Médiathèque de Saint-Paul auf La Réunion
Weiße Brise-Soleils aus perforiertem Aluminium
Mitten im Indischen Ozean, zwischen Mauritius und Madagaskar, leben auf der zu Frankreich gehörenden Insel La Réunion ungefähr 800.000 Einwohner. Die Gemeinde Saint-Paul im Nordwesten der Insel ist seit 2015 um eine neue Médiathèque reicher: Sie nimmt eine Bibliothek, ein Auditorium, ein Archiv, Studier- und Seminarräume sowie ein Restaurant in sich auf; die Pläne dafür lieferten Peripheriques Architects aus Paris.
Gallerie
Der weiß-linierte, kompakte Solitär entspricht ungefähr einem Würfel mit einer Kantenlänge von 34 Metern. Im Vergleich zu der ansonsten kleinteiligen und eher flachen Bebauung sticht der sechsgeschossige Baukörper weit sichtbar heraus und bildet als Landmarke den Auftakt zur Stadt. Gleichzeitig steht die Mediathek für den Anfang der Stadterneuerung von Saint-Paul. Im Süden von der Autobahn und im Westen vom Busbahnhof flankiert, liegt sie an einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt mit einem großen öffentlichen Vorplatz.
An der Nordwestecke wird man förmlich in das Gebäude hineingezogen, denn hier ist die Fassade hochgerafft und gibt den Blick auf den weit zurückversetzten Eingang frei. Zunächst empfängt die Besucher ein großes Foyer mit zentralem Informationstresen und angeschlossenem Restaurant. Außerdem sind im Erdgeschoss vor allem Verwaltungs- und Nebenräume untergebracht sowie Sanitäranlagen und die vertikalen Erschließungen für die oberen Etagen mit den Hauptnutzflächen.
Über zwei große Treppenanlagen und vier Aufzüge geht es hinauf zur Bibliothek und den Studierräumen, die sich vom ersten bis zum fünften Geschoss verteilen. Jede Etage ist unterschiedlich aufgeteilt – es gibt kein Regelgeschoss – und bietet gesondert ausgewiesene Zonen für Jugendliche, Erwachsene oder Spielflächen für Kinder. So ist beispielsweise über dem EG ein zweigeschossiges Auditorium eingefügt, das von Archivräumen der Bibliothek flankiert wird. Wie hier, wird das Grundrissraster immer wieder von Atrien, Gärten oder große überdachte Terrassen unterbrochen, die freie Blicke auf den Indischen Ozean erlauben und gleichzeitig als Klimapuffer für das Gebäudeinnere dienen.
Wie die Hülle ist auch das Innere überwiegend weiß gestaltet, allerdings bringen bunte Deckenbilder in den Bibliotheksbereichen viel Farbe ins Spiel. Gestaltet hat sie der französische Illustrator Michal Batory, nach Motiven der für La Réunion typischen Vegetation, aber auch Abbildungen von Computer-Platinen, um einen Bezug des Gebäudes zu seiner Funktion und der Insel herzustellen. Die Bilder sind auf Stoffsegel appliziert, an Karabinerhaken und Metallgestelle montiert und können bei Bedarf abgehängt werden.
Sonnenschutz
Das Klima auf La Réunion ist tropisch, mit teilweise hohen
Niederschlagsmengen und dennoch vielen Sonnenstunden. Die
Architekten haben deshalb eine Brise-Soleil-Konstruktion entworfen, die vor das
Gebäude montiert wurde und es so ganzjährig vor zu viel Sonneneinstrahlung schützt – und ihm gleichzeitig
zu einem markanten Äußeren verhilft: Filigrane, weiße Linien ziehen
sich um die gesamte Mediathek herum, an einigen Stellen formen sie
große und kleine Öffnungen, die an Augen bzw. Augenlider
erinnern.
Die einzelnen Brise Soleils sind als unbewegliche, liegende Gitterelemente aus eloxiertem Aluminium ausgebildet. Sie sind jeweils 150 cm lang, 40 cm tief und unterschiedlich stark geschwungen; nur wenige bilden ganz gerade Linien. Im Abstand von 30 cm sind sie übereinander angeordnet und mittels Konsolen an ihrem Traggerüst aus Stahl montiert. Bei den großen „Augen“ sind die Elemente stärker gebogen und die Abstände dementsprechend geringer.
Die gesamte Sonnenschutzfassade wiederum ist mit einem Abstand
von 65 cm an der eigentlichen Gebäudehülle aus weißem,
hydrophobiertem Stahlbeton befestigt. Der Zwischenraum wird als
Versorgungs- und Reinigungsgang genutzt. Eine
Pfosten-Riegel-Konstruktion in der Betonhülle nimmt die raumhohen
Verglasungen auf. Diese haben, bis auf wenige Festverglasungen, in
Aluminium gefasste Glaslamellen, die geöffnet werden können und für
den Luftaustausch und ein optimales Klima im Gebäude
sorgen.
Bautafel
Architekt: Peripheriques Architects, Paris
Projektbeteiligte: Egis Bâtiments Océan Indien, Montreuil Cedex (Gebäudetechnik); Peutz & Associés, Paris (Akustik); Zone Up, Saint-Paul (Landschaftsplanung); Michal Batory, Paris (Kunst am Bau)
Bauherr: SEDRE, Saint-Paul
Fertigstellung: 2015
Standort: Chaussée Royale, Saint-Paul
Bildnachweis: Luc Boegly, Paris | www.opictures.fr
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