Emporio-Hochhaus in Hamburg

Energetische Sanierung eines Hochhauses aus der Nachkriegsmoderne

Seit den frühen 1960er Jahren prägt das Bürohochhaus der ehemaligen Unilever-Zentrale die Hamburger Stadtsilhouette westlich der Binnenalster. Zwischen 1961 und 1964 wurde es als erstes Hochhaus der Hansestadt nach Plänen des ortsansässigen Architekturbüros Hentrich-Petschnigg & Partner errichtet. Zu damaliger Zeit verkörperte der 22-geschossige Bau mit den drei sternförmig angeordneten Büroflügeln einen Aufbruch ins neue Zeitalter. Heute zählt es zu den wichtigsten Zeugnissen der Hamburger Nachkriegsmoderne.

Gallerie

Die Ästhetik der Pfosten-Riegel-Fassade entsprach mit ihrer glatten, gläsernen Oberfläche dem Gestaltungswillen des Zeitgeistes. Lediglich horizontale Brüstungselemente aus weiß gefärbtem Polycolorglas und schwarze, senkrecht verlaufende Pfosten gliederten die transparente Gebäudehülle über alle Geschosse hinweg. Großraumbüros und Vollklimatisierung gehörten ebenso zum damaligen Konzept, wie fest verglaste Fenster und innen liegender Sonnenschutz. Als Unilever 2009 in die neu errichtete Unternehmenszentrale in die Hafen-City zog, bot sich dem Eigentümer die Möglichkeit einer Generalsanierung. Er beauftragte das damalige Büro Hentrich-Petschnigg & Partner mit der Modernisierung ihres eigenen früheren Entwurfes. Besondere Maßgabe war, die Energie- und Ökobilanz des denkmalgeschützten Hochhauses entscheidend zu verbessern.

Sanierung und Modernisierung
Ein interessanter Aspekt der energetischen Fassadensanierung ist, dass sie optisch kaum in Erscheinung tritt, da die ursprüngliche Aufteilung weitgehend unverändert blieb. Nur bei näherem Hinsehen wird deutlich, dass es sich nun um eine schall- und wärmedämmende Doppelfassade handelt. Bei der neuen zweischaligen Elementfassade lassen sich die inneren Fenster als Dreh-Kipp-Flügel öffnen. Äußere Glasscheiben, die zusätzlich vor die Fassade montiert wurden, sorgen mittels oben und unten angeordnetem Lüftungsspalt für eine regelmäßige Hinterlüftung. Im Zwischenraum beider Scheiben wird der Sonnenschutz geführt. Im Zuge der Fassadensanierung wurden auch die Brüstungselemente aus Polycolorglas wieder erneuert, die zwischenzeitlich durch Aluminiumbleche ersetzt worden waren.

Das Gebäude wurde um zwei Geschosse auf insgesamt 24 Etagen erweitert – auf einer Gesamtfläche von 35.500 m² sind verschieden große Büroeinheiten untergebracht. In den ehemaligen Großraumbüros ermöglichen zusätzlich eingebaute Raumtrennungen kleinere Einheiten. Alle Innenräume sind seit der Sanierung mit einer kontrollierten Lüftungsanlage mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung ausgestattet. Die Beheizung erfolgt durch die Nutzung von Fernwärme, die Klimatisierung über raumweise regelbare Heiz- und Kühldecken. Der Strombedarf wurde mittels energiesparender Beleuchtung und Haustechnik gesenkt. In einer Simulationsrechnung konnte ermittelt werden, dass durch die umgesetzten energetischen Maßnahmen eine Reduktion der Betriebskosten und der CO₂-Emissionen von mehr als 60% erreicht wurde. Der Primärenergiebedarf sank auf etwa 140 kWh/m² im Jahr. Durch ein zentrales Monitoring werden die Verbräuche langfristig überwacht und bei Bedarf weiter optimiert. Um die Ökobilanz des Gebäudes über die energetischen Maßnahmen hinaus  zu verbessern, sorgten die Architekten für den Einsatz umweltfreundlicher Materialien und für eine Schadstoffsanierung. Darüber hinaus wird über wassersparende Sanitärtechnik und eine eingebaute Regenwassernutzungsanlage zur Außenbewässerung ein Beitrag zur Ressourcenschonung geleistet.

Das Foyer im Erdgeschoss konnte in seiner ursprünglich transparenten Weitläufigkeit wieder hergestellt und ein zusätzlicher Eingang geschaffen werden. Die dunklen, marmorverkleideten Wände des Foyers korrespondieren wie im ursprünglichen Entwurf mit dem schwarz-silbern schimmernden Natursteinbodenbelag aus Norwegen, der auch im Außenbereich um das Gebäude herum verlegt und teilweise während der Bauzeit restauriert bzw. eingelagert wurde. Beheizt wird das Foyer über Bodenkonvektoren. Ringsum angeordnete, außen liegende Glasschwerter zur senkrechten Stabilisierung der Erdgeschossfassade konnten in ihrer ursprünglich schlanken Form wieder hergestellt werden. Ein Festsaal im Untergeschoss wurde mit seinem typischen 1960er-Jahre-Interieur, inklusive Mahagonitäfelung und Betonfertigteildecke, wiederhergestellt.

Das denkmalgeschützte Hochhaus wurde mit dem international anerkannten Nachhaltigkeitszertifikat Leadership in Energy and Environmental Design (LEED) in Platin ausgezeichnet.

Bautafel

Architekten: HPP Hentrich-Petschnigg & Partner, Hamburg
Projektbeteiligte: Ingenieurbüro Dr. Binnewies, Hamburg (Tragwerksplanung); IGF Zimmermann, Mülheim (Fassadenplanung); Hochtief Solutions, Hamburg (Generalunternehmer); Metall- und Elementbau Haskamp, Edewecht (Fassadenelemente); Nüthen Restaurierungen, Erfurt (Restaurierungsarbeiten)
Bauherr: Union Investment Real Estate, Hamburg
Fertigstellung: Juni 2012
Standort: Dammtorwall 15, 20355 Hamburg
Bildnachweis: Doris Haas-Arndt, Hannover und Union Investment Real Estate, Hamburg

Baunetz Architekt*innen

Fachwissen zum Thema

Bücher

Nachkriegsmoderne kontrovers

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges entstand in Deutschland eine zeittypische Architektur, die heute als Nachkriegsmoderne...

Sprossenkonstruktion am Beispiel einer Schule aus den 1960er Jahren in Hannover

Sprossenkonstruktion am Beispiel einer Schule aus den 1960er Jahren in Hannover

Baualtersstufen

Vorhangfassaden zwischen 1950 und 1980

Vorhangfassaden aus der Nachkriegszeit haben mit ihren geschichtlichen Vorläufern nur noch die Erscheinungsform gemeinsam. Im...

Bücher

Zwischen Scheibe und Wabe

Verwaltungsbauten der 1960er Jahre werden nicht in erster Linie mit dem Denkmalschutz in Verbindung gebracht. Ihre schmucklosen...

Altbau

Energieeinsparung

Zum Seitenanfang

Südostansicht des Emporio-Hochhauses an der Kreuzung Valentinskamp/Caffamacherreihe

Südostansicht des Emporio-Hochhauses an der Kreuzung Valentinskamp/Caffamacherreihe

Büro/​Verwaltung

Emporio-Hochhaus in Hamburg

Energetische Sanierung eines Hochhauses aus der Nachkriegsmoderne

Hauptfassade

Hauptfassade

Büro/​Verwaltung

Bürogebäude in Köln

Umbau und Erweiterung eines Büroriegels aus den 1960er Jahren

Vor der Sanierung prägte eine vertikal rillenförmige Struktur das äußere Erscheinungsbild

Vor der Sanierung prägte eine vertikal rillenförmige Struktur das äußere Erscheinungsbild

Büro/​Verwaltung

Firmensitz Klosterfrau in Wien/A

Sanierung und Neustrukturierung eines 1970er-Jahre-Baus

Gefaltetes Betonband

Gefaltetes Betonband

Büro/​Verwaltung

Architekturbüro in Grub am Forst

Ungewöhnlicher Umgang mit Bausubstanz aus den 50er Jahren

Blick auf die modernisierte Doppelfassade des Hauptbaus - im Vordergrund der neue Foyer-Anbau

Blick auf die modernisierte Doppelfassade des Hauptbaus - im Vordergrund der neue Foyer-Anbau

Büro/​Verwaltung

DEW21-Verwaltung in Dortmund

Intelligente Fassadensanierung

Alt und Neu korrespondieren in der Fassadenteilung des Innenhofs.

Alt und Neu korrespondieren in der Fassadenteilung des Innenhofs.

Büro/​Verwaltung

Sanierung Palac und Corso Karlin in Prag/CZ

Komplettsanierung mit Aufstockung

Die Fassade erstrahlt in neuem Licht. Im Sockelgeschoss wurde eine ehemals über die ganze Hausbreite reichende Ladenfront auf vier langrechteckige Öffnungen reduziert und dem Öffnungsanteil der Bel Etage angepasst.

Die Fassade erstrahlt in neuem Licht. Im Sockelgeschoss wurde eine ehemals über die ganze Hausbreite reichende Ladenfront auf vier langrechteckige Öffnungen reduziert und dem Öffnungsanteil der Bel Etage angepasst.

Büro/​Verwaltung

Umbau einer Sparkasse in Norden

Denkmalgerechte Sanierung mit Freilegung alter Bauteile

Die neue vorgehängte Fassade und die ansatzweise sichtbare Aufstockung tragen nur unwesentlich zur Veränderung der ursprünglichen Silhouette bei.

Die neue vorgehängte Fassade und die ansatzweise sichtbare Aufstockung tragen nur unwesentlich zur Veränderung der ursprünglichen Silhouette bei.

Büro/​Verwaltung

Sanierung Empress State Building in London/GB

Komplettsanierung mit Aufstockung und Aufdopplung der Südfassade

Außen blieb fast alles beim Alten, der Fabrikflair sollte erhalten bleiben.

Außen blieb fast alles beim Alten, der Fabrikflair sollte erhalten bleiben.

Büro/​Verwaltung

Industriehalle in Hanau

Umnutzung einer alten Fabrikhalle

Neues doppelschaliges Fassadensystem

Neues doppelschaliges Fassadensystem

Büro/​Verwaltung

Versicherungsgebäude in München

Komplettsanierung mit Ergänzungsbauten

Außenansicht: die neue Nutzung "scheint" durch die Fenster

Außenansicht: die neue Nutzung "scheint" durch die Fenster

Büro/​Verwaltung

Icon Medialab AG in München

Umbau eines Kasernengebäudes in Büroräume

Außenansicht

Außenansicht

Büro/​Verwaltung

"Kronen-Carré" in Stuttgart

Revitalisierung eines innerstädtischen Bereichs

Alte Fassade und neuer Erschließungsturm

Alte Fassade und neuer Erschließungsturm

Büro/​Verwaltung

"Shepherds Building" in London

Umnutzung mit Anbau eines zusätzlichen Aufzugsturms