Hotel Grenzfall in Berlin

Differenziertes Farbkonzept erleichtert barrierefreie Orientierung

An keinem anderen Ort in Berlin ist die ehemalige innerdeutsche Teilung so präsent wie in der Bernauer Straße im Bezirk Mitte. Nirgendwo gibt es mehr Veranstaltungen und Einrichtungen, die an die geteilte Hauptstadt vor 1990 erinnern. Ein wichtiges Element der verschiedenen Erinnerungsstationen ist das Dokumentationszentrum Berliner Mauer. In unmittelbarer Nachbarschaft dazu, im Einmündungsbereich der Ackerstraße, befindet sich das Hotel Grenzfall, geplant durch die ortsansässigen Architekten Steiner Weißenberger.

Die Zimmer sind geräumig, Möbel aus Räuchereiche kontrastieren mit hellem Blau, Grün, Gelb, Orange und Beige an Boden und Wänden
Jede Etage hat ihre eigene Farbe
Bei der Farbwahl orientierten sich die Architekten an den 1970er Jahren, der Entstehungszeit des Bestands

Das sogenannte Integrationshotel mit durchgehend barrierefreier Ausstattung entstand in den Räumen eines ehemaligen Seniorenheims aus den 1970er Jahren. Im südöstlichen Teil des sechsgeschossigen Gebäudekomplexes schließt ein Behindertenheim an. Parkähnliche Außenanlagen im Hinterhof verbinden die unterschiedlichen Bereiche ebenso wie eine Cafeteria und ein Restaurant mit Terrassen. Die frühere Nutzung des Hauses wirkt sich positiv auf die 36 Doppelzimmer und eine Suite aus: Sie sind merklich geräumiger als übliche Hotelzimmer; fünf von ihnen verfügen über großzügige Balkone. Nur die tragenden Wände blieben nach der Umgestaltung erhalten – deren Achsmaße liegen deutlich über denen von Standard-Hotelzimmern.

Neben der Neuordnung der Grundrisse wurde die gesamte Haustechnik ersetzt. Um den äußerlich unscheinbaren, grau verputzten Bau als Gästehaus mit Gastronomie kenntlich zu machen, setzten die Architekten im Erdgeschoss eine gefaltete Kupferfassade ein, die wichtige Eingänge und öffentliche Funktionen markiert. So umfasst die metallene Haut das flache, auskragende Dach der Cafeteria, deren Glasfassade sich zum Dokumentationszentrum hin öffnet, ebenso wie die niedrigen Umfassungsmauern der Vorgärten. Im weiteren Gebäudeverlauf entlang der Ackerstraße faltet sie sich auf zu zwei markanten Portalen – dem Eingangsbereich des Hotels sowie des angeschlossenen Restaurants.

Sicherheit
Von der Bernauer Straße aus passieren Gäste zunächst die Cafeteria und gelangen dann zum ersten, in Kupfer gehüllten Portal, dem Hoteleingang. Der Vorbau beinhaltet beidseitig Nebenräume, außerdem ermöglicht er die Ausbildung einer Rampe mit Automatiktüren als sanftem und barrierefreien Zugang zum Empfangsbereich im Bestand. Ebenso wie die Cafeteria und das Restaurant im Erdgeschoss ist die Rezeption in sattem Orange gestaltet: Bodenbeläge aus PVC, aber auch Wände und Möbel wurden zum Teil in dieser leuchtenden Farbe gestaltet. Einen Kontrast bilden Möbel aus dunklem Holz.

Das Farbkonzept prägt das Haus maßgeblich und ist zugleich ein wesentliches Element der Barrierefreiheit, denn es dient der einfachen Orientierung. So ist jedes Geschoss in einer anderen Farbe gestaltet. Ob Mintblau, Maigrün, sanftes Gelb und Beige oder eben Orange – die Architekten orientierten sich bei ihrer Farbwahl an den für die Entstehungszeit des (alten) Hauses charakteristischen Farbtönen.

In den Zimmern wurden die Wandbereiche hinter den Betten farbig angelegt, in den Bädern die Waschplätze. Alle Hotelzimmer sind dunkel und stilvoll möbliert mit einfachen, kantigen Betten, Tischen und Sitzgelegenheiten aus Räuchereiche. Vier Zimmer sind speziell für Rollstuhlfahrer ausgestattet. Durch die Farbgebung wirken die Etagen sehr unterschiedlich – mal kühl, mal wärmer, immer aber schlicht und eindrucksvoll. Durch die karge Möblierung der Flure werden historische, großformatige Schwarz-Weiß-Fotos, appliziert auf tragende Säulen und Wände des Hauses, besonders in Szene gesetzt.

Die Betreiber stellen sich mit ihrem integrativen Konzept nicht nur auf Gäste mit Handicap ein, auch unter den Angestellten des Hotels sind einige mit Behinderungen. Öffentliche Bereiche wie die Rezeption oder ein Computerplatz sind mit dem Rollstuhl unterfahrbar, die Fußleisten sind besonders hoch ausgeführt und schützen die Wände vor möglichen mechanischen Einwirkungen.

Das Hotel ist mit einer elektronischen Schließanlage ausgestattet. Mithilfe von Chipkarten gelangen die Gäste in ihre Zimmer und können alle relevanten Ein- und Ausgänge öffnen. Die Chipkarten sind mit Transpondern ausgestattet, sodass sich die Schlösser durch ein simples Davorhalten der Karten berührungslos öffnen lassen. Nach Betreten eines Hotelzimmers wird der Stromkreislauf durch das Einchecken der Karte im Eingangsbereich aktiviert, damit in Abwesenheit der Gäste nicht unnötig Strom verbraucht wird. In den Kleiderschränken befinden sich Safes, gesichert mit Zahlencodes. In jedem Zimmer des Hotels lässt sich ein Notruf auslösen. Die Türen der Hotelzimmer sind mit Türschließern als Rauchschutztüren ausgeführt. Die Notausgänge in den Fluren sind mit Paniktüren (Panikbeschlägen) versehen, Fluchtbalkone dienen als weiterer Rettungsweg. -us

Bautafel

Architekten: Steiner Weißenberger, Berlin
Projektbeteiligte: Heider Ingenieure, Berlin (Statik); KME Germany, Osnabrück (Kupferfassade); Gerflor, Villeurbanne Cedex/F (Bodenbeläge); Edgar Reinke, Berlin (Möbelbau); Geze, Leonberg (Türschließer)
Bauherr: Hotel Grenzfall
Fertigstellung: 2011
Standort: Ackerstraße 136, 13355 Berlin
Bildnachweis: Steiner Weißenberger und Doris Spiekermann-Klaas, Berlin

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