Herwig-Blankertz-Schule in Wolfhagen
Von der Panzerhalle zum Bildungscampus
Im Nordwesten von Wolfhagen wurde zwischen 1958 und 1959 der Bundeswehrstandort Pommernkaserne errichtet. Seither war dieser von großer Bedeutung für die nordhessische Kleinstadt, bis schließlich infolge politischer Veränderungen im Jahr 2004 die Entscheidung zur Auflösung des militärischen Areals fiel. Mehrere hunderte Soldaten verließen daraufhin den Standort, die endgültige Schließung erfolgte im Juni 2008. Einer neuen Nutzung stand nun nichts mehr im Wege. Durch die Initiative Hessencampus sollen die bestehenden Gebäude wiederbelebt und nach und nach zu einem Bildungsstandort umgebaut werden.
Gallerie
Das gesamte Areal ist im Ortsteil Gasterfeld angesiedelt und
umfasst etwa 42 Hektar. Mehrere ein- bis dreigeschossige Gebäude,
die vorwiegend aus den 1950er bis 1970er Jahren stammen, verteilen
sich in lockerer Ordnung auf dem Gelände. Im ersten Abschnitt wurde
das Gebäude 22, ein ehemals offener Panzer- und Fahrzeugunterstand,
nach Plänen des Architekturbüros HHS aus dem nahegelegenen Kassel
umgebaut. 2010 konnte hier der Bereich Wirtschaft der
Herwig-Blankertz-Berufsschule seinen neuen, 15.000 m² großen
Standort beziehen. Auffallend an dem leuchtend grünen Gebäude sind
das Schmetterlingsdach sowie die beachtliche Länge von 160 Metern,
die aufgrund einer leichten Hanglage optisch immer wieder durch
Stufen unterbrochen wird.
Sanierung und Modernisierung
Das vormals offene Gebäude wurde durch eine einfach verglaste Hülle
geschlossen, damit der Innenraum vor der Einwirkung des Außenklimas
geschützt und die passiven solaren Gewinne zur Reduktion des
Heizwärmebedarfs genutzt werden können. In die großräumige,
unbeheizte Glashalle wurden die Schulungsräume in Form von hoch
wärmegedämmten, beheizbaren Boxen eingebaut. Der Wandaufbau der
quaderförmigen, grünen Baukörper besteht aus massiven
Stahlbetonfertigteilen, deren Außenflächen wärmebrückenfrei mit
einem Wärmedämmverbundsystem versehen wurden.
Die vorhandene Stahlkonstruktion der unbeheizten Pufferzone konnte in ihrer tragenden Funktion erhalten werden. Lediglich die Stützen bekamen eine neue, dunkle Beschichtung. Auch die gut erhaltende Betonoberfläche des Hallenbodens sorgt dafür, dass der Charakter im Inneren des alten Gebäudes weitgehend beibehalten werden konnte, auch wenn die Außenhülle nunmehr geschlossen ist. In der Hallenmitte, zwischen den beiden Stützenreihen, wurden notwendige Nebenräume in Trockenbauweise eingebaut.
Besonders erwähnenswert ist, dass sich der ehemalige Panzer- und Fahrzeugunterstand durch einfache, aber wirkungsvolle Eingriffe der Architekten in die Bausubstanz zu einer modernen Bildungsstätte mit einem der größten gebäudeintegrierten Solardächer Deutschlands wandelte. Die gesamte Dachfläche wird von einer transluzenten, dünnschichtigen Photovoltaik-Verglasung bedeckt, die eine Gesamtleistung von 220 KWp erzielt. Der gewonnene Strom wird in das öffentliche Netz eingespeist. Die für die Umwandlung notwendigen Wechselrichter konnten an den Stahlstützen angebracht werden.
Ein außen liegendes Sonnenschutzsystem und motorisch betriebene
Fensterkippflügel in der oberen Raumzone sollen einer sommerlichen
Überhitzung der weitgehend gläsernen Halle entgegenwirken. Letztere
ermöglichen ebenso eine energiesparende Nachtauskühlung des
Gebäudes und sorgen im Brandfall für den notwenigen Rauchabzug.
Durch den Umbau weiterer Bestandsgebäude auf dem ehemaligen
Militärgelände soll künftig das Campusgelände samt Lehrangebot
erweitert werden.
Bautafel
Architekten: HHS, Planer + Architekten, Kassel
Projektbeteiligte: EHS Ingenieure, Lohfelden (Tragwerksplanung); ENCO, Kassel (Technische Gebäudeausrüstung); Kurz + Fischer, Winnenden (Bauphysik, Wärmeschutz); NKP Neumann, Krex + Partner, Niestetal; Solartechnik Stiens, Kaufungen (Solardach)
Bauherr: Landkreis Kassel
Fertigstellung: 2010
Standort: Am Gasterfelder Holz 1, 34466 Wolfhagen
Bildnachweis: D. Haas-Arndt, Hannover