Qualifizierter Rauchschutz statt Totalschaden
Fachinformationen des FVLR
Wer beim Brandschutz spart, riskiert im Ernstfall die Existenz eines Unternehmens und das Leben der Mitarbeiter. Dabei können die Schäden und Gefahren eines Brands schon durch geringe zusätzliche Bauinvestitionen erheblich reduziert werden. Der Fachverband Tageslicht und Rauchschutz e.V. (FVLR) zeigt drei mögliche Brandverläufe in einer typischen Industriehalle auf. Das nachfolgende Beispiel und die Grafiken machen die Gefahren und enormen Schäden deutlich.
Gallerie
Qualifizierte Rauchabzugsanlagen in einer 3.000 m² großen
Industriehalle
Bricht in einer Industriehalle plötzlich ein Feuer aus, zahlt sich
die Investition in eine qualifizierte Rauch- und
Wärmeabzugsanlage (RWA) – projektiert nach den Vorgaben der
DIN 18232-2 Rauch- und Wärmefreihaltung -
Teil 2: Natürliche Rauchabzugsanlagen (NRA); Bemessung,
Anforderungen und Einbau – aus. Es bedarf keines großen Brands,
um empfindliche Schäden durch eine Rauchbeaufschlagung zu
verursachen. Diese Schäden sind bei vielen Brandschutzkonzepten im
Industriebau unvermeidlich, wenn diese lediglich auf die Erlangung
einer Baugenehmigung ausgelegt sind. Und beim Rauchschutz geht es
natürlich nicht allein um die Vermeidung von Sachschäden. Schon
wenige Atemzüge in einem verrauchten Raum können tödlich enden. Auf
drastische Weise zeigt das folgende Beispiel von drei möglichen
Brandverläufen mit und ohne RWA die unterschiedlichen Schadenausmaße in einer
3.000 m² großen Industriehalle mit Bau- und Einrichtungskosten in
Höhe von sechs Millionen Euro. Halle 1 verfügt in dem Szenario über
keine qualifizierte RWA. Halle 2 dagegen ist mit qualifizierter RWA
ausgestattet. In Halle 3 ist zusätzlich eine Sprinkleranlage eingebaut.
Nach fünf Minuten: erhebliche Unterschiede in der
Rauchentwicklung
Bereits kurz nach Ausbruch eines Feuers zeigen sich erhebliche
Unterschiede bei der Rauchentwicklung in den drei Hallen. Der
Brandrauch strömt naturgemäß zunächst in den oberen Raumbereich. In
Halle 1 ohne qualifizierte Rauchabzugsanlage, aber gemäß den
Mindestanforderungen der Muster-Industriebaurichtlinie (M-IndBauRL)
gebaut, breitet er sich bereits nach fünf Minuten über die gesamte
Fläche der Hallendecke aus, da er über unqualifizierte
Rauchableitungsöffnungen nur teilweise entweichen kann. In den
Hallen 2 und 3 mit eingebautem Rauchabzug entweicht ein Großteil
des Rauchs über die Abzüge im Dach. Gleichzeitig verhindern
Rauchschürzen die seitliche Rauchausweitung. Menschen können sich
aus diesen Hallen ohne fremde Hilfe retten. Die Sprinkler in Halle
3 sprechen in dieser frühen Phase aufgrund der geringen
Wärmefreisetzung noch nicht an.
Nach 15 Minuten: nur bei Hallen mit RWA gelangt die Feuerwehr
jetzt noch ins Gebäude
Halle 1 (ohne qualifizierte RWA) ist nach ca. 15 Minuten
komplett verraucht. Menschen, die sich jetzt noch im Inneren des
Gebäudes aufhalten, verlieren die Orientierung. Wegen der starken
Rauchentwicklung können die Rettungskräfte nur noch von außen
eingreifen und niemanden mehr aus dem Inneren der Halle retten.
Anders verläuft der Brand in den Hallen mit qualifizierter RWA. Die
nachströmende Luft bildet hier eine raucharme Schicht. Dadurch
können die Löscharbeiten gezielt im Halleninneren und damit direkt
am Brandherd stattfinden. In Halle 3 löst die Hitze nun auch die
zusätzliche Sprinkleranlage aus. Dadurch wird die Brandenergie
teilweise in Wasserdampf umgesetzt und die Ausbreitung des Feuers
frühzeitig verhindert.
Nach 30 Minuten: ohne RWA kritische Temperaturgrenze
erreicht
Nach einer halben Stunde erreichen in Halle 1 tragende Bauteile die
kritische Temperaturgrenze. Die heißen Gase setzen ihnen so sehr
zu, dass sie ihre Standfestigkeit zu verlieren drohen. Es besteht
nun akute Einsturzgefahr. Damit wäre ein Totalschaden des Gebäudes
und seiner Einrichtung die Folge. Zur gleichen Zeit kann die
Feuerwehr in Halle 2 den Brandherd bereits löschen und dadurch
weitere Rauch- und Hitzeentwicklung stoppen. Die Sprinkleranlage in
Halle 3 dämmt den Brand zusätzlich ein und hilft der Feuerwehr bei
ihrer Arbeit.
24 Stunden später: drohende Insolvenz vs. keine oder nur
geringe Schäden
24 Stunden nach Brandausbruch sind tragende Teile und die
Dachkonstruktion der Halle 1 mit hoher Wahrscheinlichkeit
eingestürzt. Verletzte oder sogar Tote sind zu erwarten. Die Umwelt
rund um die Halle wurde hohen Belastungen ausgesetzt. Durch den
langanhaltenden Lieferausfall in der Folge droht dem Unternehmen
der Verlust von Kunden und häufig sogar die Insolvenz. „Der größte
wirtschaftliche Schaden nach einem Brand entsteht durch den
Stillstand des Betriebs, durch den Ausfall der Produktion“, erklärt
Experte Lothar A. Brummel der Polygonvatro, einem
Sanierungsunternehmen für Brand- und Wasserschäden. „Bei längerem
Stillstand springen Kunden ab. Dagegen hilft auch keine Feuer- oder
Betriebsausfallversicherung. Die wenigsten von gravierenden
Brandschäden betroffenen Unternehmen schaffen es deshalb, am Markt
zu bleiben.“ Solche Folgen bleiben den Betreibern von Halle 2 und 3
erspart. Es ist zu erwarten, dass sich alle Menschen rechtzeitig in
Sicherheit bringen können. Sach- und Umweltschäden bleiben
begrenzt. Und der Lieferverzug bleibt in einem Rahmen, den das
Unternehmen in der Regel ohne dauerhafte Folgen überstehen
kann.
Fazit: schon 0,5% höhere Baukosten können Leben und
Unternehmen retten
Stellt man die Kosten von Rauchschutz und Brandfolgen gegenüber,
wird der Investitionswert einer qualifizierten RWA besonders
deutlich. Der Betreiber von Halle 1 muss bei kalkulierten
Gebäudekosten von 6.020.000 Euro (gemäß den gesetzlichen
Mindestanforderungen der Muster-Industriebaurichtlinie) im
Brandfall mit mindestens 1.000.000 Euro Sachschaden und ca. sechs
Monaten Stillstand rechnen. Durch eine zusätzliche Investition in
eine qualifizierte RWA nach DIN 18232-2 von gerade einmal 25.000
Euro wäre der Sachschaden auf etwa 10.000 Euro und die Dauer des
Lieferausfalls auf rund eine Woche begrenzt geblieben. Diese
Investition entspricht Mehrkosten von lediglich 0,5%. Und selbst
Unternehmer, die sich neben einer Rauch- und
Wärmeabzugsanlage für eine zusätzliche Sprinkleranlage
entscheiden, investieren nur 2,5% mehr in den Bau als für eine
Halle ohne qualifizierte RWA. „Die enorme Kostenersparnis im
Brandfall allein sollte die vergleichsweise geringen Investitionen
bereits rechtfertigen. Das wichtigste Argument pro Rauchschutz für
jeden Bauherren und Unternehmer dürfte aber das Wohl der
Mitarbeiter sein“, erklärt Dipl.-Ing. Thomas Hegger,
Geschäftsführer des FVLR.
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