Kindergarten Hamlet Crèche in Südafrika

Selbst gefertige Lehmziegel als Wärmepuffer und Fassaden aus Recyclingholz

Rund 140 Kilometer nordöstlich von Kapstadt liegt die kleine Stadt Prince Alfred Hamlet. Hier befindet sich am Rand eines ehemaligen Townships die Kindertagesstätte Hamlet Crèche. Sie ist das dritte Bauprojekt, das Studenten und Mitarbeiter der Lehrstühle für Gebäudelehre und Tragkonstruktionen der RWTH Aachen im Rahmen des Programms Design.Develop.Build realisiert haben.
 
Vor rund fünf Jahren wurden die Blech- und Holzhütten des Townships durch staatlich geförderte Häuser aus Stein ersetzt. Für die rund 300 Kleinkinder, die in der Siedlung leben, gab es allerdings bislang keinen Kindergarten. Die Aufgabe für die Studenten bestand darin, eine Kindertagesstätte für zunächst 80 Kinder im Alter zwischen drei Monaten und fünf Jahren zu entwerfen und zu bauen, gemeinsam mit einem Spielplatz im Außenbereich. Voraussetzung war die Verwendung von ortsüblichen, natürlichen und preisgünstigen Materialien.
 
Die Studenten errichteten ein eingeschossiges Gebäude von 35 Meter Länge und 9,50 Meter Breite. Der Eingang der Tagesstätte befindet sich auf der lang gestreckten Straßenfront im Norden. Linker Hand des Eingangskorridors liegen ein Büro sowie die Wasch- und Toilettenräume. Rechts befindet sich die Küche für das Schulessen mit einer straßenseitigen Essensausgabe für die Siedlungsbewohner. An die Küche schließen drei nebeneinanderliegende Gruppenräume an. Zwei davon lassen sich durch eine bewegliche Schiebewand zu einem Mehrzweckraum zusammenschließen. Auf der Südseite sind Küche und Gruppenräume unter das Dach eingerückt, sodass eine wettergeschützte Terrasse entstand, die als großzügiger Ess- und Spielplatz genutzt wird. Rund um das Bauwerk wurden Spielflächen angelegt und Bäume gepflanzt.

Gallerie

Die Kindertagesstätte wurde in Holzständerbauweise mit einer massiven Betonbodenplatte auf Streifenfundamenten errichtet. Die Dachkonstruktion besteht aus einer Reihe von asymmetrischen Satteldächern, die elementweise auf der Bodenplatte vorgefertigt und anschließend auf die tragenden Holzständerwände und Stützen aufgesetzt wurden. So entstand das besondere Merkmal des Gebäudes: ein wie gefaltet wirkendes, unregelmäßiges Dach. Die Sparrendächer mit Spannweiten von 5,40 Meter sind aus Kanthölzern in ortsüblichen Querschnitten konstruiert. Die bei dieser Tragwerksform auftretenden Horizontalkräfte werden von schrägen Zugbändern aufgenommen, die jeweils vom Fußpunkt des einen Sparrens bis etwa zur Mitte des gegenüberliegenden spannen. Die Zugbänder sind versetzt zueinander, abwechselnd links und rechts angeordnet. Eine raumseitige aussteifende Beplankung aus Sperrholz wurde mit selbstbohrenden Schrauben an den Sparren und den Zugbändern befestigt. So ist eine bewegte Dachuntersicht aus schrägen Dreiecksflächen entstanden. Als Dachhaut dient verzinktes Blech, das von ortsansässigen Betrieben hergestellt wird.
 
Das regionale Klima zeichnet sich durch heiße Sommer und relativ kalte Winter mit Temperaturen bis unter 0 Grad und Schneefall aus. In Südafrika steht die Sonne mittags im Norden am höchsten. Die Holzständerwand der Nordfassade wurde daher mit massiven, selbst gefertigten Lehmziegeln ausgefacht und beidseitig mit Lehm verputzt. Im Winter kann so die Wärme der tief stehenden Sonne als passiver Wärmeeintrag gespeichert und damit ein zu starkes Auskühlen des Gebäudes bei Nacht verhindert werden. Eine Heizung wurde daher nicht eingebaut. Gleichzeitig reduzieren die Lehmwände durch ihre Speichermasse und die thermische Trägheit die Erwärmung der Räume im Sommer. Der in der Umgebung vorkommende, schadstofffreie Rohstoff Lehm unterstützt zudem die Regulierung der Luftfeuchte.

Auf der Südseite des Gebäudes wurden in den Zwischenräumen des Holzständerwerks ungebrannte Ziegelsteine übereinandergestapelt, die ebenfalls als Wärmepuffer dienen. Als Außenbekleidung kommt eine Beplankung aus recycelten, unbehandelten Obstkistenbrettern zum Einsatz. Die kostengünstigen Bretter sorgen für ein lebendiges Fassadenbild und geben keine ungesunden Emissionen an die Umgebung ab. Die Innenwände auf der West-, Ost- und Südseite sind mit großformatigen Sperrholzplatten ausgekleidet. Im Inneren des Kindergartens wurden die Holz- und Lehmoberflächen der Wände mit farbenfrohen Ornamenten in Himmelblau und Rottönen bemalt.

Auf der Webseite des Programms Design.Develop.Build zeigt ein Zeitraffer-Video von der Baustelle, wie der Kindergarten errichtet wurde (siehe Surftipps).

Bautafel

Architekten: Studenten und Mitarbeiter der Lehrstühle für Gebäudelehre und Tragkonstruktionen, RWTH Aachen
Projektbeteiligte: Anne-Julchen Bernhardt, Bernadette Heiermann, Judith Reitz, Martin Trautz, Arne Künstler, Christoph Koj (Projektmitarbeiter RWTH Aachen); Justin Descoins, Kapstadt (Beratung Lehmbau); NPO Badisa, Ceres (Schulträger)
Bauherr: Vuya, Kapstadt
Fertigstellung: 2010
Standort: Prince Alfred Hamlet, Südafrika
Bildnachweis: Fakultät für Architektur RWTH Aachen

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