Umnutzung einer ehemaligen Spinnerei in Freienstein

Sekundäres Tragsystem ergänzt sichtbare historische Holzkonstruktion

Bereits 1990 wurde der Spinnereibetrieb des Schweizer Unternehmens Blumer eingestellt, wodurch ein rund 50.000 Quadratmeter umfassendes Areal in der Gemeinde Freienstein einer neuen Nutzung zugeführt werden konnte. Die Firma selbst konzentriert sich seither auf die Weiterentwicklung, Vermietung und Verwaltung der Liegenschaften. Freienstein im nördlichen Teil des Kantons Zürich gelegen, ist geprägt durch den geschwungenen Flussverlauf der Töss, an deren Ufer auch das ehemalige Industriegelände grenzt. Bis auf dessen Herzstück, einen sechsgeschossigen Hochbau mit ausgebautem Dachraum, wurden alle Gebäude nach und nach umgenutzt – für Produktion und Logistik, als Büroräume und Ateliers, als Tanzschule und Kino. 2014 schließlich gestalteten Moos Giuliani Herrmann Architekten aus Uster das 175 Jahre alte, denkmalgeschützte Bauwerk im Zentrum des Areals um und sanierten es entsprechend dem Minergiestandard. Nun beinhaltet es über zwanzig Loftwohnungen, fünf Bürolofts sowie 13 kleinere Ateliers bzw. Hobbyräume.

Gallerie

Das 19 Meter breite und knapp 50 Meter lange Hauptgebäude ist mit seinen Längsseiten etwa Nord-Süd ausgerichtet. Nördlich schließen zwei deutlich niedrigere Bestandsbauten an, darunter ein ehemaliger Turbinenraum, der heute als Gemeinschaftsraum dient. Im Übergang dazwischen befindet sich der Eingang mit Treppenhaus und Aufzug. Wenige Stufen führen hinab ins Untergeschoss auf ein Niveau rund 75 cm unterhalb des Geländes. Dort sind überwiegend Ateliers (23 bis 50 m²) untergebracht, die durch einen zentralen Flur erschlossen und über kleine Fensteröffnungen mit Tageslicht versorgt werden. Auf allen oberen Etagen – vom Erdgeschoss bis zum ersten Dachgeschoss – befinden sich Loftwohnungen und -büros, die sich meist über zwei Etagen erstrecken. Ihre Erschließung erfolgt über zentrale Flure im 1. und 4. Obergeschoss. Auf den übrigen Etagen nehmen die Grundrisse die gesamte Gebäudetiefe ein, sodass die Wohnungen bzw. Büros Tageslicht von Osten und Westen erhalten. Alle Maisonettewohnungen haben Flächen zwischen 150 und 170 Quadratmetern, die Büros variieren zwischen 100 und 180 Quadratmetern. Einläufige Treppen verbinden die Ebenen intern. Zwei eingeschossige Wohnungen sind 65 bzw. 180 Quadratmeter groß.

Mit den Nachbargebäuden im Norden ist der von den Architekten als „Wohnfabrik“ bezeichnete Bau zusätzlich durch zwei Passarellen (überdachte Gänge) verbunden: eine mündet im Erdgeschoss in einem Büro an der Westseite, eine weitere an der Ostfassade des Treppenhauses im zweiten Obergeschoss. Der Fabrikcharakter sollte nach der Umgestaltung unbedingt erhalten bleiben, die Wohnungen großzügig und ihre Ausgestaltung flexibel sein. Um die historische Tragkonstruktion aus Holz sichtbar belassen zu können, wurde ein sekundäres Tragsystem eingebaut. Die Installationen in den Einheiten verlaufen jeweils in einem zentralen Kern. An der Ostseite ist eine Balkonkonstruktion aus Stahl und Gummigranulatböden davorgestellt. Um die denkmalgeschützte Fassade nicht verändern zu müssen, sind die Balkonböden auf dem Niveau der Oberkante Fensterbrüstungen angeordnet. Von den Innenräumen aus gelangt man über drei Stufen auf dieses Niveau, steigt also durchs Fenster auf den Balkon (siehe Abb. 19).  Um die alten Fenster mit gusseisernen Beschlägen zu erhalten, erfuhren sie eine Aufdoppelung mit Isolierverglasung. Zur Erfüllung des Minergie-Standards war außerdem die Integration einer kontrollierten Lüftung notwendig.

Brandschutz
Für das Gebäude war ein objektspezifisches Brandschutzkonzept erforderlich. Alle tragenden Bauteile und deren Verbindungen weisen mindestens 60 Minuten Feuerwiderstand auf. Dafür wurden die bestehenden Holzbalkendecken mit Gipsfaserplatten beplankt. Die historischen Holzstützen (20/20 bis 25/25 cm) haben aufgrund des neuen Tragwerks aus Stahl nicht mehr tragende Funktion, insofern bestehen an sie keine Brandschutzanforderungen. Die sekundären Stahlstützen sind entsprechend dem Feuerwiderstand El 60 bekleidet (siehe Abb. 38). Die Wände zwischen Räumen verschiedener Nutzungen sind brandabschnittsbildend mit 60 Minuten Feuerwiderstand ausgeführt. Auch die Korridore haben diesen Feuerwiderstand, einmündende Türen entsprechen El 30. Die Wände der Installationsschächte weisen ebenfalls 60 Minuten Feuerwiderstand auf (siehe Abb. 40). Das Material von Wärmedämmschichten und Bekleidungen der Außenwand sowie der obersten Schicht von Bedachungen ist nicht brennbar.

Das Treppenhaus ist als durchgehender Brandabschnitt mit Feuerwiderstand REI 60 erstellt. Als Fluchtweg dient weiterhin eine neu angefügte Außentreppe an der schmalen Südfassade, auf Achse des Erschließungsflures. Die Belegung des Gemeinschaftsraumes (Turbinenhalle) ist auf maximal 50 Personen beschränkt. (us)

Bautafel

Architekten: Moos Giuliani Herrmann, Uster
Projektbeteiligte: ibeg – bauengineering, Reto Ambass, Uster (Statik); EKZ Eltop, Illnau (Elektro); Storrer Gebäudetechnik, Hittnau (HLS); Christian Herrmann, bau energie umwelttechnik, Andelfingen (Bauphysik)
Bauherr: Blumer Söhne + Cie, Freienstein
Fertigstellung: 2014
Standort:
Othmar Blumer-Straße 1, 8427 Freienstein-Teufen, Schweiz
Bildnachweis: Beat Bühler, Zürich

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