Historische Dachdeckungen

Materialien und Verlegeformen

Traditionelle und historische Dacheindeckungen unterscheiden sich nicht nur in Form, Material und Verlegung, sondern haben meist auch einen starken örtlichen Bezug. So verwendete jede Region vorwiegend eine spezifische Form und ein bestimmtes Material. Dächer historischer Häuser sind z. B. im Sauerland in der Regel mit Schieferplatten gedeckt, während in Schleswig-Holstein zahlreiche reetgedeckte Häuser vorzufinden sind. Unabhängig vom Material bestehen Dachdeckungen entweder aus einzeln verlegten Bauteilen oder aus großflächigeren Metall- oder auch Bleideckungen. Um das Eindringen von Wasser zu verhindern, besitzt die gedeckte Dachfläche eine von der Konstruktion abhängige Neigung.

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Holzschindeln

In waldreichen Gebieten kamen seit Anbeginn der Besiedlung Dachdeckungen aus Holz zum Einsatz. In den Alpenregionen wurde vorwiegend Fichten- und Lärchenholz verwendet, in Mitteldeutschland Eichen- und Buchenholz. Holzschindeln überdecken einander zu etwa zwei Drittel und werden an Dachlatten befestigt. Insbesondere im Alpenvorland ist das Material sowohl als Dachdeckung als auch als Wandverkleidung vorzufinden. Bei der ältesten Verlegeform, den Legschindeldächern, wurde das Holz lediglich lose auf die Lattung gelegt und zur Befestigung mit Stangen und Steinen beschwert. Ursprünglich bestanden Schindeln generell aus Holz und zählten zu den weichen Bedachungen. Später wurden sie ebenso aus Schiefer, Ton und anderen harten Materialien hergestellt.

Reet- oder Strohdeckung (auch Ried oder Reit genannt)

Zu den ältesten, weichen Bedachungen zählen Reet- oder Strohdeckungen. Insbesondere im Mittelalter gehörten Walmdächer, die mit Strohbündeln gedeckt und mit Lehm abgedichtet wurden, zu einer üblichen Dachdeckungsart. Reetgedeckte Dächer sind hauptsächlich in Norddeutschland und im nördlichen Europa zu finden und werden dort bis heute realisiert. Das Reet wird in mehreren Decklagen aufgebracht und an Dachlatten mit Draht festgebunden oder verschraubt. Beim genähten Reetdach wird das Material ohne Draht an den Latten befestigt. Die Dächer weisen eine hohe Festigkeit und im Vergleich zu vielen anderen Dachdeckungsarten eine gute Wärmedämm- und Dampfdiffusionsfähigkeit auf.

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Schieferplatten

Insbesondere in den Regionen zwischen Mosel und Rhein, in denen Schiefer vorzufinden ist, werden Schieferplatten als Dachdeckungsmaterial verwendet. Der Naturstein lässt sich leicht spalten und wird mit Schiefernägeln an einer Brettschalung oder an Dachlatten befestigt. Nach der Altdeutschen Deckungsart, die am häufigsten im Rheinland vorzufinden ist, erhielten die Schieferplatten eine unregelmäßige rhombische Form, die schräg zur Traufe verlegt wurde. Bei der Französischen Deckungsart sind die Platten rautenförmig oder sechseckig und verliefen parallel zur Traufe. Bei den nur noch selten vorzufindenden Legschieferdächern wurden die dünnen Steinplatten lose auf flach geneigten Dächern verlegt. (Weitere Informationen siehe Surftipps: Baunetz Wssen Schiefer)

Tonziegel

Gebrannter Ton wird seit Jahrhunderten in den unterschiedlichsten Formen als Dachdeckungsmaterial eingesetzt. In den südeuropäischen Ländern sind bereits seit dem Mittelalter Hohl- und Rinnenziegel, auch bekannt als Klosterziegel oder Mönch und Nonne, als Dacheindeckung geläufig. Diese Ziegel sind konkav und konvex ausgebildet. Die konvexen Formen werden nebeneinander auf den Dachlatten befestigt, der Zwischenraum wird von einem konkaven Ziegel überdeckt. Mit Beginn der Industrialisierung entstanden die ersten Falzziegel, die bis heute auf den Dächern für eine bessere Regensicherheit sorgen. Platten- oder Flachziegel, wie sie z. B. bei Biberschwanzdeckungen eingesetzt werden, gehören ebenfalls zu den gebräuchlichen alten Einsatzformen für Tonziegel. Als recht einfache Verlegung galt die Splissdeckung (auch Spließdeckung genannt), bei der sich die Bieberschwanzziegel nur geringfügig überlappen. Im süddeutschen Raum war vor allem die Doppeldeckung gebräuchlich, bei der die Ziegel in versetzten Reihen angeordnet werden. Eine norddeutsche Variante ist die Kronendeckung, bei der auf jeder Dachlatte zwei Biberschwanzziegelreihen (eine Lagerschicht und eine Deckschicht) eng übereinander liegen. Die nächste Doppelreihe wird um einen halben Ziegel versetzt angeordnet.

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Metalldeckungen

Dachdeckungen aus Metall zeichnen sich besonders durch ihre lange Haltbarkeit aus und zählen mit zu den ältesten Dachdeckungen. Früher wurden beispielsweise Kirchen mit Blei gedeckt – nur wenige Dächer dieser Art sind heute noch erhalten. Weit verbreitet hingegen sind Kupferdächer, deren Patina je nach Dachneigung leuchtend Grün bis Tiefbraun oder Anthrazit gefärbt ist. Ein Vorteil des Materials ist die große Flexibilität bei der architektonischen Formgebung. Als eher nachteilig erweist sich die hohe Wärmeleitfähigkeit.

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Steindächer

In der Schweiz wurde traditionell viel Naturstein als Dachdeckungsmaterial verarbeitet, zahlreiche Beispiele davon sind im Wallis und in Graubünden zu besichtigten. Eine Besonderheit sind auch die Tessiner Granitdächer. Der im südlichsten Schweizer Kanton früher zahlreich vorhandene Granit wurde zu Platten gehauen und dann beinahe horizontal gestapelt und lediglich auf einer Querlattung fixiert. Durch das große Gewicht ist es eine sehr stabile Deckungsart. Wie bei allen Natursteine handelt es sich bei dieser Dachdeckung um ein kostspieliges, dafür aber sehr langlebiges und robustes Material.

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