Oldtimer-Tankstelle Brandshof in Hamburg

Restaurierung einer denkmalgeschützten Tankstelle aus den 1950er Jahren

Flankiert von einer betonierten S-Bahn-Brücke und dem Billhorner Röhrendamm liegt die ehemalige Großtankstelle Brandshof in einer industriell geprägten Gegend im Hamburger Stadtteil Rothenburgsort. Der ursprüngliche Charakter des Bauwerks aus der Nachkriegszeit, das 1954 mit sieben Zapfsäulen eröffnet wurde, stammt von den Architekten Wilhelm Mastiaux und Ulrich Rummel. Im Gegensatz zu den zahlreichen standardisierten Tankstellen, die zu dieser Zeit entstanden, strahlte das Gebäude mit seiner weißen Fliesenfassade und dem weit auskragenden Flachdach von jeher den zeittypischen Charme aus, der individuell entworfenen Bauwerken der 1950er Jahre zu eigen ist.

Gallerie

Das Schicksal des heute denkmalgeschützten Gebäudes war jedoch zwischenzeitlich immer wieder von Unsicherheiten geprägt. Zehn Jahre nach der Errichtung wurde die Führung der für die Frequentierung der Tankstelle günstigen Durchfahrtstraße geändert, sodass das Grundstück plötzlich in einer Sackgasse lag. 1983 musste dann für den Bau der benachbarten S-Bahn-Hochbrücke der Grundwasserspiegel abgesenkt werden, wodurch die bisher unterirdisch gelagerten Benzintanks aus Sicherheitsgründen zwangsläufig ausgebaut wurden. Fortan ließ sich die Tankstelle nur noch als Werkstatt nutzen. Schließlich stand sie lange leer und war zunehmend vom Verfall bedroht. Zu diesem Zeitpunkt waren vielerorts zahlreiche dieser ehemaligen Tankgebäude bereits abgerissen, da sie dem gestiegenen Standard nicht mehr entsprachen. 2010 wurde das Gebäude als anschauliches Zeugnis der Hamburger Verkehrsgeschichte in die Denkmalliste eingetragen. Heute dient die Tankstelle als Oldtimer-Werkstatt und wurde mit großem Engagement durch die jetzigen Betreiber Jann de Boer und Alex Piatschek in Zusammenarbeit mit dessen Vater, dem Architekten Michael Piatscheck, instandgesetzt.

Sanierung und Modernisierung
Der Bauherren Liebe zu alten Autos ist es zu verdanken, dass das Gebäude originalgetreu restauriert und damit sein kultureller Wert erhalten werden konnte. Die heutige Nutzung – eine Werkstatt für Oldtimer, eine Kfz-Prüfstelle und ein Bistro – ließ sich passend in die vorhandenen 290 m² umfassenden Räumlichkeiten integrieren, ohne die ursprüngliche Gestaltung des Gebäudes zu verändern. Auch das schlanke Flachdach, welches zu allen Seiten auskragt und im einstigen Bereich der Zapfsäulen auf einer schlanken Stütze ruht, konnte erhalten werden.

Die Sanierung des stark verfallenen Tankstellengebäudes nahm insgesamt mehr als ein Jahr in Anspruch. Die gebogene Verglasung musste durch eine Sonderkonstruktion mit Isolierverglasung ersetzt und das dünne Dach gedämmt werden. Um die filigrane Ansicht des Daches zu bewahren, erhielt die Dämmung eine leichte Neigung, die am Dachrand nur noch wenig aufträgt. Zahlreiche Fliesen der Fassade waren zu restaurieren, die historischen Fassadenmuster wieder herzustellen. Selbst Teile des originalen Mobiliars, einschließlich eines Telefons mit Wählscheibe, sowie die umlaufenden Neonlichtbänder im Dachbereich konnten neu belebt werden. Die ehemalige Wagenhalle wurde so umgebaut, dass sie sich auch für Ausstellungen oder Feiern für Oldtimer-Fans nutzen lässt, die hier an Wochenenden zu bundesweiten Treffen zusammen kommen. Die damals ausgebauten Tanks ließen sich bisher nicht wieder einbauen, sodass Liebhaber ihre Autos zwar reparieren lassen, aber bis heute nicht betanken können.

Nach Abschluss der Sanierungsarbeiten wurde das verkehrshistorische Gebäude vom Staatsrat der Kulturbehörde und der Landesinnung der Gebäudereiniger mit dem Hamburger Fassadenpreis 2012 ausgezeichnet.

Bautafel

Architekt: Michael Piatscheck, Hamburg (Sanierung); Wilhelm Mastiaux und Ulrich Rummel (Bestand)
Projektbeteiligte: Albert Schett, Denkmalschutzamt Hamburg (Denkmalpflegerische Beratung); Glaserei Mecker, Hamburg (Isolierverglasungen); Hans Kuretzky Keramik, Borstorf (Sonderanfertigung und Restaurierung Baukeramik/Fliesen); Jäger Spezial-Dämmstoffe, Lüttow-Valluhn (Dachdämmung)
Bauherr: Piatscheck & de Boer, Hamburg
Fertigstellung: 2011
Standort: Billhorner Röhrendamm 4, 20539 Hamburg-Rothenburgsort
Bildnachweis: D. Haas-Arndt, Hannover

Fachwissen zum Thema

Erhaltenswertes Erscheinungsbild

Erhaltenswertes Erscheinungsbild

Sanierung/​Denkmalschutz

Denkmalschutz und Altbaumodernisierung

Die bauliche Denkmalpflege wird durch Gesetze der Bundesländer geregelt, die meist als Reaktion auf die unsensible Stadterneuerung...

Zwischen 1956 und 1958 entstand das Corbusierhaus Unité d’Habitation in Berlin Betonkonstruktion in klassischer Schottenbauweise mit Betondecken und tragenden Beton-Zwischenwänden, die als Fertigteile montiert wurden.

Zwischen 1956 und 1958 entstand das Corbusierhaus Unité d’Habitation in Berlin Betonkonstruktion in klassischer Schottenbauweise mit Betondecken und tragenden Beton-Zwischenwänden, die als Fertigteile montiert wurden.

Baualtersstufen

Nachkriegsbauten der 50er Jahre

Mehr noch als die 1920er-Jahre sind die 50er-Jahre geprägt durch Sparsamkeit, Materialknappheit und einfache Bauweisen. Bei den...

Sanierung/​Denkmalschutz

Städtebaulicher Denkmalschutz

Bau- und kulturhistorisch wertvolle Stadtkerne – über Einzeldenkmale, Ensembles, Straßen und Plätze hinaus – zu erhalten, ist das...

Bauwerke zum Thema

Nordwestansicht

Nordwestansicht

Wohnen

Einfamilienhaus in Frankfurt am Main

Frei stehende Wohngebäude werden in den meisten Fällen nur noch in den Peripherien der Städte errichtet. In Frankfurt Westend,...

Hof und Eingang der Gesamtschule

Hof und Eingang der Gesamtschule

Öffentliche Gebäude

Geschwister-Scholl-Gesamtschule in Lünen

Nach den Plänen von Hans Scharoun entstand zwischen 1956 und 1962 im Zentrum der westfälischen Stadt Lünen das ehemalige...

Hauptfassade mit Hängeschalendach

Hauptfassade mit Hängeschalendach

Öffentliche Gebäude

Schwimmoper in Wuppertal

Auf den ersten Blick könnte man das Wuppertaler Hallenbad mit seiner gläsernen Südfassade unter dem geschwungenen Betondach für...

Zum Seitenanfang

In die vorhandenen Räume konnten ein Bistro, ein Verkaufsraum, eine Kfz-Prüfstelle und eine Oldtimer-Werkstatt integriert werden

In die vorhandenen Räume konnten ein Bistro, ein Verkaufsraum, eine Kfz-Prüfstelle und eine Oldtimer-Werkstatt integriert werden

Sonderbauten

Oldtimer-Tankstelle Brandshof in Hamburg

Restaurierung einer denkmalgeschützten Tankstelle aus den 1950er Jahren

Ansicht des Speichergebäudes von der Kaiseite im Südwesten

Ansicht des Speichergebäudes von der Kaiseite im Südwesten

Sonderbauten

Thormann-Speicher in Wismar

Sanierung eines denkmalgeschützten Speichergebäudes aus dem 19. Jahrhundert

Fachhochschule des Mittelstands

Fachhochschule des Mittelstands

Sonderbauten

Industriegebäude mit neuer Nutzung in Pulheim

Vom Walzwerk zum Campus

Ehemaliger Reichsbunker Friedrichstraße

Ehemaliger Reichsbunker Friedrichstraße

Sonderbauten

Bunkerumbau in Berlin

Kunstsammlung im ehemaligen Hochbunker

Der zweigeteilte Sitzungssaal: das ehemalige Staatswappen der DDR im Hintergrund

Der zweigeteilte Sitzungssaal: das ehemalige Staatswappen der DDR im Hintergrund

Sonderbauten

European School of Management and Technology in Berlin

Sanierung des ehemaligen Staatsratsgebäudes der DDR

Als eigenständiger Teil bildet die neue Holzterrasse den Übergang zwischen dem Muralen und der Natur. Skulptural anmutend drängt sie nach vorne: zur Aussicht an den Rand des steilen Geländes.

Als eigenständiger Teil bildet die neue Holzterrasse den Übergang zwischen dem Muralen und der Natur. Skulptural anmutend drängt sie nach vorne: zur Aussicht an den Rand des steilen Geländes.

Sonderbauten

Hotel- und Theaterumbau Rigiblick in Zürich/CH

Sanierung eines denkmalgeschützten Doppelprojekts

Das äußere Erscheinungsbild des ehemaligen Moterenhöhenprüfstands ist immer noch seiner Entstehungszeit verpflichtet

Das äußere Erscheinungsbild des ehemaligen Moterenhöhenprüfstands ist immer noch seiner Entstehungszeit verpflichtet

Sonderbauten

Institut für Physik der HU in Berlin

Umbau einer denkmalgeschützten Industriehalle

Die alte Basketballhalle in der US-Kaserne vor dem Umbau

Die alte Basketballhalle in der US-Kaserne vor dem Umbau

Sonderbauten

Grüne Halle in Fürth

Rück- und Umbau einer denkmalgeschützten Sporthalle

Im Vordergrund das sanierte Hotel von Lois Welzenbacher, im Hintergrund der frisch erstellte Zubau

Im Vordergrund das sanierte Hotel von Lois Welzenbacher, im Hintergrund der frisch erstellte Zubau

Sonderbauten

Hotelumbau in Hall/A

Saniertes Welzenbacher Gebäude mit Zusatzturm

Im Vordergrund die ehemalige Preußische Haftanstalt; im Hintergrund der Lubwartturm.

Im Vordergrund die ehemalige Preußische Haftanstalt; im Hintergrund der Lubwartturm.

Sonderbauten

Amtsgericht in Bad Liebenwerda

Umbau und Ergänzung einer Schlossanlage

Hauptansicht

Hauptansicht

Sonderbauten

Schloss Wickrath in Mönchengladbach

Sanierung und Umnutzung des Westflügels

Nachtansicht des Bahnhofes mit der wiederaufgebauten Glaskuppel

Nachtansicht des Bahnhofes mit der wiederaufgebauten Glaskuppel

Sonderbauten

Hauptbahnhof Mannhein

Umbau mit Wiederaufbau der Glaskuppel