Produktions- und Logistikzentrum in Neuenburg
Schwarzer Teppichboden in der Cafeteria
Gute Industriearchitektur ist so schwer zu finden wie die sprichwörtliche Stecknadel im Heuhaufen. In fast jedem Industrie- oder Gewerbegebiet die gleiche banale Aneinanderreihung typisierter Systemhallen mit entweder eintönigen oder übermäßig auffällig gestalteten Fassaden. So auch im Industriegebiet der Stadt Neuenburg am Rhein - bis auf eine Ausnahme: Ganz am Ende des Areals befinden sich zwei Hallenbauten, die sich klar vom Rest der umliegenden Gebäude abgrenzen. Sie entstanden im Abstand von 16 Jahren, beide nach Plänen des Mailänder Architekten und Designers Antonio Citterio und beherbergen das Logistik- und Produktionscenter Contura des Möbelherstellers Vitra.
Gallerie
Das bereits 1992 fertig gestellte erste Gebäude mit einer Nutzfläche von rund 6.000 m² besteht aus Aluminium-Sandwich-Paneelen, aus dem Vitra auch Möbel fertigt. Die V-Holzstützen, die das weit auskragende Dach tragen, sollen eine Verbindung zu den umliegenden Schwarzwaldhäuser herstellen. Für die jetzt errichtete zweite Halle wurde sowohl die Gestaltung als auch das Konstruktionsprinzip des Vorgängerbaus übernommen; mit einer Nutzfläche von etwa 13.000 m² ist sie jedoch mehr als doppelt so groß. Hinter der Neukonzeption stand die Idee, dass sich zwei identische Gebäudekörper besser von der umgebenden Architektur absetzen. Zudem hatte sich das Modul-System der ersten Halle bewährt.
Vor Baubeginn wurden sämtliche Kennwerte des Vorgängerbaus analysiert und die Vorgaben für das neue Gebäude festgelegt: Gefordert waren ein flexibles Raumkonzept sowie eine Gebäudetechnik, die auf die Nutzung erneuerbarer Energien ausgerichtet ist. Um den Stromverbrauch möglichst gering zu halten, wurde zudem großen Wert auf eine optimale Tageslichtnutzung gelegt - mit dem Ergebnis, dass weder in der Halle noch in den Büros tagsüber künstliche Lichtquellen benötigt werden. Die flexible Raumnutzung wurde durch die Erweiterung des Stützenrasters auf 25 m erreicht.
Geheizt wird das Gebäude über eine Fußbodenheizung, für die insgesamt 36 Kilometer Leitungen verlegt wurden. Als Wärmequelle dient eine Wärmepumpe, die aus dem Oberrheingraben gespeist und mit Strom versorgt wird, den eine Photovoltaikanlage auf dem Dach liefert. Die Wärmedämmung aus Mineralwolle unter dem Metalldach wurde von 10 cm im Vorgängerbau auf 16 cm im Neubau erhöht und auch die mit Hartschaum gedämmten Sandwich-Paneele der Außenwände erreichen deutlich bessere U-Werte. Im Sommer führen 16 jeweils 35 m lange Oberlichtbänder, die durch automatische Öffnungen in der Fassadenverglasung unterstützt werden, auftretende Stauwärme ab. Alle Maßnahmen haben zu beträchtlichen Energieeinsparungen geführt: Trotz mehr als doppelter Größe beträgt der Energieverbrauch der neuen Halle nur etwa ein Sechstel des Vorgängerbaus und auch der Strombedarf ist um 15 bis 20% geringer.
Boden
Klarheit und Reduktion auf das Wesentliche bestimmen auch die
Gestaltung der Innenräume. Bei der Einrichtung herrschen
hochwertige Materialien in den Farben Schwarz und Weiß vor. So auch
beim textilen Bodenbelag im Besprechungsraum, in der Cafeteria
sowie in den aus der Längsfassade hervortretenden Büros. Auf einer
Fläche von etwa 1.000 m² wurde ein annähernd schwarzer Teppichboden verlegt, dessen Polmaterial aus 40%
Ziegenhaar und 60% Polyamid 6
besteht. Diese Faserkombination verbindet den natürlichen Charakter
des Polmaterials mit einer besonders ausgeprägten Strapazierfähigkeit (Beanspruchungsklasse 33),
was den Einsatz des Bodenbelags auch im hoch beanspruchten
Objektbereich erlaubt. Die Rückenausrüstung besteht aus Jutegewebe,
hergestellt wurde er im Klebpolverfahren.
Ein wichtiger Aspekt der Planung lag darin, die Lärmbelästigung
für die Mitarbeiter so gering wie möglich zu halten und das sowohl
in den Räumen für die Produktion als auch in den Büros. Dem kommt
der textile Bodenbelag entgegen, da er im Vergleich zu harten
Belägen eine deutlich bessere Schalldämmung und Wärmedämmung
aufweist. Darüber hinaus ist der Teppichboden pflegeleicht und
erfüllt alle Zusatzeignungen, die im Objektbereich
unerlässlich sind wie Schnittkantenfestigkeit, Stuhlrollen- und
Treppeneignung und kann außerdem auf
Fußbodenheizung verlegt werden, eine Voraussetzung für seinen
Einsatz im Produktions- und Logistikzentrum in Neuenburg.
Bautafel
Architekten: Antonio Citterio and Partners, Mailand/I
Projektbeteiligte: Kienzler und Kunzelmann, Freiburg (Tragwerksplanung Massivbau); Walther und Reinhardt, Herbolzheim (Tragwerksplanung Stahlbau); Matthias Pfeifer, Bad Krozingen (Prüfingenieur); Moser, Merzhausen/Freiburg (Bauunternehmen); Tretford, Wesel (Teppichboden); Kessler, Schlingen (Verlegung Bodenbelag)
Bauherr: Vitra, Weil am Rhein
Fertigstellung: 2008
Standort: Freudenbergstr. 4, Neuenburg am Rhein
Bildnachweis: Tretford, Wesel
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