Kulturzentrum Worm in Rotterdam
Umbau eines Altbaus mit Recyclingmaterialien
In der als Szene- und Kunstmeile bekannten Rotterdamer Witte de Withstraat hat das niederländische Kulturinstitut Worm seinen neuen Hauptsitz bezogen: Die Spielstätte für avantgardistische Musik- und Filmvorführungen ist nun in einem ehemaligen Büro- und Druckereigebäude aus dem 19. Jahrhundert angesiedelt, das zuvor vom niederländischen Fotografie-Museum genutzt wurde. Mit dem Umbau des Gebäudes war das Büro 2012 Architecten beauftragt, das diese Bauaufgabe mit der von ihnen entwickelten Methode des lokalen Recyclings löste: Rund 70% der verwendeten Fußbodenbeläge, Möblierung, Schall- und Wärmedämmung, Toiletten und Beleuchtung bestehen aus wiederverwerteten Materialien aus der Umgebung.
Ziel der baulichen Umgestaltung war es, verschiedene Säle für Musik, Film, Tanz und Medien, Künstlerstudios, Büroarbeitsplätze, eine Medienbibliothek sowie ein Foyer mit Bar in die bestehende Struktur einzufügen. Die Architekten zogen dazu Zwischenebenen aus Stahlrosten ein, die über Stahltreppen miteinander verbunden sind und allesamt aus Abrissbeständen stammen. Im Eingangsbereich wurde ein Teil der originalen Backsteinfassade entfernt und um zwei Meter nach außen geschoben. Der auf diese Weise entstandene Eingang mit Foyer dient als verbindendes Element zwischen den einzelnen Räumen, die außerdem durch Wände aus Fensterglas eingesehen werden können.
Nachhaltig Bauen
Für die Innenausstattung taten sich die Architekten mit den
Künstlern vom Atelier van Lieshout zusammen. Ihr gemeinsames Ziel
war es, das Bauvorhaben mit einem möglichst hohen Anteil an
wiederverwerteten Materialien aus der Region zu realisieren. Die
Grundlage dafür bildeten ausgesonderte Objekte und Baustoffe, die
das Planungsteam auf einer sogenannten Harvest-Map zusammentrugen
und mit Angaben zum Material und Standort versahen.
Die aus diesem Materialpool ausgewählten Elemente verwendeten die Planer auf unterschiedliche Weise: So stammen beispielsweise die Boden- und Wandbekleidungen der Veranstaltungsräume aus Schichtholzplatten, die einem alten Rotterdamer Schwimmbad entnommen sind. Vor dem Wiedereinbau wurden sie sandgestrahlt, das dadurch erzeugte Fliesenmuster ist von arabischen Ornamenten inspiriert und bildet einen Kontrast zu den orangefarbenen Sitzen, die aus einem alten Airbus stammen. Teile der Innenverkleidung des gleichen Airbus' fanden als Akustikpaneele ihren Platz unter der Decke. Hinter ihnen verbirgt sich die gesamte Raumtechnik, zu der unter anderem Luftumwälzung, Elektroleuchtsysteme und Sprinkler gehören.
Von den Veranstaltungs- oder Publikumsräumen sind die Büros und
Studios durch verrostete, schwere Stahlplatten getrennt. In der Bar
und im Foyer finden sich Regale und Sitzmöbel, deren tragende
Elemente aus alten Rollarchiven des Fotografie-Museums gefertigt
wurden. Das Holz, mit dem Bänke und Hocker verkleidet sind, stammt
von alten Kabeltrommeln. Die Toiletten schließlich wurden aus alten
Plastik-Tanks gefertigt, die Sitzmöbel in der Musiklounge aus
Autoreifen. Mobiliar, das nicht speziell für dieses Projekt
entworfen wurde, stammt aus Secondhandläden der Umgebung.
Bautafel
Architekten: 2012 Architecten, Rotterdam/NL
Projektbeteiligte: Atelier van Lieshout, Rotterdam (Design); Césare Peren, Jos de Krieger, Jeroen Bergsma, Frank Feder, Floris Schiferli und Arie van Ziel, Rotterdam (Planungsteam Architekten); E. J. Bouwmeester, Rotterdam (Bauausführung)
Bauherr: Worm, Rotterdam
Fertigstellung: 2011
Standort: Witte de Withstraat, Rotterdam
Bildnachweis: Karola van Rooyen, Rotterdam; Allard van der Hoek, Amsterdam
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