Ricarda-Huch-Schule in Hannover
Nachhaltige Grundsanierung eines Schulgebäudes von 1908
Als Teil einer intakten Blockrandbebauung liegt die Ricarda-Huch-Schule, umgeben von Wohngebäuden, inmitten des vorwiegend gründerzeitgeprägten Stadtviertels List im Norden von Hannover. Die heute unter Denkmalschutz stehende Schule wurde 1908 als Eckgebäude aus Backsteinmauerwerk mit vorgesetzten Sandstein-Bossen im Jugendstil nach Plänen der beiden Architekten Paul Rowald und Carl Wolff errichtet. Während mit Naturstein eingefasste, zeittypische Rundbogenfenster die Erdgeschosszone betonen, sind die drei darüber liegenden Etagen eher schlicht gestaltet.
Gallerie
In den 1920er Jahren war bereits eine erste Erweiterung der Schule notwendig; diese schließt unmittelbar im Süden an das Haupthaus an. 1965 kam ein weiterer viergeschossiger Anbau hinzu, ungefähr zur gleichen Zeit wurde auch das Dachgeschoss zu einem Gymnastikraum einschließlich Umkleiden und Nebenräumen umgewandelt. Nach einer denkmalgeschützten Sanierung der Aula folgten 2007 die Renovierung und der Umbau des gesamten Schulkomplexes mitsamt einer zweigeschossigen Erweiterung durch das ortsansässige Architekturbüro Akzente. Um den Schulbetrieb während der Bauzeit zu gewährleisten, erfolgten die Baumaßnahmen in insgesamt sechs Bauabschnitten.
Sanierung und Modernisierung
Die Grundsanierung
schloss nicht nur eine Verbesserung der barrierefreien Erschließung
und die gesamte Erneuerung der Haus- und Sanitärtechnik ein. Auch
die Erstellung eines Brandschutzkonzeptes war dringend notwendig,
denn in vielen Bereichen des Altbaus war kein zweiter Rettungsweg
vorhanden. Das Gebäude ist nunmehr in zwei Brandabschnitte
aufgeteilt, die mit Rauchschutztüren der Feuerwiderstandsklasse T30
abschließen. Als zusätzlicher Fluchtweg dient ein neu errichtetes
Treppenhaus, andererorts realisierten die Planer eine sogenannte
Bypass-Lösung über die Klassenräume. Auch die erhaltenswerten
preußischen Kappendecken, deren Stahlträger ungeschützt waren,
mussten mit einem Brandschutzanstrich auf die
Feuerwiderstandsklasse F90 ertüchtigt werden.
Durch den Einbau einer
Zweischeiben-Wärmeschutzverglasung, mit gleicher Sprossenaufteilung
wie zuvor, konnte der Altbau energetisch verbessert werden. Einige
Fenster wurden jedoch nicht ausgetauscht, sondern saniert und
mittels einer zweiten, vorgesetzten Scheibe weitgehend optimiert.
Durch die Dämmung des Dachgeschosses bzw. der obersten
Geschossdecke bei ungeheizten Dachräumen konnten die Wärmeverluste
weiter verringert werden. Der Anbau aus den 1960er Jahren mit
seinen schmucklosen Außenwänden erhielt ein Wärmedämmverbundsystem. Um Wärmebrücken zu vermeiden, erfolgte der Einbau
der neuen Fenster in der Dämmebene. Das Dachgeschoss wurde mit 16
cm Mineralwolle gedämmt.
Da das Hauptgebäude aufgrund seiner Bossenstruktur den Architekten nicht schlagregendicht erschien und in den Innenräumen zudem eine hohe Luftfeuchtigkeit zu erwarten war, wurde aus bauphysikalischen Gründen auf eine Innendämmung verzichtet. Eine Innendämmung hätte auch die vorhandenen Wärmebrücken durch die in die Außenwand eingebundenen Stahlträger verstärkt, so dass Bauschäden zu erwarten waren. Eine Außendämmung wiederum kam aus Denkmalschutzgründen nicht infrage. Eine Ausnahme gemäß EnEV § 24 musste dennoch nicht beantragt werden, da im Bilanzverfahren der Nachweis zur Einhaltung der Anforderungen erbracht wurde.
Südlich des Hauptgebäudes befindet sich nun der kompakte
Erweiterungsbau, der im Passivhausstandard rund eineinhalb Meter
unterhalb des Geländeniveaus errichtet wurde. Im Erdgeschoss
erstrecken sich auf einer Grundfläche von 830 m² die Mensa mit
Essensausgabe sowie die erforderlichen Technik- und Nebenräume. In
den zwei Räumen im darüber liegenden Geschoss wird Chemie
unterrichtet. Ein Treppenhaus verbindet Neu- und Altbau. Eine 30 cm
dicke Dämmschicht sorgt für den notwendigen Wärmeschutz des
Massivbaus, bodentiefe, dreifachverglaste Fenster auf der Südseite
des Erdgeschosses erzielen passive solare Gewinne. Das leicht
auskragende Obergeschoss ist mit rostroten Platten verkleidet,
davor verlaufen horizontale Holzlamellen, die als Sonnenschutz
dienen. Eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung übernimmt die
Erwärmung der Räume im Winter. Ein Aufzug und eine Rampe
ermöglichen die barrierefreie Erschließung des Neubaus.
Bautafel
Architekten: Akzente Architektur & Landschaft, Hannover (Sanierung); Paul Rowald und Carl Wolff, Hannover (Bestand)
Projektbeteiligte: PBS Planungsbüro Schmidt, Wennigsen (Passivhaus-Qualitätsüberwachung); Dr.-Ing. Meihorst & Partner, Hannover (Tragwerksplanung); Ingenieurbüro Wolf & Weiskopf, Hannover (SHL-Planung); Ingenieurbüro Marquardt & Stegmann, Langenhagen (Elektroplanung); Georges Holzbau, Herzberg (Holz- und Zimmererarbeiten); Dörhage Stahlbau, Hannover (Stahlbauarbeiten)
Bauherr: Landeshauptstadt Hannover, Fachbereich Gebäudemanagement (FB 19)
Fertigstellung: 2014
Standort: Bonifatiusplatz 15, 30163 Hannover
Bildnachweis: Frank Aussieker und Doris Haas-Arndt, Hannover