Studentendorf Schlachtensee in Berlin

Denkmalgerechte Modernisierung

Als ein locker bebautes, durchgrüntes Wohnquartier mit gemeinsam nutzbaren Gebäuden rund um einen zentralen Platz entwarfen die Architekten Hermann Fehling, Daniel Gogel und Peter Pfannkuch – allesamt ehemalige Mitarbeiter Hans Scharouns – in den späten 1950er Jahren das Studentendorf Schlachtensee. Die Anlage im südwestlichen Zipfel von Berlin gehört zum Bezirk Steglitz-Zehlendorf und wurde in drei Bauabschnitten realisiert: Von 1957-59 entstanden 21 Gebäude mit 710 Wohneinheiten sowie das sogenannte Rathaus, die Bibliothek und ein Laden. Zwei weitere Wohnhäuser, das Gemeinschaftshaus und ein mittlerweile abgerissenes Direktorenhaus wurden von 1962-64 ergänzt. Nach Plänen des Architekturbüros Kraemer, Sievers und Partner kamen in den späten 1970er Jahren schließlich vier weitere Wohnhäuser dazu, die jedoch im Gegensatz zu den früheren Bauten nicht unter Denkmalschutz stehen.

Gallerie

Das gemeinschaftliche Wohnen und Lernen sowie eine teilweise Selbstverwaltung sollte die demokratische Bildung der Studierenden im Nachkriegsdeutschland fördern – ein erklärtes Ziel des einst mit Mitteln des US State Departments finanzierten Studentendorfes. Seit 2006 gilt die Anlage als „Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung“, der Weg dorthin war allerdings steinig: Zwei Abrissbeschlüsse in den 1980er- und 90er-Jahren mussten abgewendet werden, bis 2003 schließlich eine Genossenschaft gegründet wurde, die das gesamte Objekt übernahm und seine schrittweise Sanierung vorantrieb. In einer ersten Phase lag sie in der Hand von Autzen und Reimers Architekten, ab 2012 übernahmen Brenne Architekten die Instandsetzung und punktuelle Umwandlung einiger Wohnhäuser, die 2017 abgeschlossen sein soll; bereits fertiggestellt sind die Häuser 5-6, 9-10, 18, 22-23 und 28.

Insgesamt 28 Gebäude sind auf dem sanft hügeligen Gelände von rund 5,3 Hektar angeordnet, das von zumeist diagonalen Wegeverbindungen durchzogen ist (siehe Abb. 21). Die zwei- bis dreigeschossigen Wohnhäuser wurden für Wohngruppen von ca. 30 Studenten konzipiert. Ursprünglich waren die knapp zehn Quadratmeter messenden Individualräume jeweils an den Längsseiten eines Gebäudes aufgereiht und um ein Treppenhaus mit zentralem Lichthof und Gemeinschaftsbereich organisiert. Weil nach heutigen Standards jedoch eine Dusche und Toilette für bis zu acht Personen nicht ausreicht, wurden die Grundrisse zum Teil neu geordnet. Nun fungiert beispielsweise das mittlere von drei ehemaligen Studentenzimmern als Bad und ist mit einem kleinen Flur davor beidseitig nutzbar (siehe Abb. 22). Oder zwei ehemalige Einheiten sind zu einem Apartment mit kleinem Bad bzw. Bad und Küche zusammengefasst. An anderer Stelle wiederum dient ein früherer Individualraum als externes Duschbad mit separatem WC für mehrere Einzelzimmer. Die Gemeinschaftsbereiche wie Küchen und Freiräume, Flure und Foyers wurden revitalisiert, wobei das ursprüngliche Farbkonzept aufgegriffen, historische Einbauten und Möbel verwendet und ergänzt wurden. Zeitgeist und Architektursprache sollen bewahrt, die zugrunde liegende Idee des gemeinsamen (bezahlbaren) Wohnens von Studierenden aus aller Welt gestärkt werden.

Sanierungsmaßnahmen/Bauphysik

Die Gebäudehüllen und die Gebäudetechnik der Wohnhäuser wurden denkmalgerecht modernisiert, d.h. bauphysikalisch und energetisch ertüchtigt. Dächer und Fassaden erhielten eine neue Wärmedämmung.

Gebäudeöffnungen: Die Stahlfenster wurden durch eine thermisch getrennte Konstruktion nach historischem Vorbild mit Drei- bzw. Zweischeibenisolierverglasung ersetzt. Sandwichelemente mit einer hinterlüfteten Bekleidung aus Faserzement bilden die geschlossenen Flächen zwischen den Fenstern. Die Außentüren wurden in Anlehnung an die Originale erneuert; ebenso die Oberlichter (Profile mit Drahtglas) in Fluren und über Treppenhäusern.

Fassaden: Die markante Aufteilung der Fassaden mit Sichtbetonflächen, Wasserspeier und kontrastierenden Putzflächen (ursprünglich: weiß im Bereich der Studentenzimmer und anthrazit für die Gemeinschaftsbereiche) blieb erhalten. Zuvor ungedämmte Sichtbetonflächen an Attiken und Stürzen sind nun mit Kerndämmung und Vorsatz aus Sichtbeton ausgeführt, um einen bündigen Abschluss mit den Fensterprofilen zu schaffen. Die bestehenden Putzflächen wurden entfernt, ein ausgleichender Armierungsputz aufgetragen und auf diesem 60 mm starke Wärmedämmplatten (U-Wert = 0,022) angebracht. Deren Oberflächen sind mit einem durchgefärbten Kratzputz ausgeführt, dessen Farbigkeit sich am historischen Vorbild orientiert, das im Zuge restauratorischer Untersuchungen ermittelt wurde. Mit der neuen Fassade rücken die Fensterflächen um Dämmstoffstärke nach außen, um die Proportionen und Kubatur der Gebäude erhalten zu können.

Haustechnik:
Eine Besonderheit und Lowtech-Komponente sind Außenwandlüfter mit Wärmerückgewinnung, die verborgen in der Fassade angeordnet sind – sie sind in Einbauregalen im Innenraum platziert (siehe Abb. 37) und sorgen für eine deutliche Senkung der Betriebskosten. Die Heizleitungen und Heizkörper wurden erneuert, ebenso die Sanitär- und Elektroinstallationen. Im Zusammenspiel mit dem Wärmedämmverbundsystem an den Fassaden lässt sich der Energiebedarf bis zu 60% senken.

Innenraum: Fenster bzw. Verglasungen in den Gemeinschaftsräumen, Hallen und Küchen blieben erhalten. Weil die Gebäudestruktur und Rettungswegesystematik ebenfalls gleich blieben, war die brandschutztechnische Ertüchtigung der historischen Stahl-Glas-Türen mit Obentürschließern und Dichtungen erforderlich. Die historischen Küchen aus Stahlblech wurden restauriert, d.h. aufgearbeitet, umgebaut und neu lackiert; neue Elektrogeräte ergänzt. (us)

Bautafel

Architekten: Hermann Fehling, Daniel Gogel und Peter Pfannkuch, Berlin (Planungen der Bauten 1957-59 und 1962-64); Autzen und Reimers Architekten, Berlin (Sanierung bis 2013); Brenne Architekten, Berlin (Sanierung 2012-2017)
Projektbeteiligte: Christine Becker-Koob, Berlin (Farbuntersuchungen), Secco Sistemi, Preganziol (Stahlfensterprofile); Eternit, Heidelberg (Sandwichelemente); Saint-Gobain Weber Terranova, Wien (Kratzputz) 
Bauherr: Studentendorf Schlachtensee, Berlin
Fertigstellung Sanierung: 2006-2017
Standort: Wasgenstraße 75, 14129 Berlin
Bildnachweis: © Brenne Architekten sowie Mila Hacke, Berlin

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