Hotel Badeschloss in Bad Gastein
Turm im Sandwichkleid
Geradezu sagenumwoben ist Bad Gastein. Heilsam soll das aus den Bergen sprudelnde Wasser sein, weshalb der Ort seit dem Mittelalter Kurgäste anlockt. Viele stattliche Hotels entstanden an den steilen, vom imposanten Alpenpanorama umgebenen Hängen. Einige stehen heute leer, nicht jedoch das Badeschloss: Bis 2023 wurde es unter Leitung von BWM Designers & Architects umfassend saniert und um einen Turm erweitert.
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Das Hotel befindet sich direkt am Gasteiner Wasserfall, der sich unter einer pittoresken Brücke schäumend in die felsige Schlucht ergießt. Zu dem zwischen 1791 und 1888 erbauten, denkmalgeschützten Ensemble gehört neben dem Badeschloss auch das Grand Hotel Straubinger und die Alte Post. Gemeinsam bilden sie die Kulisse des Straubingerplatzes.
Vor den Eingriffen stimmten sich die Architekt*innen mit dem Bundesdenkmalamt sowie mit der Gemeindeverwaltung ab. BWM haben nicht nur den rund 13.000 m² umfassenden Bestand restauriert und mit neuer Inneneinrichtung ausgestattet, sondern auch einen Erweiterungsbau entworfen. Hinter dem historischen Badeschloss ragt nun ein 35 Meter hoher Turm empor, grau und vielansichtig wie eine Basaltsäule. An der Fassade wechseln sich Betonflächen und raumhohe Verglasungen ab, teils mit französischen Balkonen. Der Rhythmus der Öffnungen ist von Geschoss zu Geschoss leicht unterschiedlich – das mächtige Turmvolumen scheint sich dadurch förmlich aufzulösen.
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Urlaub mit Aussicht
Aufgrund des steilen, felsigen Untergrunds sind Bestand und Neubau hauptsächlich im 1. Obergeschoss miteinander verbunden. Hier teilen sie sich eine weitläufige Lounge und eine Großküche, die aus dem Erdgeschoss des Turms beliefert wird. Der Grundriss der zwölf weiteren Ebenen ist neuneckig, mit an der Fassade liegenden Zimmern und einem rechteckigen Erschließungs- und Technikkern in der Mitte. Zur Turmspitze hin wurden mit Rücksprüngen und Einschnitten teils offene, teils überdachte Terrassen geschaffen. Durch die polygonale Form können alle Gäste den Blick auf die Berglandschaft genießen. Noch besser ist die Aussicht nur auf dem Dach, wo sich der Infinity-Pool des dreigeschossigen Rooftop-Spas befindet.
In den Hotelzimmern erzeugen türkise Fliesen, gelbe und orange Akzente, Blockstreifen und weiße, luftige Vorhänge Sommergefühle und Badelust. Etwas gesetzter sind die Farben im Restaurant und in der Lounge. Hier treten die neuen, leichtfüßigen Bänke und rundlichen Sessel in Kontrast zu Stuck und opulenten Kronleuchtern.
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Beton: Wände mit System
Um den Turm an dieser beengten Stelle zu errichten, griff man auf ein Bausystem mit Betonfertigteilen zurück. Die Sandwichelemente der Fassade bestehen aus zwei Stahlbetonscheiben, außen 5 cm und innen 6 cm stark, die wärmebrückenfrei mit glasfaserverstärkten Kunststoffstäben verbunden sind. Auf der Rückseite der nichttragenden Außenschale befindet sich eine Polyurethan-Schicht. Die tragende Innenschale ist rückseitig mit Gitterträgern verbunden, die auf der Baustelle an die Bewehrung der Boden- und Deckenplatten angeschlossen wurden. Anschließend wurde der Hohlraum zwischen Dämmung und Innenschale mit Ortbeton aufgefüllt. Er half zugleich, die offenen Stöße zu schließen. Durch die polygonalen Grundrisse treffen die Wände nämlich in Winkeln von 120 bis 155 Grad aufeinander.
Ganz ähnlich aufgebaut sind auch die Innenwände, ihnen fehlt allerdings die Dämmschicht. Die Elementdecken wiederum erreichten die Baustelle als einzelne, wenige Zentimeter starke Scheiben mit eingebauter Längsbewehrung und oberseitig vormontierten Gitterträgern. Auf ihnen brachten die Bauarbeitenden erst eine weitere Bewehrungslage auf, bevor sie die Scheiben aufbetonierten. Mit dem Aushärten des Ortbetons ergaben statisch monolithische Wand- und Deckensysteme.
Bautafel
Architektur: BWM Designers & Architects, Wien
Projektbeteiligte: BWM Designers & Architects, Wien (Generalplaner/Interior Design); moodley brand identity (Markenstrategie und Branding); zweiarchitekten (Ausführungsplanung, PL Generalplanerteam); edelmueller.architektur.management (ÖBA); Gschwandtl & Lindlbauer (Tragwerksplanung); Ingenieurbüro Lothar Mayer (TGA); TAS Bauphysik (Bauphysik); Norbert Rabl Ziviltechniker (Brandschutz); Lackinger BauKO (BauKG); EIDOS Architektur (Bauhistorisches Gutachten); Gernot Fleischmann (Vermesser); Simma Zimmermann Landschaftsarchitektinnen (Landschaftsplanung); Baysics, Georges Desrues (F&B Beratung); Pokorny Lichtarchitektur (Lichtplanung); Gabriele Bruner (Teppichdesign/Mitarbeit Leitsystem); Atelier Peter Weisz mit BWM Designers & Architects (Interior Styling Konzept); BWM in Kooperation mit Andrea von Goetz von Schwanenfliess (Kunstkonzept); Progress, Brixen / Green Code, Frankfurt am Main (Hersteller Betonfertigteile)
Bauherr*in: Straubingerplatz Immobilien (Hirmer Immobilien)
Fertigstellung: 2023
Standort: Straubingerplatz 2-4, 5640 Bad Gastein, Österreich
Bildnachweis: Arne Nagel, AMOA (Fotos); BWM Designers & Architects (Pläne)
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