Regionales Innovationszentrum für Energietechnik in Offenburg
Büroräume und Versuchshalle unter einem Dach
Die bauliche Entwicklung der Hochschule Offenburg ist in den vergangenen Jahren durchaus dynamisch vonstatten gegangen. Auf dem bestehenden Campus wurden die Bibliothek und die Mensa erweitert und es sind neue Institutsgebäude errichtet worden. Aufgrund dieser Entwicklungen und der Lage in einem Wasserschutzgebiet ist die weitere planerische Verdichtung auf dem landeseigenen Hochschulgelände nur noch eingeschränkt möglich. Für die Errichtung des Regionalen Innovationszentrums für Energietechnik (kurz: RIZ Energie) hat die Kreisstadt Offenburg deshalb ein kommunales Grundstück nördlich des bestehenden Campus zur Verfügung gestellt. Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten entwarfen für dieses Grundstück einen prägnanten quaderförmigen Neubau, der Büroräumlichkeiten und eine Versuchshalle unter einem Dach vereint. Das neue Gebäude an der Straßenecke Badstraße/Südring markiert zugleich den Auftakt zum zukünftigen Campus Nord.
Gallerie
Zweiteilung in hölzerner Verkleidung
Die
Fassadengestaltung des viergeschossigen Gebäudes, das sich auf
rechteckigem Grundriss erhebt, ist im Osten und Westen
unterschiedlich: Während im Osten eine Verkleidung aus grau
lasierten Kanthölzern aus Weißtanne das Bild bestimmt und einen
eher geschlossenen Eindruck vermittelt, wirkt die dem Camupus
zugewandte Westseite durch die großen Glasflächen offen und
transparent. Die Außenwände des RIZ sind als
Holzrahmenbaukonstruktion und in Passivhausqualität ausgeführt.
Innen ist der Bau in einen mehrgeschossigen Forschungstrakt im Westen und eine Forschungshalle, das sogenannte Technikum, im Osten gegliedert. Zwischen diesen Bereichen befindet sich eine Erschließungs- und Nebenraumzone, die Einblick in die Halle gewährt. Im Bürotrakt des Gebäudes ist eine Forschungszone untergebracht, die sich über die drei oberen Geschosse des Baus erstreckt und diese zu einem vertikal fließenden Bereich verbindet. Dieser Raum ist offen, zudem kommunikativ möbliert und erlaubt vielfältige Nutzungsmöglichkeiten. Über einen direkten Zugang im dritten Obergeschoss gelangt man auf das Dach der Versuchshalle, auf dem sich ein offenes Außenlabor befindet.
Ein Hybrid aus Holz und Stahlbeton
Das Tragwerk der
900 Quadratmeter großen und 10 Meter hohen Versuchshalle bilden
Stützen und Fachwerkträger aus heimischem Buchenholz. Die
Spannweite der Träger beträgt 18 Meter. Für den Bürotrakt wurde ein
Stahlbetonskelettbau als Tragkonstruktion errichtet. Die
Treppenhäuser sind ebenfalls in Stahlbeton ausgeführt und dienen
der Aussteifung des gesamten Gebäudes. Die optischen und haptischen
Eigenschaften des Holzes in der Halle stehen in Kontrast zum kühlen
Beton in den Büros. Innenliegende Fenster ermöglichen Sichtbezüge
zwischen den Büroräumen und dem Technikum und betonen so die
Wirkung der unterschiedlichen Materialien. Von allen Geschossen des
Büroriegels kann man in die Halle blicken, einhergehend der
grundlegenden Idee, dass das Gebäude für eine im Dialog stehende
und interdisziplinär arbeitende Forschungsgemeinschaft da
ist.
Nachhaltiges Energiekonzept und hohe
Arbeitsplatzqualität
Das Gebäude- und Energiekonzept wurden
integral unter der Berücksichtigung einer guten Energieeffizienz
entwickelt. Die Gewährleistung einer hohen Arbeitsplatzqualität und
eines nachhaltigen Energiekonzepts standen bei der Planung im
Fokus. In den Büroräumen können Raumtemperatur, Lüftung, Blend- und
Sonnenschutz individuell reguliert werden. Für den thermischen
Komfort sorgt eine Betonkernaktivierung mittels innenliegender
Rohrleitungen in den Decken der Büros und in der Bodenplatte des
Technikums. Der Wärme- und Kältebedarf des Gebäudes werden über
Grundwasser aus einem Saug- und Schluckbrunnen gedeckt. Das
Grundwasser wird im Winter als Wärmequelle für eine elektrische
Wärmepumpe und im Sommer zur Kühlung verwendet. Durch die hoch
gedämmte Gebäudehülle entspricht das Zentrum dem
Passivhausstandard. Die Be- und Entlüftung erfolgt mechanisch. Auf
dem Dach des Büroriegels wird eine Photovoltaik-Anlage betrieben.
Dadurch können die Primärenergieanforderungen nach EnEV um 70
Prozent unterschritten werden.
Baffeln und Textilien für eine gute Raumakustik
Die akustischen Gegebenheiten
und Anforderungen sind in den einzelnen Gebäudeteilen des Zentrums
sehr unterschiedlich. Auch wenn es in der Versuchshalle mal etwas
lauter werden kann, muss in den Büroräumen konzentriertes Arbeiten
möglich sein. Die reflektierenden Eigenschaften von schallharten
Materialien wie Beton oder Glas, die in dem Gebäude verbaut wurden,
müssen also mithilfe von Schallabsorbern ausgeglichen werden. Der
offene Grundriss der Bürozonen sowie die geschossübergreifende
Forschungszone erfordern raumakustische Maßnahmen zur Verkürzung
der Nachhallzeit. Kommunikation in einem Teil des
Büros soll die Arbeit im anderen Büroteil nicht
beeinträchtigen.
Im Technikum sorgen Akustikplatten aus magnesitgebundener
Holzwolle, die zwischen den hölzernen Deckenbalken montiert wurden,
für eine gute Raumakustik. In den Büroräumen wurden angepasste
Schallabsorber aus Glaswolle in Form einer Baffeldecke installiert.
Die 40 Millimeter starken Baffeln sind mit einem Abstand von 29,75
cm an einer Deckenschiene befestigt. Zwischen den vertikalen
Akustikplatten hängen linienförmige Pendelleuchten von der Decke.
Des Weiteren verlaufen ELT Trassen parallel zu den Baffeln.
Außerdem tragen textile Oberflächen in Form von Polstermöbeln,
Teppichen und akustisch wirksamen Vorhängen mit einem
Schallabsorbtionsgrad von αw 0,75 zu einer verbesserten Raumakustik
bei. Die halbtransparenten Vorhänge in zartem Hellblau
(Schallabsorbtionsgrad αw 0,20) fungieren in den Büros zugleich als
transluzenter Sichtschutz. -np
Bautafel
Architektur: Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten, Stuttgart
Projektbeteiligte: Mohnke Höss Bauingenieure, Freiburg im Breisgau (Tragwerksplanung); Solares Bauen, Freiburg im Breisgau (HLSK); K+P Ingenieurbüro für Elektrotechnik, Karlsruhe (Elektroplanung); Stahl + Weiss, Freiburg im Breisgau (Bauphysik); Brandschutzconsult, Ettenheim (Brandschutz); Mario Kappis, Lahr-Sulz (Landschaftsarchitektur); Weschle Holzbau, Friesenheim (Holzbau); Seufert Niklaus, Bastheim (Fenster/Sonnenschutz); Chemotechnik, Abstatt (Bodenbelag Sichtestrich); Vitra, Weil am Rhein; Hay, Horsens; Interstuhl, Meßstetten-Tieringen; Assmann, Melle (Möbel); Nino Maaskola, Karlsruhe (Kunst am Bau); Création Baumann, Langenthal (akustisch wirksame Textilien: halbtransparenter Stoff Shadow in der Farbe 173 und Acoustic Divider Vario mit Akustikstoff Lord in der Farbe 151)
Bauherrschaft: Land Baden-Württemberg vertreten durch Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Freiburg
Fertigstellung: 2020
Standort: Badstraße 22a, 77652 Offenburg
Bildnachweis: Bernhard Strauß, Freiburg im Breisgau / Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten, Stuttgart