst in das Gebäudemodell übertragen wurden.
Die modellbasierte Planung erfolgte in zwei Schritten: Zunächst entstand das Bestandsmodell samt Abrissplanung. Mit ihm ließen sich zuverlässig alle relevanten Massen und Mengen für die Ausschreibung der Abriss- und Umbauarbeiten ermitteln. Somit konnten auf Grundlage des Bestandsmodells frühzeitig verschiedene Optionen untersucht werden: Welche Bauteile sollen weitergenutzt und welche abgetragen werden? Inwiefern ist eine Umstrukturierung konstruktiv möglich? Und in welchem zeitlichen- und Kostenrahmen können die Baumaßnahmen umgesetzt werden?
Im zweiten Schritt entstand das Planungsmodell, das die gesamte
Architekturplanung mit allen Fachplanungen abbildet. Dieses kommt
von der Planungsphase bis in die Ausführung zum Einsatz. Für
Thorsten Wagner ist es die Planungskonsistenz, die sich bei der
Arbeit mit BIM besonders auszahlt, da das Modell in sämtlichen
Projektphasen Relevanz hat und für Planungssicherheit sorgt. Dazu
tragen schnell erstellbare Grundrissalternativen, Varianten der
Fassadengestaltung, sowie der virtuelle Gang durch das Gebäude
mittels VR
bei. Außerdem werden mit der modellbasierten Arbeitsweise
aufwendige Arbeitsschritte automatisiert: So werden alle Änderungen
auf Grundrissebene im BIM-Modell in sämtlichen anderen
Planebenen nachgeführt und ebenso in die Mengen- und
Massenermittlung übertragen. Dadurch entfällt die händische
Nacharbeit mit Excel-Tabellen, die ohne digitale Hilfsmittel
notwendig wäre.
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