Clubhaus für den TC IJburg in Amsterdam
Doppelt gekrümmte Ortbetonschale als Dach und Tribüne
Auf sechs künstlich aufgeschütteten Inseln entsteht seit Ende der 1990er-Jahre der neue Stadtteil IJburg im Osten Amsterdams. Rund 16.000 Menschen leben mittlerweile hier, weitere 30.000 sollen noch kommen. Sportlich betätigen können sie sich unter anderem im Tennisclub IJburg. Der hat jetzt ein Clubhaus erhalten, das nicht nur den Tennisspielern des Vereins, sondern allen Bewohnern des neuen Stadtviertels offen steht. Es befindet sich auf der kleinen Insel Rieteiland-Oost zwischen der bereits bebauten Insel Haveneiland und dem Naturpark Diemerpark. Geplant wurde es von MVRDV Architekten aus Rotterdam.
Gallerie
Die Architekten schufen ein lang gezogenes Bauwerk in sattem
Rot, das mit seiner doppelt gekrümmten Dachschale ein wenig an ein
Sofa erinnert und daher den Namen Couch erhielt. Es bietet
Raum für die Gemeinschaft und dient gleichzeitig als
Aussichtspunkt. An seinen beiden Enden befinden sich die Umkleiden,
eine Küche, Lagerräume und die WCs. Dazwischen sitzt ein
multifunktionaler Aufenthaltsraum, der für Veranstaltungen aller
Art genutzt werden kann. Dominiert wird er durch die extreme
Verformung des Daches, das im Süden, zu den Tennisplätzen hin,
beinahe den Boden berührt, während es sich auf der Nordseite sieben
Meter in die Höhe erhebt. Die Fassade darunter ist verglast und
lenkt so den Blick zur Landschaft und den nahen IJ-See. Auf der
Südseite ist das Dach als Tribüne ausgebildet, von der aus sich die
Tennisplätze überblicken lassen. Sitzstufen, die über eine
integrierte kleine Treppe erreicht werden, gliedern die gewölbte
Fläche. Um den Bau in seiner Wirkung nicht zu beeinträchtigen,
wurden zur Absturzsicherung Glasbrüstungen gewählt.
Im Gegensatz zur durchgehend roten Gebäudehülle aus Beton ist das Innere vollständig mit Lärchenholz ausgekleidet. In verschiedenen Ausführungen und Formaten bedeckt es Boden, Wände und die Dachunterseite. Das natürliche Material verbreitet eine angenehm wohnliche Atmosphäre und verweist zudem auf den Herstellungsprozess des Clubhauses, bei dem Holz eine wesentliche Rolle spielte (siehe unten). Die imposante Dachform dagegen sorgt für Spannung und teilt den großen Multifunktionsraum in unterschiedliche Bereiche.
Beton
Planung und Ausführung der doppelt gekrümmten
Dachschale, die darüber hinaus als Tribüne genutzt werden sollte,
war eine große Herausforderung für Statiker und Bauunternehmen. Die
Dachkonstruktion musste auf große, dynamische Lasten unter
Berücksichtigung der Vibrationen und möglichen Verformungen
berechnet werden. Die Planer entschieden sich dafür, das Dach in
vier Abschnitten vor Ort zu betonieren. Als tragende Bauteile
wirken die beiden Gebäudeenden sowie die Fassadenstützen.
Die Schalung fertigte die Baufirma aus Holz.
Ausgehend von einer Mittelachse, die von einer Art Firstbalken
geformt wurde, verlegte man Kanthölzer in verschiedenen Neigungen
entsprechend des gewünschten Verlaufs der doppelt gekrümmten
Schale. Den Dachrand simulierten dabei Schablonen aus Holz. Auf die
Kanthölzer kam dann die Lattung, die den Dachverlauf genau
vorzeichnete, und schließlich die Schaltafeln, auf denen in
Längsrichtung Holzlatten fixiert wurden. Nach der Betonage dienten
sie zur Befestigung der abgehängten Holzdecke im
Gebäudeinneren.
Auf der Oberseite der fertigen Betonschale montierten die
Bauarbeiter die Treppen sowie die Sitzstufen für die Tribüne aus
vorgefertigten Schalelementen aus Holz; den Hohlraum zwischen Beton
und Holztribüne füllten sie mit einer Dämmung aus expandiertem
Polystyrol (EPS). Abschließend wurde der komplette Bau mit einer
Flüssigabdichtung aus Ethylen-Propylen-Terpolymer-Kautschuk (EPDM)
versehen. Sie wurde in einem Rotton eingefärbt, der sich am
Bodenbelag der Tennisplätze orientiert, und auf alle Wand- und
Dachflächen gespritzt. Die hochelastische Beschichtung macht das
Gebäude wasserdicht und begehbare Oberfläche rutschhemmend.
-chi
Bautafel
Architekten: MVRDV, Rotterdam
Projektbeteiligte: Studio Bouwhaven, Barendrecht (Co-Architekten); ABT, Velp (Tragwerksplanung), Romijn Bouw, Kockengen (Bauunternehmen)
Bauherr: TC IJburg, Amsterdam
Standort: Zandzeggestraat 1, 1087 SC Amsterdam
Fertigstellung: 2015
Bildnachweis: Daria Scagliola & Stijn Brakkee, Rotterdam; MVRDV und Romijn Bouw, Kockengen
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