Musikerwohnhaus in Basel/CH
Ungestörtes Musizieren in einem ehemaligen Fabrikgebäude
Im Basler St. Johann Quartier entstand in einer ehemaligen
Fabrik neuer Lebens- und Arbeitsraum für Musiker. Die Schweizer
Stiftung Habitat hat sich zum Ziel gesetzt bezahlbaren Wohnraum für
Menschen mit besonderen Bedürfnissen zu schaffen – für ältere
Menschen, Alleinerziehende, Menschen mit Behinderung, für Musiker –
und sanierte mehrere Häuser des Quartiers. Meist können Musiker in
Mietwohnungen nicht zu jeder Tages- und Nachtzeit proben. Im neuen
Musikerwohnhaus von Buol & Zünd Architekten gibt es speziell
schallgedämpfte Übungs- und Unterrichtsräume, so können die
Musizierenden jederzeit ungestört üben und spielen, ohne die
Nachbarn zu stören.
Gallerie
Zwischen 1901 und 1903 wurden die Gebäude der Fabrik Levy Fils
erbaut. Bis 2005 produzierte die Firma hier die Levy-Stecker,
Steckdosen und Lichtschalter, die in den 1950er Jahren als ein
Beispiel für solides Alltagsdesign galten. In dem viergeschossigen
Haus an der Lothringerstraße befanden sich zwei Wohnungen, Büros
und die Fabrikationshalle. Die hier integrierte dreigeschossige
Fabrikantenvilla ist zwar im Grundriss, aber nicht an der Fassade,
ablesbar. An die rückwärtige Fassade schlossen im Hinterhof eine
zweigeschossige Lagerhalle und mehrere kleinere eingeschossige
Gebäude an, die zur ehemaligen Spedition gehörten. Nach dem
Umbau gibt
es nun 13 verschieden geschnittene Wohneinheiten und das heterogene
Konglomerat von funktionalen Gebäuden ist zu einer Einheit
zusammengebunden.
Sanierung/Modernisierung
Die Bewohner und Besucher des Musikerwohnhauses können die Anlage
von zwei Seiten erschließen – von Osten über eine
großzügige Eingangshalle in der ehemaligen Fabrikantenvilla und von
Westen über den Hof. Im Erdgeschoss des Vorderhauses liegen vier
Übungsräume und ein Tonstudio, die auch extern nutzbar sind. Das
Wohnungsangebot der Anlage ist vielfältig und individuell auf die
unterschiedlichen Bedürfnissen angepasst: Etagenwohnungen mit drei
Zimmern, Maisonetten bis zu sieben Zimmern, Wohngemeinschaften für
je sieben Bewohner und Einraum-Appartements für Gäste. Jeder
Wohneinheit ist ein Musikraum zugeordnet, der bis 65 Dezibel
schallgedämmt und durch einen separaten Eingang auch für
Unterrichtszwecke genutzt werden kann. Zwei Höfe belichten die
Räume im Erdgeschoss und lockern die gesamte Struktur auf. Eine
öffentliche Kantine mit angrenzendem Kinderspielhaus und ein
Mehrzweckraum ergänzen das Angebot für die Bewohner des
Musikerwohnhauses und des umgebenden Quartiers.
Ungestörtes Musizieren soll in dem Gebäudekomplex überall möglich
sein, deshalb schenkten die Architekten der Schallisolierung
besondere Aufmerksamkeit. Die Musikzimmer wurden unabhängig von den
Wohnungen isoliert. Ein zweischichtiger Wandaufbau, doppelte
Fenster – Raum-in-Raum-Prinzip – und Vorhänge, die sich auf drei
Seiten rundum ziehen lassen, ermöglichen die Schallabsorption und
verändern je nach Bedarf die Akustik. Konstruktive und
bauphysikalische Schichten sind klar von einander getrennt, sodass
der neue und der alte Aufbau des Gebäudes sichtbar ist.
Die Architekten behandelten die vorhandenen Gebäudetypologien
jeweils unterschiedlich: Im Vorderhaus wurde Bestehendes weiter-
und umgebaut bzw. saniert. In der ehemaligen Lagerhalle folgt die
neue Raumaufteilung dem bestehenden Raster der hundertjährigen
Holzbalken-Tragstruktur. Eine außen liegende Betonstruktur ergänzt
die Tragelemente. Sie erinnert in Abmessung und Anordnung an die
alte hölzerne Struktur und ermöglicht eine neue Fassade, die
entweder mit Leichtbetonsteinen oder mit Glasscheiben ausgefacht
ist.
Bautafel
Architekt: Buol & Zünd Architekten, Basel/CH
Projektbeteiligte: Mathys + Eigenmann, Muttenz/CH (Bauleitung); Sprenger + Partner, Arlesheim/CH (Bauingenieur); Westpol, Basel/CH (Landschaftsarchitektur); Gartenmann Engineering, Basel/CH (Bauphysik); Ingenieurbüro Stefan Graf, Basel/CH (HLKK); Martin Lienhard, Langenbruck/CH (Akustik)
Bauherr: Stiftung Habitat, Basel
Fertigstellung: 2010
Standort: Lothringerstraße 165, 4056 Basel/CH
Bildnachweis: Michael Fritschi, Basel/CH; Walter Mair, Zürich; Buol & Zünd Architekten, Basel/CH