Erweiterung einer Typenschule in Schulzendorf
Fassade aus geflochtenen Weiden
Die wachsende Gemeinde Schulzendorf bei Berlin benötigte eine neue Schule. Als naheliegendes Bauvorhaben schlugen die beteiligten Architekten eine Erweiterung der vorhandenen Typenschule vor. Der dreigeschossige Plattenbau aus dem Jahr 1965 vom "Typ Magdeburg“ hatte als Grundform ein "H" mit nach außen offenen Höfen. Durch die erweiternden Baumaßnahmen verwandelten sich diese offenen Höfen zu innen liegende verglaste Atrien, um die sich eine neue (und sehr farbenfrohe) Erschließung für alle Klassenzimmer legt.
Gallerie
Zwei Einschnitte in den quaderförmigen Baukörper schaffen die benötigten Verbindungen zwischen Atrien und Außenraum. Ein Rücksprung dient als Eingangsbereich und überdachte Schulhoferweiterung, der andere als Freisitz für die Mensa.
Die etwas unregelmäßige Textur der neuen Weidenfassade erzeugt beim Betrachter ein leichtes optisches Flirren, das die harte Kontur des Gebäudes aufzulösen scheint. Das kräftige Farbkonzept für die Innenräume scheint immer wieder nach außen durch und zieht damit zusätzlich Aufmerksamkeit auf sich.
Modernisierungsarbeiten
Das Gebäude ist umlaufend mit Mineralfaser gedämmt. Die vorgehängte
hinterlüftete Fassade aus Weidenruten wurde vor Ort geflochten. Sie
bildet eine nahtlose Hülle und verbindet Alt- und Neubau zu einem
Baukörper. Die Fenster sind aus Holz (mit Aluminiumdeckschale) und
lassen sich nach außen öffnen. Die verglasten Atrien werden von
Trägern aus Brettschichtholz überspannt, durch eine leichte
Überdimensionierung dieser Träger wird die gewünschte Verschattung
erreicht. Die Lüftung funktioniert ausschließlich natürlich.
Durch das Gebäudeinnere zieht sich ein komplexer öffentlicher Raum, dessen Farbkonzept für jede Etage (und in jedem Atrium) eine eigene Farbe vorsieht. Der bereits erwähnte Einschnitt für den Eingangsbereich führt direkt in eine multifunktionale Aula. Sie öffnet sich über die Atrien nach oben. Über umlaufende Galerien werden die Räume erschlossen, mehrere Aufweitungen dienen als Treffpunkte.
Die eindrucksvolle Fassade besteht aus einem mit Weidenruten ausgeflochtenem Stahlgerüst. Solche Elemente werden in Süddeutschland häufiger als Balkongeländer oder Gartenzaun verwendet. Da sie als Außenfassade bisher nicht eingesetzt wurden, müssen alle Aussagen über Lebensdauer und Erscheinungsbild im Witterungsprozess wage bleiben. Für ihren Bau griffen die Architekten jedoch auf die Erfahrungen des bayrischen Korbflechters Hans Bachinger zurück, der auch das gesamte Material lieferte.
Die Weiden wurden vor der Anbringung gesotten, dann Kesseldruck imprägniert (als Insektenschutz) und zum Schluss mit Öl gegen UV-Strahlung beschichtet. Einmal jährlich werden - im Rahmen eines Wartungsauftrages - alle schadhaften Weidenstäbe ersetzt und die Ölbeschichtung erneuert. Wird der Materialaustausch nötig, kann das vorhandene Stahlgerüst jedoch wiederverwendet werden, nur die Weidenstäbe müssen erneuert werden.
Bautafel
Architekten: zanderroth architekten, Berlin mit guido neubeck, Berlin
Projektbeteiligte: Ingenieurbüro Krienitz, Schulzendorf (Tragwerksplanung); hhpberlin, Ingenieurgesellschaft für Brandschutz mbH, Berlin (Brandschutz); Dieter Kotras Ökobau & Bausanierung GmbH, Schönhagen (Fassadenausführung und Wartung)
Bauherr: Gemeinde Schulzendorf
Fertigstellung: 2007
Standort: Schulzendorf
Bildnachweis: Andrea Kroth, Keibelstraße 5, 10178 Berlin