Wohn- und Geschäftsgebäude in Bozen/I

Umnutzung eines historischen Handelshauses

Die Altstadt von Bozen, in Jahrhunderten aus Handelshäusern langsam gewachsen, steht weitgehend unter Denkmalschutz. Früher wurden die Handelshäuser auch als Wohnsitz genutzt, jedoch zogen in den 1960er Jahren Zug um Zug die Handelsfamilien aus der Innenstadt an den Stadtrand. Ein allerorten zu beobachtendes Phänomen. Dem steuerte die Stadtpolitik entgegen, indem sie einen Nutzungsmix aus 40 % Gewerbe und 60 % Wohnen für den Stadtkern festlegte, um die über den Ladengalerien liegenden Geschosse wieder neu zu "beleben". Um die Jahrhundertwende vom 19. in das 20. JH stand das im Mittelalter errichtete, im Barock mit neuer Fassade versehene und in jüngerer Zeit mit Fassadenmalerei überzogene Gebäude fast zehn Jahre leer und wurde damals von einer Familie, die Farben herstellte, gekauft. In unserer Zeit wanderte die Farbfabrik in ein neues Industriegebiet ab und dem Haus drohte neuerlicher Leerstand. Eine bekannte Geschichte also. Der Besitzer beauftragte einen Architekten, um das Gebäude trotz der hohen Auflagen des Denkmalschutzes in ein Geschäfts- und Wohnhaus umzubauen.

Die Fassadenmalerei aus dem frühen 20. JH wurde sorgsam restauriert
Klare Kanten zeigt die neue Treppe, im Hintergrund die neue Glasschiebetüranlagen
Der Aufzugsturm wurde mit Stahlplatten eingehaust, bei denen die Zunderschicht sichtbar blieb. Die Untersicht einer neuen Betondecke blieb unbehandelt.

Sanierung/Modernisierung
Nach analytischen Untersuchungen der Wände traten spätmittelalterliche, teils auch barocke Farbfresken zu Tage, die sorgsam restauriert wurden und dem Haus seine bauhistorische Bedeutung wiedergeben. Die gehackten Verbindungsstellen späterer Putzschichten wurden sichtbar als Verletzungen gezeigt und mit hellgrauem Sanierputz geschlossen.
Schwieriger gestaltete sich der Eingriff in den Bestand, wo es um neue Einfügungen ging. Der hohe Gewölberaum im Keller wurde durch eine neu eingefügte Betondecke, die an den umschließenden Mauern eine Schattenfuge erhielt, in zwei Nutzungsebenen geteilt. Die im Mittelpunkt des Raumes stehende Holzstütze wurde sorgsam freigelegt.
Die Nasszellen in den Obergeschossen, die als Wohnungen genutzt werden, sind analog zu Möbeln als Zutaten klar erkennbar. Eine dezidiert moderne Sprache sprechen die Kücheneinbauten oder der neue Lift, die mit lokalen Metallbauern aus Stahlblechen gefertigt wurden. Neue Tranparenz vermitteln Zutaten wie eine filigrane Stahlbrücke oder Trennwände, die mit satiniertem Glas ausgestattet sind. Die Durchdringung von schützenswerten Originalbauteilen und bewusst modernen Zutaten stellt ein gelungenes Beispiel einer Modernisierung unter denkmalrechtlichen Zwängen dar.

Bautafel

Architekten: Dr. Arch. Peter Plattner, Bozen/I
Projektbeteiligte: Michaela Mair, Karin Triendl, Wolfgang Proebstie (Mitarbeiter); Dr. Ing. Georg Kauer, Bozen (Tragwerksplanung); Restaurator Pescoller Werkstätten(Fassaden); Halotech (Lichtausstattung)
Bauherr: Dipl. Kfm. Ander Amonn
Fertigstellung: 2001
Standort: Bindergasse 37 in Bozen/Südtirol
Bildnachweis: Ignacio Martinez, Hard/A