Rathaus in Balingen

Umbau und Modernisierung unter Denkmalschutzbedingungen

Das 1811 nach einem Stadtbrand wieder errichtete, klassizistische Rathaus der schwäbischen Stadt Balingen steht unter Denkmalschutz und sollte grundlegend modernisiert werden. Neben dem Umbau der Bürobereiche wurde vor allem ein repräsentatives Foyer mit flexiblen Ausstellungs- und Vortragsmöglichkeiten gewünscht. Oben auf der Wunschliste standen ebenfalls ein Bürgerbüro und ein barrierefreier Zugang zu allen öffentlichen Anlaufstellen. Mit diesen Maßgaben wurde ein Gutachterwettbewerb veranstaltet, aus dem die Architekten als Sieger hervorgingen und im Jahr 2000 mit der weiteren Planung beauftragt wurden. Nach ersten Untersuchungen stellte sich heraus, dass relativ wenig schützenswerte Substanz beim Innenausbau berücksichtigt werden musste, dennoch sollten die neuen Maßnahmen mit dem Bestand korrespondieren.

Der zweigeschossige Luftraum mit dem im Vordergrund angeschnittenen neuen Aufzug bringt Transparenz in die alten Gemäuer.
Unter der verputzten Decke des großen Sitzungszimmers versteckt sich eine moderne Kühldecke.
An Stelle des alten Treppenhauses wurde entlang der Südwand eine neue zweiläufige Treppenanlage mit Wendepodesten errichtet, deren Stahlteile in frischem Rot leuchten.

Sanierung/Modernisierung
Die hervorragende städtebauliche Lage nutzten die Planer, indem sie das Haus zum angrenzenden Marktplatz öffneten. Das 1. Obergeschoss wurde vollständig entkernt. Der Fußboden des Eingangsgeschosses wurde als geneigte Ebene ausgeführt, die einerseits einen stufenlosen Übergang zum Niveau des Marktplatzes und andererseits die erforderliche Höhe zur Unterbringung eines darunter angeordneten Bürgerbüros ermöglichte. Eine durch den Luftraum von zwei Geschossen führende Treppe verbindet den Eingang vom Marktplatz mit demjenigen von der Neuen Straße.
Die Räume im Dachgeschoss werden durch ein flächenbündig integriertes Fensterband belichtet. Die Wirkung des historischen Dachstuhls bleibt dank des Einsatzes transparenter Glas-Elemente gut erlebbar.

Zusammen mit dem bereits im Entwurfs- und Planungsprozess eingeschalteten Bauphysiker wurden die wesentlichen Elemente entwickelt: Fenstergewände, Streckmetalldecken oder Lochstreifen in den Fluren. Ebenso trickreich wurden die Fenster detailliert: die Wärmebrücke im EG wurde durch zusätzliche Betongewände mit einer eingeschobenen Kerndämmung vor die bestehenden Sandsteingewände umgangen. Außerdem konnte die Profilierung der Holzfenster mit vorgesetzten Edelstahlsprossen fein gehalten werden. Der Sonnenschutz wurde - in Anlehnung an die vom Denkmalschutz geforderten Klappladen - durch Lochblechfensterläden erreicht.

Der Schallschutz im Sitzungssaal wird durch in die in Kühldecke integrierten Akustikputz gewährleistet. Die alten Fachwerkwände wurden mit Porenbeton neu ausgefacht und analog der Bruchsteinwände mit einer 120 mm dicken Wärmedämmverbundsystem aus Mineralwolle kaschiert. Die Sandsteingewände der Arkaden im Erdgeschoss sind mit einer raumseitigen Schaumglas-Innendämmung realisiert. Luft- und Trittschallschutz der Holzbalkendecke in den Obergeschossen konnte durch biegeweiche Auflasten mit Betonwerksteinen und zusätzlich aufgebrachtem schwimmendem Estrich erreicht werden.

Bautafel

Architekten: Manderscheid Architekten, Rottenburg am Neckar
Projektbeteiligte: Johannes Manderscheid, Christoph Manderscheid (Architekten); mit Burkard M. Sambeth, Tübingen (Bauleitung); Caroline Pöll (Leitsystem); Prof. Höfker Ingenieure, Backnang (Bauphysik)
Bauherr: Stadt Balingen/ Baden Württemberg
Fertigstellung: 2004
Standort: Balingen
Bildnachweis: B. Walther, Stuttgart

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