Förderschule in Euskirchen

Mauerwerk schafft Geborgenheit

Dass ein Schulgebäude für körperbehinderte Kinder und Jugendliche barrierefrei sein muss, ist selbstverständlich. Doch welche Anforderungen sollten darüber hinaus beachtet werden? Vor dieser Frage stand das Kölner Büro 3 pass Architekt/innen, als sie den Auftrag erhielten, einen Erweiterungsbau für die Rheinische Förderschule für motorische und körperliche Entwicklung Euskirchen zu entwerfen.

Förderschule in Euskirchen
Förderschule in Euskirchen
Förderschule in Euskirchen

Das Konzept der Architekten basiert auf einem Verständnis von Barrierefreiheit, welches über einen rein physischen Ansatz hinausweist und die Problematik auch als psychologisches Phänomen aufgreift. Mobilität entsteht demzufolge auf der Basis eines geschützten Freiraums, dessen Übersichtlichkeit es den Kindern von Anfang an ermöglicht, sich selbständig auf dem Areal zu orientieren und zu bewegen. Indem der eingeschossige Bau als weit gespannten Bogen konzipiert wurde, schufen die Architekten nicht nur einen geschützten Spielhof, sondern auch einen einladenden Rundweg. Dieser verbindet die einzelnen Bereiche miteinander und lädt die Kinder förmlich dazu ein, sich zu bewegen. Das Ensemble vermittelt nach der Erweiterung auch baulich ein Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit, nicht nur durch seine Struktur, sondern auch durch die verwendeten Materialien Ziegel, Eichenholz und rosadurchgefärbten Sichtbeton.

Die Architekten haben auf Überflüssiges verzichtet, dafür aber die Einbauten so gestaltet, dass sie von allen gleichermaßen nutzbar sind: Den Rundweg im Innern des Neubaus säumen tiefe Fensterbänke, die als Sitzbänke dienen und deren tief gezogene Fenster zugleich freie Sicht - auch für Rollstuhlfahrer - gewähren. Den Fenstern kommt im gesamten Neubau eine wichtige Rolle zu, quasi als Guckkästen ausgebildet, lenken sie den Blick, rahmen die Landschaft und gliedern zugleich den ganzen Baukörper.

Die verschiedenen Funktionen wurden in dem Neubau klar angeordnet. Im südlichen Teil des Erweiterungsbaus liegen die Fach- und Klassenräume. Im nördlichen Grundstücksbereich liegt der Sportkomplex mit Turnhalle, Schwimmbad, Umkleiden und Sanitäreinrichtungen. An der Stelle der ehemaligen Vorfahrt verbindet ein neues zentrales Erschließungselement, die so genannte Passerelle, das alte mit dem neuen Schulgebäude. Ein, den neuen Klassenräumen vorgelagerter, Rundweg ist großzügig verglast wird durch seine Breite und die integrierten Fensterbänke zum Treffpunkt zwischen den Unterrichtsstunden.

Die Klassen- und Unterrichtsräume weisen zur Landschaft hin ebenfalls einen hohen Fensteranteil auf. Die Turnhalle ist nach Norden zur Straße teilverglast, die Schwimmhalle gen Osten. Alt- und Neubau sind im Westen durch einen kleinen Tunnel verbunden, so soll durch den Wechsel von Hell und Dunkel zusätzlich eine bauliche Spannung entstehen.

Mauerwerk

In Anlehnung an die ortstypische Materialität von vorhandenen Wohngebäuden und Fabriken, besteht die Fassade aus Ziegelsteinen. Das Verblendmauerwerk der mehrschalig gemauerten Außenwände wurde im Läuferverband gemauert. Der Backstein gliedert die Wände und wirkt zugleich zurückhaltend. Im Zusammenspiel mit Wänden aus rosa Sichtbeton im Flurbereich, weißem Putz sowie Fensterkästen und Einbauten aus Eichenholz erzeugt das Mauerwerk ein ruhiges Gesamtbild.

Im Jahr 2008 wurde die Förderschule mit dem Schulbaupreis Nordrheinwestfalen ausgezeichnet. Die Jury lobte vor allem die Großzügigkeit des Entwurfs, die untermalt werde von der Farbwahl des Ziegelsteins. Dabei sei der innere Charakter kongruent mit dem äußeren Bild: klar, hell und freundlich. Alles strahle „große Ruhe und Gelassenheit aus, mit wohltuender Wirkung auf die zu betreuenden Kinder“.

Bautafel

Architekten: 3pass Architekt/innen Stadtplaner/innen Burkard Koob Kusch, Köln; Florian Kohl, Joachim Seehaus, Köln (Mitarbeiter)
Bauherr: Landschaftsverband Rheinland
Projektbeteiligte: Büro für Innenarchitektur Beate Wild, Köln; Atelier Esser, Rheinbach (Landschaftsarchitektur); Wörzberger Ingenieure, Rösrath (Tragwerksplanung); Ingenieurbüro Heiming Energie- und Gebäudetechnik, Köln (Technischer Ausbau / Lichtplanung)  
Fertigstellung: Dezember 2007
Standort: Rheinstraße 45, 53881 Euskirchen
Bildnachweis: Jens Kirchner, Düsseldorf (1 - 3, 5 und 7); Rheinische Förderschule für motorische und körperliche Entwicklung Euskirchen (4 und 6); 3pass Architekt/innen Stadtplaner/innen (8 - 11)

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