Hauswände statt Leinwände
Berliner Wandbilder
Selbstverlag von Norbert Martins, Berlin 2012
1. Auflage, 144 Seiten, über 300 farbige Fotografien, Hardcover
Preis: 29,90 EUR
ISBN 978-3-00-038596-4
Seit der Steinzeit bemalen Menschen Wände mit den
unterschiedlichsten Motiven. Galten Wandbilder um 1900 noch als
Ausdruck des Repräsentationswillens der bürgerlichen Klasse, sind
die Gründe für ihre Erstellung heute weitaus vielfältiger: Mal sind
sie politisch motiviert, mal rein dekorativ, andere erzählen
fantasievolle Geschichten oder täuschen etwas vor, was es nicht
gibt. In Berlin findet sich die ganze Bandbreite. Hunderte von
Wandbildern zieren Straßenfassaden, ehemals triste Brand- bzw.
Giebelwände und tragen damit zur Belebung und häufig auch zur
Aufwertung des städtischen Gesamtbildes bei.
In seinem Buch Hauswände statt Leinwände stellt Norbert
Martins eine Auswahl der rund 700 Wandbilder vor, die in den
letzten 40 Jahren im Berliner Stadtgebiet entstanden sind –
darunter auch solche, die schon wieder verschwunden sind.
Angefangen mit dem Weltbaum I – Grün ist das Leben, das der
Künstler Ben Wagin 1975 nahe des S-Bahnhofes Tiergarten schuf, über
den Kuhuunst-Giebel von Sergej Alexander Dott, das nur im
Jahr 2000 den Giebel des Hauses Kollwitzstraße 28 in Mitte
schmückte, bis hin zur umgestalteten Fassade des Berliner
Bierpinsels in Zehlendorf durch die vier Street-Art-Künstler
Sozyone, Honet, Flying Förtress und Craig Costello aus dem Jahr
2010.
Übersichtlich nach den zwölf Berliner Bezirken sortiert, wird jedes
Werk anhand schöner Farbfotografien dargestellt. Der Leser erfährt
den Titel, den Namen des Künstlers, die Entstehungszeit und den
genauen Standort. Einige kurze, aber fundierte Texte liefern
Hintergrundinformationen u.a. zu Motiven und den Umständen, die ein
Wandbild haben entstehen lassen. Beim Durchschauen des Buches wird
deutlich, wie vielseitig die Techniken sind, mit denen die Künstler
arbeiten. Neben der direkten Malereien mit Pinsel oder Malerrolle,
verwenden sie Schablonenbilder oder Papierapplikationen, andere
arbeiten mit Sgraffito (Kratzputz) oder Spraygraffiti. Wird ein
Wandbild von den Bewohnern des Stadtteils für gelungen gehalten,
bleibt es oft lange erhalten und kann sich sogar zu einem wahren
Touristen-Magneten entwickeln. Findet es dagegen keine Freunde,
verschwindet es meistens recht schnell wieder.
Mit seinen schönen Fotos macht das Buch Lust, sich die farbenfrohen
Wandbilder im Original anzuschauen. Wer außerdem die dazugehörige
Geschichte erfahren will, der kann an Führungen teilnehmen, die
Autor Norbert Martins in regelmäßigen Abständen anbietet.