Elytra Filament Pavilion

Biomimikry und computerisierte Fertigung

Biologische Strukturen haben eine enorme Leistungsfähigkeit und Materialeffizienz. In der Architektur kennt man sie in unterschiedlichen Ausprägungen und Bauweisen schon seit Jahrhunderten, wie beispielsweise die Lebenden Brücken in Indien und Japan, bei denen Pflanzen als tragende Elemente eingesetzt werden. Heutzutage können biologische Vorbilder durch digitale Fertigungsmethoden adaptiert und in bauliche Strukturen übersetzt werden. Faserverbundwerkstoffe gelten als besonders tragfähig und finden verstärkt auch bei Bauwerken Verwendung. Ein außergewöhnliches Beispiel hierfür ist der Elytra Filament Pavilion. Ursprünglich 2016 entworfen für das Victoria & Albert Museum in London, sorgt er seitdem auch an verschiedenen anderen Standorten weltweit für Furore. Das Projekt ist eine Kooperation des Instituts für Computerbasiertes Entwerfen (ICD) und des Instituts für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen (ITKE) der Universität Stuttgart.

Gallerie

Konstruktion und digitale Fertigung

Elytra nennt man die kräftigen, leichten Deckflügel eines Käfers, die das Vorbild für die Struktur sind. Der Pavillon besteht aus einem Verbundsystem, das Biologie und Architektur buchstäblich miteinander verwebt und neu interpretiert. Um das zu ermöglichen, kommt digitale Technik zum Einsatz: Fertigungsroboter verflechten transparente Glasfasern und schwarze Kohlestofffasern zwischen einem Hexagon (die sogenannte Dachzelle) und der Stütze (Säulenzelle), die die Gesamtstruktur trägt.

Außergewöhnlich an der Konstruktion ist vor allen der computerisierte sowie robotische Fertigungs- und Wickelprozess. Beim Bau einer jeden Zelle wickelt ein Roboter harzgesättigte Glas- und Carbonfasern auf ein wabenförmiges Werkzeug. Die Glasfasern bilden auf diese Weise ein räumliches Grundgerüst, auf dem anschließend die schwarzen Kohlestofffasern aufgebracht werden. Diese besitzen eine deutlich höhere Steifigkeit und Festigkeit als die Glasfasern. Ist die Fertigung abgeschlossen und das Kompositmaterial aus Fasersträngen ausgehärtet, kann das Wickelgerüst entfernt und für die nächsten Elemente verwendet werden. Grundsätzlich ist nicht entscheidend, wo die Produktion stattfindet: Die Fasern sind leicht zu transportieren und vielerorts verfügbar, die Fertigungsmaschinen wiederum lassen sich ebenfalls an fast jeden Ort bringen. Produktionsabfall durch verlorene Schalungen oder ähnliches gibt es bei diesem Prozess nicht.

Digitale Prozesskette

Der gesamte digitale Fertigungsprozess kann ohne analoge Brüche angepasst werden, denn sowohl der Entwurf und die Strukturanalyse als auch die Festlegung der Zellenform sind komplett digitalisiert. Modifikationen des Systems lassen sich ohne Umwege in die Fertigung einbinden und schnell umsetzen.

Der erste Elytra Filament Pavilion in London war eine wichtige Basis für weitere biomimetische Folgeprojekte, die digitale Entwurfs- und Fertigungstechniken miteinander verbinden. Aktuelle Beispiele eines Faserpavillons sowie eines bionischen Holzpavillons sind anlässlich Bundesgartenschau in Heilbronn 2019 aufgebaut (siehe Surtipps).

Bautafel

Architektur: ICD – Institute for Computational Design/ Institut für Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung, Universität Stuttgart (Prof. Achim Menges, Moritz Dörstelmann et al.); ITKE – Institut für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen, Universität Stuttgart  (Prof. Jan Knippers, et al.);  Gebäudetechnologie und klimagerechtes Bauen, TU München (Prof. Thomas Auer)
Standorte bisher:

  • Bundesgartenschau Heilbronn (bis Herbst 2019)
  • World Artificial Intelligence Conference, Schanghai (November 2018)
  • Vitra Designmuseum, Weil am Rhein (Frühjahr 2017 als Teil der Ausstellung Hello, Robot)
  • V&A Museum, London (Sommer 2016)
Bildnachweis: ICD/ITKE Universität Stuttgart; Dr. Thomas van de Kamp, ANKA/KIT Karlsruhe; Victoria & Albert Museum, London; NAARO, London

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