Laufstall für Kühe auf Schloss Wildenstein

Tierschutzgerechter Holzbau mit offenem Trogdach

Auffälligstes Gestaltungselement des Neubaus ist zweifelsohne das Trogdach (Schmetterlingsdach)
Die zentrale Fläche im Baukörper nimmt der nach oben hin offene Laufgang ein
Der tierschutzgerechte Neubau ersetzt einen alten, dunklen Anbindestall

Dass auch Kuhställe zu bedeutender Architektur avancieren können, bewies Hugo Häring bereits Anfang der 1920er Jahre. Der von ihm geplante Nutzbau für Gut Garkau in Schleswig-Holstein zählt zu seinen bekanntesten Werken. Kury Stähelin Architekten aus Basel haben ebenfalls einen Kuhstall geplant. Er gehört zum Landwirtschaftsbetrieb auf Schloss Wildenstein im schweizerischen Bubendorf und war alles andere als eine leichte Bauaufgabe, mussten die Planer doch Tierwohl, Denkmal-, Landschafts- und Naturschutz unter einen Hut bringen.

Das Schloss selbst stammt aus dem 13. Jahrhundert und liegt in landschaftlich reizvoller Lage rund zwei Kilometer von der kleinen Gemeinde entfernt. Besitzer des historischen Ensembles ist der Kanton Basel-Landschaft, Pächter des Gutshofes die Familie Sprunger, die hier in der vierten Generation Landwirtschaft betreibt. Der tierschutzgerechte Neubau ersetzt einen alten, dunklen Anbindestall und dient rund 100 Kühen und Kälbern als Laufstall. Den Anforderungen der Bio-Landwirtschaft entsprechend, bietet er den Tieren ein hohes Maß an Bewegungsfreiheit und ist im Vergleich zum Anbindestall bei größeren Beständen als effizienter anzusehen.

Der 952 Quadratmeter große Laufstall entstand am südöstlichen Rand des aus Gutshof und drei Wirtschaftsgebäuden bestehenden Bio-Betriebs. Er ist in Holzrahmenbauweise errichtet und mit einer halboffenen Fichtenholzschalung verkleidet, wie sie in dieser ländlichen Region traditionell üblich ist. Ungewöhnlich ist allerdings die Form der Holzschalung: die Latten sind langgestreckte Trapeze (siehe Abb. 6). Das Dach bezieht sich auf das historische, große Satteldach des Gutshofes, ist aber ein typologisch neues Element. Die zentrale Fläche im Baukörper nimmt der nach oben hin offene Laufgang ein; um ihn herum sind das Futtertenn und die Liegeplätze für die Tiere angeordnet. Dies garantiert einen optimalen funktionalen Ablauf. Für eine gute Belichtung und Belüftung sorgen die halboffene Holzschalung und ein Licht- und Luftschlitz oberhalb der Längsfassaden.

Dach
Die großen Satteldächer der Bestandsgebäude sind ein wesentliches Gestaltungselement der gesamten Schlossanlage. Dementsprechend hoch war der Stellenwert, den die Architekten dem Dach des neuen Kuhstalls beimaßen. Sie entschieden sich für ein Trog- oder Schmetterlingsdach, bei dem es sich im Prinzip um ein umgekehrtes Satteldach handelt. Im Gegensatz zu diesem treffen sich die Dachflächen nicht an einem oberen First, sondern neigen sich v-förmig nach unten und bilden am Schnittpunkt eine Kehle aus. An beiden Längsseiten des Gebäudes treten Firste anstelle der Traufen.

Das Bubendorfer Stalldach weist zwei Besonderheiten auf: Zum einen fehlt hier die Kehle wegen des nach oben offenen Laufgangs im Gebäudezentrum; zum anderen führen die mit 9° und 13° unterschiedlich geneigten Dachflächen zu einer asymmetrischen Dachform. Als Dacheindeckung wählten die Architekten graue Wellfaserbetonplatten, die im landwirtschaftlichen Bauen weit verbreitet sind. Auf die äußeren Abschlussprofilplatten verzichteten sie, sodass von der Deckung lediglich die filigranen Wellkanten in Erscheinung treten. Die Dachkonstruktion besteht aus Holz und ist mit biegesteifen Ecken ohne sichtbare Flachstahlelemente ausgeführt.

Der Aufbau von außen nach innen ist wie folgt:

  • 92 cm breite und 6,4 mm dicke Dachwelllplatten in Naturgrau
  • Dachpfetten 12/20 cm
  • Obergurt Rahmen aus Brettschichtholz (BSH)16/48 cm

Bautafel

Architekten: Kury Stähelin Architekten, Basel
Projektbeteiligte:
Studer Partner, Neuenkirch (Bauingenieure); Krieger, Ruswil (Landwirtschaftplanung); Berchtold.Lenzin, Liestal (Landschaftsarchitekt); G. Restori, Liestal (Elektroplanung); Besmer-Brunner, Sattel (Holzbauingenieure); Ernst Frey, Kaiseraugst (Erdarbeiten/Baumeister); Fredy Abächerli, Edlibach (Montagebau in Beton); Holzbau Gisin, Lauwil (Montagebau in Holz / Deckungen); Huber Matthäus, Eppenberg (Textile Rolltore, Stalleinrichtung und Entmistungsanlage); Böhi + Wirz, Liestal (Spenglerarbeiten); Völlmin Landtechnik, Ormalingen (Jauchetechnik); Swiss Pearl Eternit, Niederurnen (Dachwellplatten)
Bauherr:
Kanton Basel-Landschaft, Bau- und Umweltschutzdirektion, Hochbauamt
Pächter: Familie Sprunge, Bubendorf
Fertigstellung: 2013
Standort:
Schloss Wildenstein 37, 4416 Bubendorf, Schweiz
Bildnachweis: Thomas Jantscher, Colombier

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