Herzoghaus in Meran

Umnutzung eines denkmalgeschützten Bürgerhauses

Das heutige Herzoghaus in der Meraner Innenstadt war ursprünglich aus zwei Teilen zusammengewachsen: Haus B entstand bereits vor der städtebaulichen Regulierung Merans im Laubenbereich ca. Ende des 13. Jahrhunderts, etwa 80 Jahre später wurde an der heutigen Laubengasse ein weiteres Haus errichtet, das die damalige Baulücke bis zur westlichen Brandwand des Nachbargebäudes schließt. Das damals hinzugefügte Bauwerk schließt die Baulinie in der Flucht der heutigen Fassadenfront der Lauben. Etwa um 1500 erfolgte eine zusätzliche Erweiterung in den bis dato die gesamte Grundstückstiefe einnehmenden Hof, der sich zwischen beiden zuvor beschriebenen Gebäuden befand. Zur selben Zeit erfolgt der Ausbau des ersten Geschosses von Haus B.

Aufwärts gerichteter Blick  in den Lichthof: Die Untersicht des alten Holzdachsstuhls wurde unter Verwendung alter Balken neu errichtet
Großes Augenmerk wurde auf den Erhalt der historischen Stuckdecken gelegt, während die Fenster neu eingebaut wurden
Im sanierten Innenhof verweisen neue Balkone auf die zeitgemäße Nutzung als innerstädtisches Wohngebäude

Noch einmal fünfzig Jahre später, in der Renaissance, wurde das Haus A auf die heutige Bauhöhe aufgestockt, während Haus B erst im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts auf die selbe Traufhöhe angehoben wurde. Ab 1600 wurde sukzessive jeweils ein Stockwerk überformt und dem jeweiligen Zeitgeist entsprechend ausgebaut: in der Renaissance (um 1600) das erste Obergeschoss des Hauses A, im Spätbarock (letztes Drittel des 18. Jh.) das zweite Obergeschoss des Hauses B, im Klassizismus (erstes Drittel des 19. Jh.) das zweite Obergeschoss des Hauses A und das dritte Obergeschoss des Hauses B und schließlich um 1900 das Dachgeschoss des Hauses A.

Sanierung/Umbau
Bei einem so geschichtsträchtigen Bauwerk war die enge Zusammenarbeit mit Restauratoren und Denkmalpflegern Pflicht und trug folgerichtig zu einem hochwertigen Ergebnis der Sanierung bei. Dabei ist es den Architekten mittels bewusst moderner Attribute gelungen, heutigen Zeitbezug herzustellen. Die Nutzung des ehemaligen Wohngebäudes blieb weitgehend beibehalten, lediglich im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss des Gebäudes A befinden sich zwei Geschäfte. In den restlichen Geschossen und im Hinterhof sind acht Wohnungen für allein stehende Senioren oder ältere Ehepaare untergebracht. Diese Einheiten wurden, soweit im einzelnen noch ablesbar, entsprechend dem jeweilig letzten Bauzustand verschiedenen Epochen zugeordnet und nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten restauriert.

Da der Zustand des Bauwerks ab dem 2. Obergeschoss sehr baufällig war und eine Sanierung deshalb nicht in Frage kam, musste das Dachgeschoss neu aufgebaut werden. Zur Belichtung der Wohnungen wurden dreiseitig verglaste Schleppgauben in den neuen Dachstuhl eingesetzt. Da der Dachstuhl im Lichthof sichtbar ist, wurden in Reminiszenz an das alte Dach gut erhaltene alte Pfetten und Sparren wiederverwendet. Die historische Steintreppe im Lichthof wurde restauriert und im oberen Verlauf mit einer neuen Stahltreppe ergänzt. Um die behindertengerechte Erschließung der einzelnen Wohnungen zu gewährleisten, erhielt das Treppenauge einen gläsernen Aufzug.

In einem neu aufgebauten Gebäude im Hinterhof ist eine weitere Wohnung hinzugekommen. Insgesamt konnten durch die sorgsame Vorgehensweise die alten Türrahmen, Stuckdecken, schmiedeeiserne Geländer und Gitter erhalten werden. Dort wo der Erhalt nicht sinnvoll oder gar widersinnig war, wurde Neues hinzugefügt und auch als solches klar ablesbar gezeigt. Insbesondere wurde darauf geachtet, dass das Haus heutigen Wohnbedürfnissen gemäss belichtet wird. Das zeigt sich vor allem im reanimierten Lichthof und auch an den Balkonen auf der Hofseite. Wir haben es hier mit Reparaturarbeit an der historischen Bausubstanz zu tun, bei der mit viel Fingerspitzengefühl unterschieden wurde, was einerseits wirklich erhaltenswert ist und was andererseits unbedingt einer Modernisierung unter heutigen Vorstellungen bedarf. Die Geschichte des Hauses zeigt, dass das Haus bereits in der Vergangenheit unter dieser Maßgabe zu seiner heutigen Form verändert wurde: nicht das krampfhafte Festhalten zählte, sondern das unaufgeregte Neudefinieren. Und warum sollte das heute nicht mehr gelten?

Bautafel

Architekt: US2 Architekten, Ingenieure, Meran
Projektbeteiligte: Elmar Unterhauser, Christoph Störk, Karin Thieltges (Architekten u. Mitarbeiter), Othmar Neulichedl (Projektleitung), Fischer+Giralt, Meran (Tragwerksplanung), Centro Restauro Meranese (Restaurierung)
Bauherr: Institut für Soziales Wohnen (IFSW) Provinz Bozen, Pfarrei St. Nikolaus
Fertigstellung: 2003
Standort: Laubengasse 185-193, Meran
Bildnachweis: Alexa Rainer, Elmar Unterhauser

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