Forschungsgebäude ZAQuant in Stuttgart
Planung unter Einsatz von Open BIM, VR und BIM to field
Der noch junge Forschungszweig von Jörg Wrachtrup, dem Leiter des 3. Physikalischen Instituts an der Universität Stuttgart, ist von internationaler Strahlkraft: Quantenoptik und Spintronik lauten die Fachbegriffe, es geht um Anwendungen in der Messtechnik und Mikroskopie. Gemeinsam mit seinem Team machte er sich für den Neubau eines Laborgebäudes stark – Ende 2020 soll das Zentrum für Angewandte Quantentechnologie ZAQuant in Stuttgart fertig sein. Verantwortliche Planer sind Hammeskrause Architekten, ebenfalls in der baden-württembergischen Metropole ansässig und bereits erfahren mit ähnlichen Sonderbauten.
Gallerie
Drei Stockwerke und ein Untergeschoss wird der kompakte Massivbau am Allmandring auf dem Campus in Stuttgart-Vaihingen haben. Die Wände im Untergeschoss sind aus Stahlbeton, darüber entsteht ein Stahlbetonskelett mit gemauerten Ausfachungen. Das Erdgeschoss ist zum Teil ins Gelände eingebettet. Die Gebäudehülle ist eine Mischung aus Kalt- und Warmfassade – vor den Büros als Pfosten-Riegel-Konstruktion und in fensterlosen Bereichen als Aluminium-Vorhang ausgeführt. Für die aufwendige TGA-, HLS- und ELT-Technik, insbesondere auf Laborebene, wurden spezialisierte Fachplaner hinzugezogen.
Präzisionslabore mit entkoppelten Fundamenten
Die Kosten des im Bau befindlichen Forschungsgebäudes mit Abmessungen von 36 x 72 Metern und fast 3.000 Quadratmetern Nutzfläche liegen über 35 Millionen Euro. Die Präzisionslabore und Reinräume, die für die empfindlichen Messgeräte und Forschungsaufgaben notwendig sind, befinden sich im Erdgeschoss. Um erschütterungsfreie Arbeiten zu ermöglichen, werden einige Räume über Sonderfundamente entkoppelt. Separate, mehr als hundert Tonnen schwere Fundamentblöcke aus Beton werden auf sogenannten Luftfedern gelagert. Das Prinzip ähnelt dem eines Stoßdämpfers auf Luftfederungsbasis: Druckluftgespeiste Metallzylinder dämpfen Schwingungen, die beispielsweise durch vorbeifahrende Autos entstehen, bereits im Fundament ab. Zusätzlich werden die Hochpräzisionslabore mit einer elektromagnetischen Abschirmung (EMV) versehen. Um eine Störung des Magnetfeldes innerhalb des Labors zu verhindern, kommt außerdem glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK) zum Einsatz.
Künftig werden 70 Mitarbeiter aus verschiedenen Instituten im ZAQuant zusammenarbeiten; 15 verschiedene Arbeitsgruppen sollen entstehen.
Open BIM mit Fachplanern
Hammeskrause Architekten nutzen BIM als Planungsmethode bereits seit 2014. Digitale Planungsabläufe kennzeichnen viele Arbeitsbereiche und sämtliche Projekte. Für das Forschungsgebäude ZAQuant wurde Open BIM angewendet, ohne dass es seitens des Bauherrn gefordert war. Die plattformübergreifende Kollaboration und ein möglichst reibungsloser Datenaustausch via IFC stehen an oberster Stelle im Planungsprozess. Darüber hinaus testen die Architekten den Einsatz von VR in Bauherrn- und Nutzerbesprechungen sowie die Überführung der Planung in den Bauprozess und auf die Baustelle – also „BIM to field“-Optionen.
In den BIM-Prozess eingebunden sind die TGA- und Laborplanung sowie die Tragwerksplanung. Der Datenaustausch und die Zyklen für die Koordinationssitzungen mit den Fachplanern wurden vorab im BAP fixiert. Alle zwei Wochen trafen Fachplaner und Architekten zusammen; Hammeskrause arbeiteten deren Fachplanungen (via IFC überstellt) in das Koordinationsmodell ein und stimmten es im Folgetermin erneut ab. Das offene BCF-Austauschformat kam ebenfalls zum Einsatz; vor allem für die Koordinierung der Schlitz- und Aussparungsplanung erwies es sich als sinnvoll.
Das 3D-Modell, in dem Fall das Baugrubenmodell, nutzte der
Erdbauer beim Aushub der Baugrube. Die Planung übersetzte er in
Datenpunkte, die er für die GPS-Steuerung der Bagger übernahm. Eine
solche Übersetzung von Datenmodellen auf die Baustelle, also BIM to
field, ist bisher selten. -tw
Bautafel
Architekten: Hammeskrause Architekten, Stuttgart
Projektbeteiligte: Ernst2Architekten, Stuttgart (Bauleitung Gebäude); Planungsgruppe M+M, Böblingen und Dresden (HLS- und Laborplanung), Müller & Bleher, Radolfzell (ELT-Planung), Weiske+Partner, Stuttgart (Tragwerksplanung), Müller-BBM, München (Baudynamik, Elektromagnetfeld), BAV-Ingeniere, Neuhausen a.d.F. (Brandschutzplanung); Brüssau Bauphysik, Fellbach (Bauphysik), Gerhard Weber & Partner, Argenbühl (Fassadenplanung)
Bauherr: Land Baden-Württemberg, vertreten durch Vermögen und Bau Baden-Württemberg
Nutzer: Fachbereich Physik der Universität Stuttgart
Fertigstellung: 2020
Standort: Allmandring 13, 70569 Stuttgart
Bildnachweis: Hammeskrause Architekten, Stuttgart
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