Landesarchiv NRW in Duisburg

Rauten-Klinker-Mauerwerk und neue Kalksandsteine als Hintermauerwerk

Weithin sichtbar ragt ein fensterloser Turm aus Klinkermauerwerk in den Duisburger Himmel. Er ist Teil des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen und scheint geradezu aus einem unter Denkmalschutz stehenden, ehemaligen Getreidespeicher mit gestaffelten Giebeln herauszuwachsen. Auch der alte Speicher und ein Anbau dienen dem Archiv, seine Umnutzung und die Erweiterung wurden nach Plänen des Wiener Architekturbüros Ortner & Ortner Baukunst realisiert.

Ein schönes Spiel aus alten und neuen Klinkern
Das Außenmauerwerk besteht, wie das des alten Speichers, aus Klinkern im Reichsformat
Die Dimensionen des 76 Meter hohen Turms übersteigen bei Weitem die des Industriedenkmals

Mit 76 Metern ist der neue Archivturm etwa doppelt so hoch wie das Industriedenkmal und wirkt wie ein überdimensionales Satteldachhaus. Die Verbindung zwischen alt und neu wird durch das Fassadenmaterial hergestellt: Die hellrote Klinkerhülle des neuen Turms mit feinem Relief ergänzt das typische, tief rotbraune Mauerwerk des alten Speichers. Außerdem wurden alle Öffnungen in der alten Fassade mit den hellroten Ziegeln des Ergänzungsbaus geschlossen.

Im Inneren des Gebäudes ist nun auf 21 Geschossen und gut 148 Regalkilometern das Archivgut des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen untergebracht. Um künftige Zuwächse aufnehmen zu können, erhielt der Speicher einen fünfgeschossigen Anbau mit wellenförmigem Grundriss. Zur Straßenseite hin ist das Erdgeschoss als großflächig verglaster Sockel ausgebildet, die restlichen Fassaden werden von unregelmäßigen Fensterreihen unterbrochen und sind mit einem roten Putz versehen, der den Farbton des neuen Klinkermauerwerks aufgreift. In diesem Neubau sind die Verwaltung sowie Lese- und Veranstaltungssäle untergebracht, nach und nach sollen ihn weitere Aktenregale füllen.

An der Schnittstelle zwischen Speicher und Anbau liegt das zum Wasser hin verglaste und mehrere Geschosse hohe Foyer. In die Seitenwand zum Archiv sind übereinander drei große runde Öffnungen geschnitten, die Einblick in das sonst gänzlich verborgene Innere des Dokumentenspeichers erlauben.

Mauerwerk
Die 38 cm dicken, einschaligen Außenwände des alten Speichergebäudes sind als Sichtmauerwerk aus Reichsformat-Klinkern im Märkischen Verband ausgeführt. Die vorhandene Fassade blieb erhalten und wurde in einen zweischaligen Außenwandaufbau mit Wärmedämmung und Luftschicht integriert. Das 17,5 cm starke Hintermauerwerk besteht aus neuen Kalksandsteinen der Rohdichteklasse 1,8 und erhielt innen einen 2,5 cm dicken Kalkzementputz. Als Wärmedämmung kommen hydrophobe Dämmplatten aus Mineralwolle zum Einsatz, die durch Verdübelung an der bestehenden Außenwand aus Backsteinen befestigt wurden. Die Luftschicht liegt auf der Innenseite der Dämmung.

Die Fassadenöffnungen des alten Speichers (Fenster und Türen) wurden zunächst mit 24 cm starkem Kalksandsteinmauerwerk geschlossen, Stoß-, Lager- sowie Anschlussfugen vollsatt vermörtelt. Anschließend wurden die Öffnungen von außen mit Klinkern im Reichsformat von 25 x 12 x 6,5 cm im Kreuzverband ausgemauert. Das neue Ziegelmauerwerk ist nicht bündig mit der Bestandsfassade ausgeführt, sondern um 4,5 Zentimeter nach innen versetzt. Innerhalb des Kreuzverbands sind in jeder Binderschicht mehrere Steine nochmals um 1,5 Zentimeter nach innen versetzt. So entsteht ein feines Spiel von Licht und Schatten.

Für den Archivturm entwickelten Architekten und Statiker ein Tragwerk aus bewehrtem Stahlbeton mit einer innen liegenden Stahlkonstruktion, die die Lasten aus den Archivregalen abträgt. Auch hier hat die Außenwand einen zweischaligen Aufbau mit Wärmedämmung und Luftschicht. Die 40 cm dicke Stahlbeton-Außenwand ist mit 18 cm Mineralwolle gedämmt. Auf deren Außenseite liegt ein Fingerspalt zur Hinterlüftung. Für das äußere Sichtmauerwerk kamen erneut Klinkersteine im Reichsformat zum Einsatz.

Die Grundlage für das Fassadenrelief bildet auch hier ein Kreuzverband, bei dem in jeder Binderschicht mehrere Steine nach hinten versetzt sind, immer an unterschiedlicher Stelle. Auf der zusammenhängenden Wandfläche entsteht so ein filigranes aber dennoch weithin sichtbares Rautenmuster, das dem Turm ein wenig von seiner Massivität nimmt. Das Satteldach ist mit maßgefertigten Ziegellamellen gedeckt, dazwischen liegen Luftschlitze für die Abluftauslässe und Klimageräte im Dachraum.

Bautafel

Architekten: Ortner & Ortner Baukunst, Köln/Wien
Projektbeteiligte: MSP Architekten, Dortmund (Ausführungsplanung); OSD Ingenieure, Frankfurt/Main (Tragwerksplanung Turm); LWS, Duisburg (Tragwerksplanung Welle); Ökotec, Schwalmtal (Brandschutz); Thor Bauphysik, Bergisch Gladbach (Bauphysik); A·G Licht, Bonn (Lichtplanung); Gödde Architekten, Neuss (Fassadenberatung); Xella, Duisburg (Hersteller Kalksandsteine); Janinhoff, Münster-Hiltrup (Hersteller Klinker)
Bauherr: Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) Nordrhein-Westfalen, Duisburg
Fertigstellung: 2013
Standort:
Schifferstraße 30, 47059 Duisburg
Bildnachweis: Ortner & Ortner Baukunst, Wien

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