Baumhaus Heliotrop in Freiburg

Drehbares Solarhaus mit nachführbarer Solaranlage

Das Haus des Architekten Rolf Disch erzeugt mit seiner Solarstromanlage gleich fünf mal so viel Energie, wie die Bewohner benötigen: ein Baumhaus, das sich der Sonne nachdreht - oder aber ihr den gut geschlossenen Rücken zuwendet. Je nachdem, ob gerade kalter Winter ist, in dem man sich die Sonnenwärme ins Haus holen will, oder heißer Sommer, in dem die Bewohner den Schatten suchen.

Gallerie

Fundament und Aussteifung des drehbaren Baumhauses ist das in Stahlbeton ausgeführte Sockelgeschoss, in dem ein Seminarraum von 75 m² untergebracht ist. Hier befindet sich auch die Drehmechanik auf dessen innerer Lagerschale die drehbare Achse des Heliotrop steht, eine 14 m hohe hölzerne Säule. Sie besteht aus einem zylinderförmigen Treppenhaus mit einer Wendeltreppe und bildet den tragenden Kern des Baumhauses. Die ca. 200 m² Wohn- und Büroräume des Heliotrop sind fest mit dem drehbaren Treppenhaus als Stamm des Baumhauses verbunden. Um zusätzliche Flurflächen zu vermeiden, folgen die Raumebenen spiralförmig der Wendeltreppe mit einem Geschossversatz von 90 cm und sind untereinander je nach Bedarf durch Glaswände, Schiebetüren oder Holzwände getrennt. Nahe der Fassade sind sie durch Türen verbunden, so dass das Heliotrop auch entlang der Fassade spiralförmig von oben nach unten wie eine große Wendeltreppe durchwandert werden kann.

Der gesamte „Baumteil“ des Gebäudes ist als leichte Ingenieur-Holzbau-Konstruktion in Fichten-Schichtholz ausgeführt. Die einzelnen Bauteile sind dabei computergestützt bemessen und von einem Schweizer Hersteller vollautomatisch zugeschnitten worden. Für die Wetterhaut des Gebäudes wurde ein Wellblech gewählt. Beim lastabtragenden Großwälzlager des Drehmechanismus handelt es sich um ein einreihiges Vierpunkt-Kugellager. So trägt das Lager nicht nur die Gewichtslast ab, sonder fängt auch die Horizontalkräfte auf. Das Lager ist mit der äußeren Lagerschale auf einem Stahlbetonzylinder aufliegend montiert, auf der Innenseite steht das drehbare Haus. Am Stahlbetonzylinder ist der Antriebsmotor mit Getriebe angebracht, der über ein Ritzel die innenverzahnte innere Lagerschale und damit das Haus antreibt.

Solares Bauen
Das Heliotrop ist optimal auf die Nutzung der Sonnenenergie in jeglicher Form ausgerichtet. Wärmeverluste werden klassisch und doch ganz innovativ vermieden: die zylindrische Gebäudeform minimiert Wärmeverluste, die Wände bieten als Holzständerkonstruktion für 28 cm Mineralwolle Platz und weisen so nur noch einen Wärmeduchgangskoeffizienten von 1,2 W/(m²K) auf. Für die Fenster ist eine spezielle Dreifachverglasung aus der Schweiz mit einem k-Wert von 0,5 W/(m²K) das erste Mal in Deutschland zum Einsatz gekommen. So können bis weit in den Winter hinein passive Wärmegewinne erzielt werden.

Der Estrich bietet genügend Speichermasse, um Temperaturschwankungen auszugleichen, die Holzbauteile tragen zu einem angenehmen Raumklima bei. Da eine Seite des Hauses bis auf kleine Sehschlitze fast vollständig geschlossen und die andere komplett verglast ist, kann das Haus immer mit der gläsernen Seite der Sonne folgen oder aber sommerliche Überhitzung vermeiden, indem es sich aus der Sonne dreht. Zusätzlichen Sonnenschutz gewähren die aus Gitterrosten bestehenden Balkone. Auch die Ausbeute der aktiven Solarsysteme wird durch die Drehung optimiert.

An den Balkonbrüstungen sind Vakuumröhrenkollektoren statt Geländer angebracht. Sie werden mit dem Haus einachsig der Sonne nachgeführt. Der Vorteil bei diesen Kollektoren ist, dass die Lamellen in den Röhren auch bei einer solchen Senkrechtmontage in den optimalen Anstellwinkel von 30° Neigung (zur Waagerechten) gestellt werden können. Das Solarsegel auf dem Dach, eine Photovoltaik-Anlage mit 7 kW elektrischer Leistung, lässt sich drehen und schwenken und wird so sogar zweiachsig der Sonne nachgeführt, was Berechnungen zufolge eine 30-prozentige Steigerung der Ausbeute nach sich zieht. Falls im Hochsommer die Glasseite des Heliotrop aus der Sonne gedreht wird, kann sich das Sonnensegel auch unabhängig vom Haus zur Sonne wenden. Die Stromerzeugung der Photovoltaik-Anlage ist ca. fünf mal höher, als der Verbrauch im Haus. Der berechnete Energiebedarf für die elektrischen Antriebe, mit denen das Heliotrop und das Sonnensegel bewegt werden, soll übers Jahr betrachtet nur ein Drittel des Stromverbrauchs eines Energiesparkühlschrankes betragen, also sehr gering sein.

Die Wärmeversorgung wird hauptsächlich von den Sonnenkollektoren gespeist, ein Latentwärmekompaktspeicher dient zur Speicherung. Die hocheffizienten Vakuumröhrenkollektoren erbringen auch im Winter noch Wärmegewinne, sobald die Sonne strahlend scheint, da sie aufgrund des Vakuums nur geringe Wärmeverluste haben. Für die Wärmeverteilung kommen - vor allem aus experimentellen Gründen - gleich drei sich ergänzende Systeme auf einmal zum Einsatz. Eine für jeden Raum einzeln regelbare Fußbodenheizung sorgt für eine gleichmäßige Grundtemperatur. Mit ihr können auch Wärmegewinne von der Sonnen- zur Schattenseite transportiert werden. Neuerfindung ist eine Deckenstrahlungsheizung aus Kupferlamellen. Ein Absorber, wie er aus Flachkollektoren bekannt ist, wird ans Heizsystem angeschlossen und offen unter die Decke gehängt. Mit dieser Heizung können die Räume einerseits bei Bedarf schnell aufgeheizt, andererseits aber auch gekühlt werden. Die Kupferröhrchen mit Absorbern werden dann bedarfsweise von warmem oder kaltem Wasser durchflossen. Für die Wärmespeicherung kommt im Heliotrop neben einem konventionellen Speicher mit Wasser auch ein Latentwärmespeicher zum Einsatz.

Die kontrollierte Lüftungsanlage des Heliotrop ist mit einer Wärmerückgewinnung ausgestattet. Ein Erdwärmetauscher soll zusätzlich die Frischluft vorwärmen bzw. im Sommer abkühlen. Im Winter kann die Luft aus dem Latentwärmespeicher nachgewärmt werden. Abgerundet wird der sparsame Umgang mit den Ressourcen durch die Nutzung von Regenwasser, Recyclierung von Abwasser und einer Komposttoilette.

Text: Astrid Schneider, Berlin

Bautafel

Architekten: Rolf Disch, Freiburg
Projektbeteiligte: Krebser & Freyler, Teningen (Energieplanung); SES Solar-Energie-Systeme, Freiburg (Photovoltaik)
Bauherr: Hansgrohe, Offenburg; Rolf Disch, Freiburg
Fertigstellung: Oktober 1994
Standort: Ziegelweg 28, Freiburg
Bildnachweis: Rolf Disch, Freiburg; Hansgrohe, Schiltach

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