_BIM
Krankenhaus Felix Platter in Basel
Konsequenter BIM-Einsatz über alle Projektphasen
Das nach dem im 16. Jahrhundert wirkenden Schweizer Arzt Felix
Plattner benannte Krankenhaus in Basel ist seit 1956 in Betrieb.
Über die Jahrzehnte erfuhr das Gebäude an der Burgfelder Straße
stetig Erweiterungen, Modernisierungen und Wandlungen. Aus dem
Felix-Platter-Spital wurde 2012 eine öffentlich-rechtlich
selbstständige Anstalt und 2018 schließlich die heutige Klinik
Universitäre Altersmedizin Felix Platter. Die letzte und
bislang umfassendste Ergänzung seit der Eröffnung des zentralen
Krankenhausgebäudes Ende der 1960er-Jahre bildet ein Neubaukomplex
auf dem Areal. Vorausgegangen war dem Neubau ein zweistufiger
Gesamtleistungswettbewerb, den die Arbeitsgemeinschaft
„HandinHand", bestehend aus BAM Swiss/ BAM Deutschland, Marti
Totalunternehmung, Wörner Traxler Richter Planungsgesellschaft
sowie Holzer Kobler Architekturen, für sich endscheiden konnte. Das
Gewinnerprojekt überzeugte die Jury durch seine subtile
städtebauliche Haltung, die effiziente bauliche Organisation und
die hohe Flexibilität der Raumstruktur, die auf einen langjährigen
und möglichst wirtschaftlichen Betrieb ausgelegt ist.
Gallerie
Auftakt für neues Quartier Westfeld
Der Neubau entstand auf einem 22.000 Quadratmeter großen Teilstück
des Klinikgeländes. Als Karrée angeordnet, wird ein großzügiger,
begrünter Innenhof umschlossen. Das Gebäude umfasst auf fünf
oberirdischen Geschossen den stationären Pflegebereich mit allen
diagnostischen Einrichtungen sowie eine Tagesklinik, eine
Arztpraxis und verschiedene ambulante Dienstleister. Die
Universitäre Altersmedizin Felix Platter bietet Platz für 280
stationäre Betten in 176 Patientenzimmern. Auch eine Cafeteria für
die Patienten sowie eine lichrdurchflutete Kantine für die 800
Mitarbeiter fanden ausreichend Fläche.
Der mit dem Umzug frei gewordene, frühere Bau von 1967 ist nun
der Kern des neuen Quartiers „Westfeld“ und wird im Zuge einer
Umnutzung 130 der über 500 geplanten Wohnungen berherbergen. Hinzu
kommen über 35.000 Quadratmeter Neubauflächen auf dem
Areal.
Viel Tageslichteinfall
Der neue Krankenhausbau wurde als Stahlbetonkonstruktion mit einer
vorgehängten hinterlüfteten Fassade realisiert, die mit
verschiedenen Putzen in der Fläche strukturiert wird. Tiefe
Einschnitte im Baukörper an jeder der vier Fassaden sowie zwei
Lichthöfe zusätzlich zum Innenhof lassen den Komplex erstens in
seiner städtebaulich weniger massiv wirken und zweitens viel
Tageslicht in die Räume einfallen. Charakteristisch sind neben der
hellen Putzfassade die großen Fenster mit den metallenen Faschen.
Sie verleihen dem monolithisch wirkenden Gebäude eine hohe
Transparenz – ohne den Patientenzimmern die gewünschte Intimität zu
nehmen. Lichte, helle Räume sind überdies gut für ältere Menschen,
auf die die Klinik ausgerichtet ist: Der natürliche Tagesrhythmus
lässt sich mit Tageslicht unterstützen, wodurch der Einsatz von
Schlafmitteln nachweislich sinkt. Demente oder depressive Patienten
hohen Alters reagieren darüber hinaus äußerst positiv auf
Tageslicht und natürlich beleuchtete Räume.
Modellbasierte Prozessoptimierung
Die internen Abläufe der Klinik, beginnend am nördlichen
Haupteingang in der Burgfeldstrasse an der Anmeldung oder der
Liegendvorfahrt, wurden im Vorfeld modellbasiert analysiert und
stetig optimiert. Die gesamten Prozesse im Gebäudeinneren konnten
so bereits vor Baubeginn detailliert durchgespielt und angepasst
werden. Das erleichterte später eine schnelle und möglichst
reibungslose Inbetriebnahme. Nach nur sechs Jahren Planungs- und
Bauzeit konnte das Gebäude übergeben werden – Projekte dieser
Größenordnung benötigen normalerweise die doppelte Planungs- und
Bauzeit.
Früh auf BIM
gesetzt
Bereits mit dem Wettbewerb war der Einsatz einer modellbasierten
BIM-Planung gefordert. Voraussetzung dafür war die frühe
Erarbeitung der AIA
und eines umfassenden BAP.
Das Gebäudemodell begleitete die eingebundenen Architekten und
Fachplaner über die gesamte Bauzeit und ist heute die Grundlage des
FM-Übergabemodells für den Klinikbetrieb. Eine umfassende Attribuierung
der Elemente erfolgte mit dem Architekturmodell des Planerteams.
Bis zu 100 verschiedene Elementattribute waren hier hinterlegt.
Die Gesamtkoordination der Planung lag in den Händen des Totalunternehmers. Alle einzelnen Fachplanerinnen und -planer setzten einen BIM-Koordinator ein, um das spezifische Fachmodell zu koordinieren, auf die Einhaltung der technischen Austauschstandards zu achten und notwendige Modellkorrekturen vorzunehmen. Der Totalunternehmer war verantwortlich für die anfangs im Zweiwochenrhythmus einberufenen Koordinierungssitzungen, bei denen die beteiligten Architekturschaffenden und Fachplanerinnen und Fachplaner zusammenkamen und den Planungsstand erörterten sowie die Modelle abglichen. Insgesamt arbeiteten sechs Architekturbüros und Fachplaner sowie der Totalunternehmer modellbasiert. Die Qualitätssicherung durch Modellprüfung erfolgte beim Totalunternehmer über einen Modelchecker, der Austausch von Anmerkungen zu Problempunkten in den Modellen via BCF.
Open BIM bei der Planung
Für den projektspezifischen Datenaustausch und die Kommunikation
kam eine cloudbasierte Projektplattform zum Einsatz. Das
Gesamtprojekt ist als BIG-BIM-Projekt der Architekten und der
Fachplaner Haustechnik, Elektrotechnik, Tragwerksplanung sowie
Medizintechnik realisiert. Es baut auf dem Open-BIM-Ansatz auf.
Sämtliche Gebäudedaten bei dem Neubau sind in einer Datenbank
zusammengeführt und wurden anschließend im FM-System genutzt.
Zeit, Mengen und Kosten stets im Griff
Für die Zeit- und Kostenplanung setzten die Projektpartner
ebenfalls auf BIM. Die Simulation des Bauablaufs erfolgte ebenso
wie die Massen- und Mengenermittlung für die Ausschreibung aus dem
Gebäudemodell. Für den Bauprozess unterteilten die Planer das
Modell in insgesamt neun Abschnitte, um so den Materialfluss und
die Anlieferung der Ausbaumaterialien zu steuern. Eine aufwendige
Materialhaltung vor Ort entfiel: Geliefert wurde nur, was sich in
einem zuvor bestimmten Zeitfenster verbauen ließ. Bestimmte
Produkte, beispielsweise die Türen, wurden außerdem mit QR-Codes
versehen, die den korrekten Einbau stets an der richtigen Stelle im
Gebäude ermöglichten.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit im Projekt
Der Neubau der Universitären Altersmedizin Felix Platter in Basel
ist ein bemerkenswertes Beispiel für einen konsequenten und
durchgängigen Einsatz der BIM-Methode im Krankenhausbau. Von der
Grundlagenermittlung mit der Erarbeitung der AIA und des BAP über
die Erstellung der Fachmodelle, die Kollaboration der Beteiligten
bis hin zur Nutzung der Gebäudeinformationen im Facility Management
ist es damit derzeit ein Pionierprojekt. Das Gebäude wurde mit
verschiedenen Preise und Würdigungen ausgezeichnet: mit dem
BIM-Award 2016 des BIM Cluster Stuttgart in der Kategorie Prozesse
und Organisation, mit dem buildingSMART
bSI Award 2016 in der Kategorie Operation und Maintenance und
mit dem Sonderpreis BIM beim Heinze Architekten Award 2019.
-tw
Bautafel
Architektur und Generalplanung: Wörner Traxler Richter Planungsgesellschaft, Frankfurt am Main; Holzer Kobler Architekturen, Zürich
Totalunternehmer: Arbeitsgemeinschaft ARGE BAM Swiss, Basel; BAM Deutschland, Stuttgart; Marti Generalunternehmung, Bern
Projektbeteiligte: Holzer Kobler Architekturen, Zürich (Objektplanung); Gruner, Basel (Tragwerksplanung); Vadea Engineering, Walliselen (Gebäudetechnik); enerpeak, Dübendorf (Elektrotechnik); Health Company, Dresden (Spitalplanung); club L94 Landschaftsarchitekten, Köln (Landschaftsarchitektur) BAM Deutschland, Stuttgart (BIM-Koordination); BAM Immobilien Dienstleistungen, Stuttgart (Facility Management); Arbeitsgemeinschaft BAM Swiss, Basel; BAM Deutschland, Stuttgart; Marti Generalunternehmung, Bern (Totalunternehmer)
Bauherrschaft: Universitäre Altersmedizin Felix Plattner, Basel
Standort: Burgfelderstraße 101, 4055 Basel, Schweiz
Fertigstellung: 2018
Bildnachweis: Frank Blümler, Frankfurt am Main; Wörner Traxler Richter, Frankfurt am Main
Baunetz Architekten
Fachwissen zum Thema
Baunetz Wissen BIM sponsored by:
ComputerWorks GmbH | www.computerworks.de | www.vectorworks.de