Bürogebäude H7 in Münster
Modellorientierte Logistikplanung für Holzhybridbau
Auf einem schmalen Grundstück am südlichen Ufer des Stadthafens in Münster erhebt sich ein in der Höhe gestaffeltes, siebengeschossiges Büro- und Verwaltungsgebäude. Der von Andreas Heupel Architekten entworfene Holzhybridbau trägt den Namen H7 und basiert auf einem Tragwerk aus Holz und Stahlbeton. Als höchster Bau dieser Art in Nordrhein-Westfalen erhielt er eine Anerkennung beim Deutschen Holzbaupreis 2017 und beim best architects18 award eine von zwölf Prämierungen in Gold.
Gallerie
Die gestufte Kubatur erzeugt ein markantes Erscheinungsbild. Mit
seinen verschieden hohen Dachterrassen fügt sich der Baukörper in
die heterogene Umgebung ein. Glasfassaden an den Stirnseiten im
Norden und Süden ermöglichen Ausblicke über das Wasser und das
Hafengelände; die Konstruktion ist hier klar ablesbar. An den
Längsseiten kamen grün glasierte, keramische Fassadenplatten mit
einem fein strukturierten Relief zum Einsatz. Die 135 x 50 cm
großen Keramikmodule in drei unterschiedlichen Grüntonen schaffen
ein lebendiges Fassadenbild mit je nach Tageslicht und Witterung
variierenden Lichtreflexionen.
Der Eingang an der westlichen Langseite führt unmittelbar in ein
zweigeschossiges Foyer mit dem angrenzendem zentralen
Erschließungskern. Auf sieben Geschossen stehen insgesamt 4.500
Quadratmeter Nutzfläche zur Verfügung, gegliedert in zwölf
Mieteinheiten. Im nördlichen Teil des Erdgeschosses sowie auf den
Etagen zwei und drei befindet sich der Verwaltungssitz eines
Biomarktes. Im südlichen Teil des Erdgeschosses ist Platz für eine
von allen Mietern nutzbare Seminarzone untergebracht. Die
Obergeschosse sind als Büroetagen ausgebildet.
Konstruktion und modellorientierte Logistikplanung
Unter- und Erdgeschoss des 26 Meter hohen Bürogebäudes bestehen aus Stahlbeton, ebenso der Erschließungs- und Versorgungskern. In den einzelnen Etagen wurden außerdem massive Stahlbetonstützen und -träger mit einer Spannweite von 8,10 Metern eingesetzt. Die Stahlbetonkonstruktion, die sich zentral im Gebäude über die gesamte Höhe erstreckt, wird durch Holzbetonverbunddecken auf sämtlichen Ebenen ergänzt. Unter die 5,89 x 2,68 m großen und 12 cm starken Stahlbetonplatten, die in unmittelbarer Nähe zur Baustelle gegossen wurden, sind knapp 6 m lange, weiß lasierte Fichtenholzbalken (24 x 26 cm) verschraubt. Die Holzbalken sorgen für die Abtragung der Zugkräfte, die Betonelemente nehmen die Druckkräfte auf.
Die Außenwände sind eine tragende Massivholzkonstruktion. Die vorgefertigten Elemente bestehen aus durchlaufenden Brettschichtholzstützen. Zwischen Außenwand und Mittelachse wurden die vorgefertigten Holz-Beton-Verbunddecken eingehängt. Die Decke wurde mit einem Ringbalken aus Ortbeton bis an die Vorderkante der Holzaußenwände geführt, um die Geschosse im Sinne des Brandschutzes konsequent voneinander zu trennen. Sämtliche tragende Bauteile aus Holz wurden um 63 mm stärker ausgeführt als statisch notwendig, damit sie einer theoretischen Branddauer von 90 Minuten standhalten. Die großformatigen Wandelemente wurden weiß lasiert und mit bereits eingebauten Fenstern angeliefert. Auch die Verbunddecken wurden in einer nah gelegenen Halle vorgefertigt, um dann termingerecht zur Baustelle gebracht zu werden.
Begrenzte Platzverhältnisse auf dem Baugrundstück erforderten
eine präzise Baustellenlogistik und eine zeitlich exakte
Produktion. Das mit der Herstellung und Montage von den
Wandelementen und Holz-Beton-Verbunddecken beauftragte Unternehmen
Brüninghoff setzte auf eine modellorientierte Logistik. Als
Grundlage diente die Gebäudemodellierung auf Grundlage von Building
Information Modeling (BIM). Hierbei wurden nicht nur auf Basis der
physikalischen und funktionalen Eigenschaften im Modell pro Bauteil
oder Bauteilgruppe verwaltet, sondern Bezug auf alle
projektrelevanten Daten genommen. Dazu gehörten beispielsweise die
Verweise auf Ressourcen, Prozesse, Kontakte und
Plandokumentationen. Auch der Status der einzelnen Bauteile ließ
sich permanent nachvollziehen. Das gesamte Gebäudemodell verfügte
sowohl über einen visualisierten als auch einen berechneten Teil-
und Gesamtstatus.
Das BIM-Tool der verwendeten Software ermöglichte das Einspielen
von 2D- und 3D- sowie nummerischen Daten in das Gebäudemodell. Für
die Terminplanung wurde eine andere Software benutzt, doch die von
der Projektleitung eingepflegten Daten wurden automatisch
übernommen und mit den dazugehörigen Bauteilen verknüpft. Auf diese
Weise ließen sich sowohl der Baufortschritt als auch die
eingesetzten Ressourcen während des gesamten Bauprozesses – von der
Werkplanung über die Produktion und Logistik bis hin zur Montage
auf der Baustelle – transparent überwachen und dokumentieren. Das
Arbeiten im BIM-Verfahren sowie die integrale Produktion bildeten
so die Grundpfeiler einer bauteilbezogenen Termin- und
Statusplanung.
Unter dem Gesichtspunkt der modellorientierten Logistiksteuerung trägt dieses Verfahren dazu bei, die Wege und Prozesse auf dem Weg zur Baustelle sowie das Arbeiten später vor Ort effizienter zu gestalten. Insbesondere bei hybriden Fertigteilen ist der Umgang mit transparenten und schnell verfügbaren Termininformationen ein nachhaltiges und effizientes Vorgehen.
Bautafel
Architekt: Andreas Heupel Architekten, Münster
Projektbeteiligte: Arup Deutschland, Berlin, Düsseldorf (Tragwerksplanung und Bauphysik), Ingenieurbüro Nordhorn, Münster (Planung Haustechnik); nees Ingenieure, Münster (Brandschutzplanung); Moeding Keramikfassaden, Marklkofen (Keramikfassade), Brüninghoff, Heiden (Holz-Beton-Verbunddecken und Wandelemente)
Bauherr: Desrad Immobilien, Münster
Fertigstellung: 2016
Standort: Am Mittelhafen 16, Münster
Bildnachweis: Christian Richters, Berlin, sowie Brüninghoff, Heiden