Ortbetonteile im Kreislauf
Über das Forschungsprojekt Abbau Aufbau
Das Bauen mit gebrauchten Fassadenbekleidungen, Fenstern und Türen ist mittlerweile weit verbreitet. Sogar für die Wiederverwendung von Betonfertigteilen gibt es in Deutschland und Nordeuropa bereits gebaute Beispiele. Anders sieht es bei Ortbetonbauwerken aus, die viel schwerer in Einzelteile zu zerlegen sind. Deren Wiederverwendung zu erleichtern, war von 2022 bis 2024 Forschungsgegenstand am Fachgebiet Konstruktives Entwerfen und Tragwerksplanung (KET) der Universität der Künste (UdK) in Berlin: Im Rahmen des Forschungsprojekts Abbau Aufbau entstanden Planungshilfen für die behutsame Entnahme von Stahlbetonelementen aus Bestandsgebäuden und ihren Wiedereinsatz in Neubauten. Im Folgeprojekt soll ein Versuchsbau errichtet werden.
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Von der Masterthesis zum BBSR-Projekt
Unzählige Ortbetonbauten bevölkern unsere Städte. Manchen von ihnen steht ein Abbruch bevor, obwohl Statikgutachten zeigen, dass ihre Stahlbetonkonstruktion noch völlig intakt ist. Um genau solche Gebäude ging es Christoph Henschel in seiner Masterarbeit an der UdK: Hier entwarf er eine Rückbauplanung für das Rathaus von Ahlen und setzte die 440 potenziell gewonnenen Betonteile anschließend zu einem neuen Wohngebäude zusammen (siehe Surftipps).
Gemeinsam mit dem Fachgebietsprofessor Christoph Gengnagel führte Christoph Henschel seine Untersuchungen in dem vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) geförderten Forschungsprojekt fort. Sie ermittelten das Einsparpotenzial hinsichtlich CO2-Emissionen und Primärressourcen, entwickelten ein digitales Tool für die Planung mit gebrauchten Stahlbetonelementen und erstellten einen Planungsleitfaden. Zuletzt bereiteten sie ein reales Abbau-Aufbau-Vorhaben vor.
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Digitales Planungstool
Neben der wissenschaftlichen Untersuchung lieferte das Forschungsprojekt unter anderem ein Softwaretool für die Softwarekombination Grasshopper/Rhino3D. Das digitale Tool soll die Zuschnittplanung des Bestandsgebäudes durch parametrische Variantenerstellung erleichtern, die Inventarisierung vereinfachen und die Anwendung der Elemente im Neubau durch automatisch generierte Bauteilkataloge unterstützen. Um die Anwendbarkeit und Relevanz des Tools sicherzustellen, bezogen die Forschenden Vertreter*innen von Planungsbüros ein. Schließlich wurde es als Grasshopper-Datei zusammen mit einem Handbuch und einem Anleitungsvideo auf der Projektwebsite veröffentlicht. Durch das Open-Source-Script können Interessierte das Tool weiterbearbeiten und Funktionen nach Bedarf ergänzen.
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Planungsleitfaden im PDF-Format
Die Forschungsarbeit mündete außerdem in ein Praxishandbuch (siehe Tipps zum Thema). In ihm wird systematisch durch die Projektphasen eines hypothetischen Bauvorhabens mit gebrauchten Stahlbetonelementen geführt, inklusive Hinweisen zu entwerferischen, konstruktiven und rechtlichen Themen. Es geht etwa um die Bestandsaufnahme beim Spendergebäude, die Erstellung eines Bauteilkatalogs, um logistische Fragen und um Planung, Ausschreibung und Ausführung. Dabei werden Unterschiede und Herausforderungen im Vergleich zum konventionellen Neubau sowie passende Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt. Auch das PDF-Handbuch kann kostenlos heruntergeladen werden (siehe Surftipps).
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Von der Hochschule ins Reallabor
Die erlangten theoretischen Grundlagen möchten die Forschenden nun bei einem Pilotprojekt anwenden und mit praktischen Erfahrungen vervollständigen. In Vorbereitung darauf begaben sie sich zunächst auf die Suche nach möglichen Rück- und Neubauvorhaben, die sich miteinander verbinden ließen. Im Herbst 2024 startet dann voraussichtlich das Folgeprojekt Reallabor Abbau Aufbau, in dessen Verlauf ein zum Abriss freigegebenes Spendergebäude in wiederverwendbare Stahlbetonelemente zerlegt wird und daraus an anderer Stelle ein real nutzbares Gebäude entstehen soll.
Fachwissen zum Thema
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