Passivhaus in Bonn-Oberkassel
Vorgefertigter Holzrahmenbau als Nachverdichtung in innerstädtischem Gebiet
Gallerie
Jungen Familien fällt es immer schwerer, Wohnraum in der Stadt
zu finden. Und viele hegen den widersprüchlichen Traum vom
Einfamilienhäuschen mit Garten in dicht besiedeltem Gebiet. Doch
zahlreiche mittlerweile zum innerstädtischen Bereich zählende
Grundstücke haben ihren großzügigen Zuschnitt noch aus Tagen der
Subsistenz- oder gar Landwirtschaft. Neubauten im Garten hinter dem
bestehenden Wohnhaus sind hier eine durchaus sinnvolle Form der
Nachverdichtung, die nur minimal in die örtliche Struktur
eingreift.
Aus vorgefertigten Holzrahmenelementen errichtete das Bonner Büro
Planquadrat-Architekten ein solches Garten-Wohnhaus mit
Passivhausstandard. Nach intensiver Vorplanung der Holzbaudetails
unter Abstimmung mit der Haustechnik wurde der Rohbau in nur drei
Tagen erstellt. Damit beschränkte sich die Sperrung der
Durchgangsstraße sowie des Hofzugangs für das bestehende
Mehrfamilienhaus aus dem Jahr 1900 auf ein Minimum.
Wie häufig bei Einfamilienhäusern, erforderte das Raumprogramm eine
größere Fläche im Erdgeschoss (Küche, Wohnen, Essen, Arbeiten/Gast,
WC mit Dusche, HA-Raum) als im Obergeschoss (drei Schlafräume,
Hauswirtschaftsraum, Bad). Es musste ein Kompromiss zwischen
möglichst kompaktem Baukörper und differierendem Flächenbedarf
gefunden werden. Die Lösung sieht einen Anbau zum Garten hinvor, in
dem der Wohnraum untergebracht ist und das schlechtere
A/V-Verhältnis durch größere Fensterflächen kompensiert wird. Ein
Pultdach schafft im Obergeschoss eine maximale
Öffnung in Süd-West-Richtung und minimiert die Fassadenfläche auf
der Nordseite zum Bestandsgebäude. Das in entgegengesetzter
Richtung geneigte Pultdach über dem eingeschossigen Wohnraum
erzeugt eine großzügige Raumhöhe und bietet Dachfläche für
Solarpaneele.
Das Gebäude wurde in Holzrahmenbauweise vorgefertigt, die
Wandelemente im Zimmereibetrieb vorbereitet, wo auch die
Bauüberwachung erfolgte. Ein Mobilkran hob die einzelnen Elemente
über das bestehende Gebäude. Bereits am zweiten Tag begann das
Verlegen der Dachsparren. Um ein möglichst großes Dämmvolumen und
eine wärmebrückenfreie Dachkonstruktion zu erzielen, wurden im
Dach- und Wandbereich Doppelstegträger als Tragelemente verwendet.
Holzfaser-Dämmplatten schließen die Träger nach außen hin ab und
überdämmen sie. Die Zwischenräume wurden mit Zellulosedämmung
ausgeblasen. Eine Verschalung aus OSB-Platten bildet die innere
luftdichte Ebene, die Stöße wurden verklebt.
Auch im Innenbereich legten die Architekten Wert darauf, den
Baustoff Holz zu zeigen, ohne die Wohnräume zur „Holzkiste“ werden
zu lassen. Holzdecken und -balken blieben sichtbar. Wände und
Dachschrägen wurden zusätzlich mit Gipskartonplatten verkleidet,
gespachtelt und weiß gestrichenen und bilden so einen Kontrast zum
warmen Holzton der Decken und Böden.
Die Gebäudeheizung übernimmt eine Abluft-Wärmepumpe mit
Wärmerückgewinnung. Der Kreuzgegenstrom-Wärmetauscher arbeitet mit
95% (85% nach PHI) Wärmebereitstellung, Sommerbypass automatisch
regulierend. Eine frequenzmodulierte Luft-Luft-Wärmepumpe dient als
Zusatzheizung an besonders kalten Tagen. Die Warmwasserbereitung
erfolgt durch eine Trinkwasser-Wärmepumpe mit 295 Liter
Wasserspeicher, die Nutzung von Solarthermie ist optional vorgesehen. Mittels
Raumthermostaten kann eine Einzelraumregelung der Heizung in den
Wohnräumen erfolgen. Der errechnete Primärenergiebedarf beträgt 40
kWh/m²a, der Endenergiebedarf 15 kWh/m²a. Der
Transmissionswärmeverlust HT liegt bei 0,2
W/m²K. Messungen ergaben einen Luftdichtigkeitswert n50 von
0,46/h.
Dach
Aufbau von innen nach außen:
- GK-Platte
- OSB-Platte 18 mm (als luftdichte Ebene)
- Doppelstegträger 300 mm mit Zellulosedämmung
- Holzfaser-Unterdeckplatte 48 mm
- Unterspannbahn (als zusätzliche Sicherungsmaßnahme)
- Konterlattung
- Lattung
- Dachziegel
Bautafel
Architekten: Planquadrat-Architekten, Bonn
Projektbeteiligte: Dammann Ingenieure, Pulheim (Statik); Treibholz Kooperative für ökologischen Holzbau, Windeck (ZImmerarbeiten und Einblasdämmung); DachTec Klaus Wilhelm, Königswinter (Dachdecker); Zimmermann, Wenden-Gerlingen (Haustechnik)
Bauherr: privat
Standort: Bonn-Oberkassel
Fertigstellung: 2013
Bildnachweis: Planquadrat-Architekten, Bonn