„Blaue Kita“ in Monheim
Gefaltetes Holzdach mit lichtblauer PUR-Beschichtung
Eine typisch westdeutsche Melange aus Geschosswohnbauten, Reihen- und Einfamilienhäusern aus der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts prägt das nordrhein-westfälische Städtchen Monheim am Rhein. Mitten darin liegt das Berliner Viertel, eine ab 1966 entstandene Plattenbau-Großsiedlung. Um sie für junge Familien mit Kindern attraktiver zu machen, investiert die Stadt dort zum einen in soziale Projekte, zum anderen in neue Architektur. Ein Beispiel für Letzteres ist die Blaue Kita am Rand der Siedlung, mit der das Büro V-Architekten aus Köln das umgebende Wohnbaugemisch um einen markanten, lichtblauen Baukörper ergänzt hat.
Gallerie
Auf dem schmalen Grundstück bilden fünf aneinandergesetzte Satteldachhäuser einen lang gestreckten Baukörper. Ihre unterschiedlich geneigten Dachflächen bilden eine fortlaufende, gefaltete Fläche, die die einzelnen Häuser zu einem Ganzen zusammenfasst. Das Dach scheint nahtlos in die vorwiegend geschlossenen Außenwände auf der langen Nordseite und den beiden kurzen Gebäudeseiten überzugehen. Im Süden öffnet sich das Gebäude mit einer breiten Glasfassade zu den Außenanlagen. Dach und Seitenwände ragen darüber hinaus und umschließen eine Terrasse. Ein einheitlich blauer Farbüberzug auf allen nicht verglasten Oberflächen unterstreicht die ungewöhnliche Form der eingeschossigen Kita.
Die vier äußeren „Häuser“ beherbergen jeweils einen nach Süden orientierten Gruppenraum mit angeschlossenen Sanitär- und Nebenräumen. Im mittleren Gebäudeteil befinden sich ein Gemeinschaftsraum und das Foyer, das vom Eingang auf der Nordseite bis zur Südfassade reicht und sowohl Durchblick als auch Zugang zum Garten bietet. Vom Foyer gehen seitlich zwei Flure ab, die sich vor den Eingängen der Gruppenräume zu großzügigen Spielflächen verbreitern. Je ein großes Fensterelement mit niedriger Brüstung auf der Nordseite markiert diese Bereiche. Innenwände, Flurdecken, Türen und Fenstereinfassungen sind in klarem Weiß gehalten. Die Kautschukböden und Fliesen der einzelnen Kindergartengruppen erhielten jeweils eine eigene Farbe. Weiß lasierte Holzwolle-Leichtbauplatten an den schrägen Decken der Gruppenräume schlucken den Schall. Außen setzen sie sich in der weißen Untersicht des Dachüberstandes fort.
Da sowohl Budget als auch Bauzeit knapp bemessen waren, wählten
die Architekten eine einfache Konstruktion aus Stahlbeton und
Holzwerkstoffen. Die tragenden Innenwände ließen sich am
wirtschaftlichsten als Filigran-Betonwände herstellen. Die
Außenhülle des Kindergartens ist dagegen aus vorgefertigten,
tragenden Holzelementen konstruiert, die innerhalb von zwei Tagen
aufgestellt wurden. Die Wandelemente mit statischer Scheibenwirkung
bestehen aus Konstruktionsvollholz (KVH) mit außen aufgebrachten,
zementgebundenen Spanplatten und innenseitiger OSB-Beplankung. Die
Fenster sind flächenbündig in die Außenhaut eingebaut. Die
Südfassade ist als Pfosten-Riegel-Konstruktion aus eloxiertem
Aluminium mit einer Sonnenschutzverglasung ausgeführt.
Dach
Aufgrund ihrer großen Flächen wurden die Sparrendächer im Gegensatz zu den Außenwänden auf
der Baustelle errichtet. Um die Schubkräfte der Dachfelder ableiten
zu können, sind die Kehl- und Mittelpfetten mit Ankern auf den
massiven Innenwänden befestigt, die wiederum in die Bodenplatte
eingespannt sind. Mithilfe von Balkenschuhen wurden die Sparren in
einer Ebene mit den Pfetten montiert, sodass die Dachfläche im
Inneren durchgehend bekleidet werden konnte. Dadurch blieb
gleichzeitig die Dachauskragung über der Terrasse möglichst flach.
Die innenseitige Beplankung mit OSB-Platten steift die Dachflächen
zu Scheiben aus und bildet außerdem die luftdichte Ebene.
Als Wetterschutz wurde auf die Holzoberflächen des Dachs und der
geschlossenen Außenwände eine ca. 3 mm dicke, fugenlose und
elastische PUR-Beschichtung aufgesprüht. Sie nimmt
Spannungen sowie Bewegungen in Konstruktionsfugen auf und bildet
gleichzeitig eine wasserdichte Oberfläche für die aus einfachen
Holzprofilen konstruierten Regenrinnen. Der farbige Schutzanstrich
im RAL-Farbton 5012 – Lichtblau schützt die PUR-Haut vor dem
UV-Licht.
Bautafel
Architekt: v-architekten, Köln
Projektbeteiligte: Stefan Nix-Pauleit, Köln (Bauleitung); SGB Spiessbach-Gerhards-Berg, Reutlingen (Tragwerksplanung und Bauphysik); Grünart, Langenfeld (Außenanlagen); HPI Himmen, Köln (Technische Gebäudeausstattung); Josef Pick Bauunternehmen, Grevenbroich (Rohbauarbeiten); Fritz Kathe & Sohn, Vechta (Zimmerarbeiten); Strabag, Essen (Dachbeschichtungsarbeiten); Carl Croon, Leichlingen (Metallbauarbeiten)
Bauherr: Stadt Monheim am Rhein
Fertigstellung: 2011
Standort: Oranienburger Straße 18/20, 40789 Monheim am Rhein
Bildnachweis: v-architekten, Köln; Fotos: Constantin Meyer, Köln