Laborgebäude Damesalen der Universität Kopenhagen

Aufstockung mit multifunktionalen Glasmodulen

Die Universität Kopenhagen ist die älteste Hochschule Dänemarks, und gemessen an den Studentenzahlen die zweitgrößte des Landes. Die verschiedenen Fakultäten sind über die ganze Stadt verteilt, wobei der Nørre Campus (Nordcampus), wie der Name besagt, im nördlichen Teil der Metropole liegt und kontinuierlich zu einer internationalen „Science City“ weiterentwickelt wird. Neben den Fachbereichen für Naturwissenschaften, Gesundheit und Medizin befindet sich hier auch das Institut für Sportwissenschaften und Ernährung. Für dieses Institut schufen Mikkelsen Architekten aus Kopenhagen dringend benötigte Räumlichkeiten, indem sie einen zweigeschossigen Flachbau um ein gläsernes Dachgeschoss aufstockten. Der Bestand aus den 1920er-Jahren gehört zu einem dreiflügeligen Gebäudekomplex nach Plänen von Carl Brummer (1864-1953).

Gallerie

Der Komplex wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach erweitert: In den späten 1930er-Jahren füllte Edvard Thomsen den Freiraum zwischen den beiden Seitenflügeln mit einem Hallenbad, 1996 wurde ein Tanzsaal mit einem großen Zinkwalmdach an der Südseite hinzugefügt. Mit der vertikalen Erweiterung des nördlichen Seitenflügels – des sogenannten Damesalen (Damensaal) – wird die Symmetrie des Gebäudeensembles wiederhergestellt. Von der neoklassischen Ziegelfassade des Bestandsgebäudes ist der aufgesetzte Glaskörper durch eine Fuge getrennt. Die Aufstockung bietet Platz für Lehr- und Seminarräume. Mit Arbeitsplätzen nach Norden, Osten und Westen auf einer Fläche von ca. 400 Quadratmetern ermöglicht der schlicht rechteckige Grundriss deren optimale Anordnung und Belichtung durch offene, transparente Fassaden. Die Funktions- und Erschließungsbereiche wurden im Süden platziert, hinter geschlossenen, gut gedämmten Fassadenelementen. Wichtig war den Architekten eine ausreichende Versorgung der Büros, Labor- und Lehreinrichtungen mit blendfreiem Tageslicht und eine starke Sichtverbindung zum Außenraum, weshalb die Glasfassaden ohne geschlossene Brüstungselemente ausgeführt wurden.

Bauphysik
Die klimatischen Bedingungen im Norden Europas stellen besondere Anforderungen an die Wärmedämmung. Die dänische Bauordnung legt deshalb die Anforderungen an die Energieeffizienz eines Gebäudes in Form eines sogenannten Energierahmens fest, welcher anhand eines Gebäudeenergieleistungsmodells überprüft wird. Traditionell wird hier die Fassade in konventionelle Massivwände einerseits und Fenster andererseits eingeteilt. Die Konsequenz aus diesen Leistungsbewertungen und Modellrechnungen sind zunehmend dicke Wärmedämmungen und Fassaden sowie kleinere Fensterflächen, die hinter immer stärkeren Laibungen einen „Schießscharten-Effekt“ bewirken. Für die Aufstockung des Damesalen setzten Mikkelsen Architekten einer Massivwandkonstruktion von fast einem halben Meter Stärke eine speziell entwickelte, dreifachverglaste Fassade in einer Gesamtstärke von gerade einmal 78 mm entgegen – anders ließen sich die Vorstellungen von Bauherr und Architekten in Bezug auf Tageslichteintrag, Ein- und Ausblicke, Schutz vor übermäßiger Sonneneinstrahlung (Blend- und Hitzeschutz) sowie der geforderte Wärmeschutz kaum realisieren.

Die Glasfassade wurde gemeinsam mit dem Hersteller entwickelt. Sie ist funktionsabhängig aus verschiedenen Modulen zusammengestellt: Die Dreischeibenverglasung der Fassadenelemente ist mit unterschiedlichen Einsätzen versehen. So ließ sich ein möglichst homogenes Erscheinungsbild erzielen und eine kleinteilige Gestaltung vermeiden. Zur Festlegung der Module half eine Simulation der jahres- und tageszeitlichen Sonnenstände für die verschiedenen Nutzungsbereiche samt individuellen Anforderungen. Das Ergebnis waren drei Modultypen: Obere Verglasungen, die Tageslicht in die Tiefe der Lehrräume streuen, schattenspendende Module sowie vollständig transparente Elemente, die einen ungefilterten Außenbezug herstellen. Die in der oberen Zone angeordneten Isoliergläser mit Kapillareinlage streuen Tageslicht tief in den Raum und bieten zugleich sehr guten Sonnen- und Blendschutz. Sie haben eine hohe Dämmwirkung (Ug-Wert von 0,7 W/m²K) und ermöglichen dank der transparenten Röhrchen der Kapillareinlage partielle Durchsicht. Module mit Metallgewebeeinlage sorgen für guten Sonnen- und Blendschutz, erlauben aber Durchsicht nach außen. Tagsüber verleihen sie der Gebäudehülle einen besonderen Glanz und lassen die Fassade im Sonnenlicht metallisch schimmern. Bei Nutzung von Kunstlicht erlauben sie bei Nacht tiefe Einblicke ins Gebäude. Mit einem Ug-Wert von 0,3 W/m²K erreichen sie ähnliche Dämmwerte wie Massivwände – allerdings bei deutlich schlankerem Aufbau.

Die Verglasungen wurden am Computer modelliert und ihre Wärmeübertragung unter Berücksichtigung der Randdetails und Rahmen bestimmt. Es handelt sich um leistungsfähige Rahmenverbindungen (s. Abb. 17) sowie beschichtete, mit Argon gefüllte Isolierverglasungseinheiten. Nachdem die verschiedenen Elemente der Fassade charakterisiert waren, wurde die gesamte Fassadenleistung durch Berechnung der flächengewichteten Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Werte) bewertet. Ein vereinfachtes Modell wurde für die solaren Transmissionseigenschaften der transluzenten und durchsichtigen Bereiche angewendet. Die differenzierten Module der Glasfassade bleiben innen wie außen ablesbar.

Bautafel

Architekten: Mikkelsen Arkitekter, Kopenhagen
Projektbeteiligte:
Karin Højsgaard, Louise Astrup Schröder, Lars Lindegaard, Jeanne Tofteng, Jan Philip Holm, Stig Mikkelsen (Mitarbeiter Architekturbüro); EKJ Rådgivende Ingeniører AS (Tragwerksplanung); Juul & Nielsen (Generalunternehmer); Okalux, Marktheidenfeld (Glasfassade)
Bauherr:
Dänisches Staatsbauamt, Valby
Fertigstellung:
2017
Standort:
Nørre Allé 51, 2200 Kopenhagen, Dänemark
Bildnachweis: Søren Aagaard, Mikkelsen Arkitekter

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